Ex-Moskau-Korrespondent Fritz Pleitgen (84) ist sich sicher: So lässt sich Putin stoppen!

Köln - Der frühere Moskau-Korrespondent Fritz Pleitgen (84) hat angesichts des Ukraine-Kriegs vor einer Dämonisierung der Russen gewarnt.

Der langjährige Moskau-Korrespondent Fritz Pleitgen (84) warnt vor einer Dämonisierung der Russen.
Der langjährige Moskau-Korrespondent Fritz Pleitgen (84) warnt vor einer Dämonisierung der Russen.  © Oliver Berg/dpa

"Ich habe sie immer als Gesprächspartner erlebt, mit denen sich der Gedankenaustausch lohnte", sagte der 84 Jahre alte Pleitgen der Deutschen Presse-Agentur. "Es sind keine anderen Menschen als wir. Höchstens könnte man sagen, dass sie andere Erfahrungen gemacht haben. Aber für mich sind die Russen Europäer. Tolstoi, Dostojewski, Tschechow - das ist europäische Kultur."

Pleitgen sagte, die vielen Russen, denen er auf seinen Reportage-Reisen begegnet sei, hätten ganz ähnliche Vorstellungen vom Leben gehabt wie er selbst.

"Ich habe da keine signifikanten Unterschiede festgestellt und bin weit davon entfernt, die Russen aus unserem Milieu ausschließen zu wollen. Es ist eben nur eine Tragödie, dass dieses große Volk derzeit von einem Diktator geführt wird."

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Leider genieße Präsident Wladimir Putin (69) bei Teilen der Bevölkerung große Unterstützung, sagte Pleitgen. Es sei aber bei weitem nicht so, dass alle Russen hinter ihm stünden.

Viele Intellektuelle und viele Jüngere seien gegen ihn, könnten sich aber derzeit nicht äußern, ohne lange Haftstrafen zu riskieren. Deshalb gebe es kaum sichtbaren Widerstand.

Fritz Pleitgen: "Wenn der Westen hartnäckig genug ist, wird Putin beidrehen!"

Der 84-jährige Russland-Experte war außerdem von 1995 bis 2007 Intendant des Westdeutschen Rundfunks (WDR).
Der 84-jährige Russland-Experte war außerdem von 1995 bis 2007 Intendant des Westdeutschen Rundfunks (WDR).  © Henning Kaiser/dpa

"Aber das wird nicht immer so bleiben", prophezeite er. "Die jungen Leute werden sich das auf Dauer nicht gefallen lassen. Wir haben ja schon einmal erlebt, dass da Zehntausende auf die Straße gegangen sind, und das kann sich leicht wiederholen. Allzu sicher sollte sich Putin nicht fühlen."

Pleitgen sprach sich für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine aus. Putin müsse merken, dass er in der Ukraine militärisch nicht weiterkomme - nur das könne ihn zum Verhandeln bringen. Pleitgen sagte, er sei fest davon überzeugt, dass Putin den Krieg nicht endlos weiterführen könne, irgendwann werde ihm das Geld ausgehen.

"Wenn der Westen hartnäckig genug ist, wird Putin eines Tages beidrehen." Putin wolle auch nicht auf Dauer aus dem Kreis der Staats- und Regierungschefs ausgeschlossen werden. "Und auch die Russen wollen kein Paria der Weltgemeinschaft sein."

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Pleitgen war lange ARD-Korrespondent in Moskau und Washington. Von 1995 bis 2007 war er Intendant des Westdeutschen Rundfunks (WDR).

Titelfoto: Oliver Berg/dpa

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