Ukraine-Konflikt: Belarus zieht Truppen an Grenze zusammen, "Rotes Quadrat" wirft Fragen auf
Minsk (Belarus) - Verstörende Nachrichten aus Belarus: Offenbar lässt Machthaber Alexander Lukaschenko (68) schweres Kriegsgerät an der Grenze zur Ukraine auffahren. Die Fahrzeuge sind mit einem "roten Quadrat" gekennzeichnet. Bereitet Wladimir Putin (70) eine zweite Front vor?
Das belarussische Verteidigungsministerium betreibt einen eigenen Fernsehkanal. Auf VoenTV erfahren Interessierte alles rund um Waffen, Panzer und das Militärleben in "Europas letzter Diktatur".
Dort tauchten am Dienstag Bilder auf, die offenbar gefechtsbereite Kampfeinheiten an der Grenze zur Ukraine, im Süden des Landes, zeigen.
Besonderes Detail: Viele Fahrzeuge sind mit taktischer Kennzeichnung versehen - im konkreten Fall ein rotes Quadrat, wie die Daily Mail unter Berufung auf den Telegram-Kanal InsiderUKR berichtet. Solche Markierungen sollen helfen, im Ernstfall Freund und Feind auseinanderhalten zu können.
Der hochrangige Lukaschenko-Militär Alexander Wolfowitsch (76) sprach bei VoenTV indes von einer Übung, man wolle lediglich die Kampfbereitschaft ausgewählter Truppenteile testen. Das alles sei ganz normal und geschehe im Rahmen einer "Truppeninspektion im großen Maßstab", erklärte der Chef des belarussischen Sicherheitsrates. Ziel der Übung sei es, bei einer "Verschlimmerung der Lage im Grenzgebiet" angemessen reagieren zu können. Dabei stütze man sich auch auf Erfahrungen aus der "Militärischen Spezialoperation in der Ukraine", so Wolfowitsch. Will heißen, man befindet sich in enger Abstimmung mit Russland.
Ähnliche Töne und Bilder waren letzten Februar auch aus Russland in den Tagen vor dem Einmarsch ins Nachbarland zu hören. Damals waren viele Militärfahrzeuge neben anderen Symbolen ("O", "V") bereits mit dem berüchtigten "Z"-Zeichen versehen. Auch damals hieß es, man wolle lediglich "üben".
Hierzulande ist die Zurschaustellung des sogenannten "Z"-Zeichens verboten, bei Missachtung droht ein Strafverfahren wegen "Belohnung und Billigung einer Straftat".
Ein Angriff aus Belarus steht wohl nicht unmittelbar bevor
Nach Erkenntnissen westlicher Geheimdienste ist ein Einmarsch belarussischer Truppen in die Ukraine derzeit unwahrscheinlich. Bislang versucht Machthaber Alexander Lukaschenko (68), sein Land mit knapp 10 Millionen Einwohnern so gut es geht aus dem Ukraine-Konflikt herauszuhalten. Auch in Belarus ist der Krieg im Nachbarland sehr unpopulär - Das weiß der Diktator, der seit 1994 an der Macht ist.
Trotzdem ist Lukaschenko in vielerlei Hinsicht auf Russland angewiesen: Günstige Energie und großzügige Wirtschaftshilfen, die sein im Westen geächtetes Regime stützen.
Deswegen stellte Lukaschenko zu Beginn der Invasion sein Territorium wohl auch als Aufmarschgebiet für Putins Truppen zur Verfügung. Von Belarus aus erfolgte der fehlgeschlagene russische Angriff auf Kiew im Februar 2022. Immer wieder nutzen russische Militärflugzeuge zudem Lukaschenkos Luftraum, um etwa Marschflugkörper auf ukrainische Ziele abzuschießen.
Beobachter schätzen: Sollte Putin gehen, muss wohl auch Lukaschenko, der sich von seinem Volk gerne Väterchen nennen lässt, bald den Hut nehmen. Noch ist das Regime in Minsk stabil. Doch: in die Ecke gedrängte Diktatoren können wild um sich schlagen.
Titelfoto: Montage: Belarussisches Staatsfernsehen "VoenTV", Alexander NEMENOV / AFP