Ukraine-Krieg, Tag 64: Moskau lehnt Verhandlungen über Korridor aus Stahlwerk in Mariupol ab!

Kiew (Ukraine) - Tag 64 im Krieg Russlands gegen die Ukraine und noch immer keine Entspannung in Sicht. Auch in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag beklagte die Region Charkiw Tote und Verletzte. TAG24 berichtet im Liveticker.

Ein ukrainischer Soldat geht inmitten der Trümmer eines Gebäudes in Charkiw, das durch russischen Beschuss schwer beschädigt wurde. In der Region wurden erneut Tote und Verletzte beklagt.
Ein ukrainischer Soldat geht inmitten der Trümmer eines Gebäudes in Charkiw, das durch russischen Beschuss schwer beschädigt wurde. In der Region wurden erneut Tote und Verletzte beklagt.  © Felipe Dana/AP/dpa

Wegen der gestoppten Gasversorgung von Polen und Bulgarien hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (44) Russland "Erpressung" vorgeworfen.

Das Einstellen der Lieferungen zeige, "dass niemand in Europa auf eine normale wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Russland hoffen" könne, sagte er.

Unterdessen beklagte die Ukraine erneut Tote und Verletzte nach russischen Angriffen: In der Region Charkiw wurden dabei mindestens drei Menschen getötet und sechs verletzt, darunter ein 14 Jahre altes Kind.

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Aus der Stadt Cherson, deren Einnahme Russland gemeldet hatte, wurden mehrere Explosionen unweit des Fernsehzentrums berichtet. Danach sei ein Feuer ausgebrochen.

Die Lage im prorussischen Separatistengebiet Transnistrien beobachtet die ukrainische Regierung nach Berichten über Explosionen derweil aufmerksam.

Die Geschehnisse des gestrigen Tages könnt Ihr im TAG24-Ticker vom Mittwoch nachlesen. Alle Entwicklungen im Zuge des Krieges in der Ukraine am heutigen Donnerstag, dem 28. April, gibt es wie gewohnt hier in unserem Liveticker.

22.28 Uhr: Moskau lehnt Verhandlungen über Korridor aus Stahlwerk in Mariupol ab

Russland hat die Forderung nach Verhandlungen um einen Korridor für alle im Stahlwerk Eingeschlossenen abgelehnt.

"Präsident (Wladimir Putin,) hat es ganz klar gesagt: Die Zivilisten können gehen und zwar in jede Richtung, die Militärs müssen rauskommen und ihre Waffen niederlegen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag der staatlichen Nachrichtenagentur Tass. Ihnen werde das Leben und medizinische Versorgung garantiert. Mehr aber nicht. Einen freien Abzug will ihnen Moskau nicht gewähren.

Es gebe kein Thema für Verhandlungen, betonte Peskow. Zuvor hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (44) nach Gesprächen mit UN-Generalsekretär António Guterres erklärt, Kiew sei zu sofortigen Verhandlungen über einen humanitären Korridor aus dem Stahlwerk Azovstal bereit.

Der russische Präsident Wladimir Putin (69).
Der russische Präsident Wladimir Putin (69).  © Alexander Zemlianichenko/AP/dpa

22.23 Uhr: Ukraine ermittelt zu rund 8600 Fällen mutmaßlicher Kriegsverbrechen

Die Ukraine untersucht nach Angaben der ukrainischen Generalstaatsanwältin in Zusammenarbeit mit internationalen Ermittlern derzeit rund 8600 Fälle mutmaßlicher Kriegsverbrechen.

Hinzu kämen mehr als 4000 weitere Fälle in Zusammenhang mit Kriegsverbrechen im Kontext des russischen Angriffskriegs, sagte Iryna Wenediktowa der Deutschen Welle am Donnerstag. Sie erwarte, dass die Zahlen noch steigen werden.

Bei den untersuchten Taten handle es sich um die Tötung von Zivilisten, den Beschuss ziviler Infrastruktur, Folter, Sexualverbrechen sowie um den Einsatz verbotener Waffen. Sie werde alle Möglichkeiten der internationalen Justiz nutzen, um die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.

Mariupol: Ein Teil eines zerstörten Panzers und ein verbranntes Fahrzeug stehen in einem von den von Russland unterstützten Separatisten kontrollierten Gebiet.
Mariupol: Ein Teil eines zerstörten Panzers und ein verbranntes Fahrzeug stehen in einem von den von Russland unterstützten Separatisten kontrollierten Gebiet.  © Alexei Alexandrov/AP/dpa

21.22 Uhr: Schwere Explosionen erschüttern Kiew während Besuch von UN-Chef - Guterres geschockt!

Während des Besuchs von UN-Generalsekretär António Guterres (72) hat es in der Nähe des Kiewer Stadtzentrums mehrere Explosionen gegeben. "Am Abend hat der Feind Kiew beschossen: Zwei Explosionen im Stadtbezirk Schewtschenko", teilte Bürgermeister Vitali Klitschko (50) am Donnerstag auf seinem Telegram-Kanal mit.

Nach Angaben des ukrainischen Katastrophenschutzes wurde dabei ein Wohnhaus getroffen. Es gebe mehrere Verletzte, sagte Behördensprecherin Switlana Wodolaga dem Fernsehsender Hromadske. Nach vorläufigen Angaben wurden sechs Personen verletzt.

Der ukrainische Präsidentenberater Michail Podoljak forderte nach dem Beschuss, Russland den Sitz im UN-Sicherheitsrat abzuerkennen. Vorgestern noch habe Guterres im Kreml gesessen und "heute gibt es nur einen Kilometer von ihm entfernt Explosionen.

Ist das ein Gruß aus Moskau? Und warum ist Russland nochmal im UN-Sicherheitsrat", kommentierte Podoljak den Angriff. Guterres sagte der BBC nach den Explosionen, er sei geschockt.

UN-Generalsekretär António Guterres (72) wurde in Kiew von Bodyguards gesichert.
UN-Generalsekretär António Guterres (72) wurde in Kiew von Bodyguards gesichert.  © Efrem Lukatsky/AP/dpa

20.39 Uhr: Kiew fordert sofortige Verhandlungen zu Evakuierung von Azovstal

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (44) hat sich bereit erklärt, sofort über die Evakuierung der im Stahlwerk von Mariupol eingeschlossenen Menschen zu verhandeln und die Verhandlungsergebnisse ebenso schnell umzusetzen.

"Wir erwarten von der Russischen Föderation eine humane Haltung gegenüber diesen Menschen", sagte er nach einem Gespräch mit UN-Generalsekretär António Guterres (72) am Donnerstag. Im Stahlwerk Azovstal sind nach ukrainischen Angaben neben Soldaten und Kämpfern des nationalistischen Asow-Regiments auch bis zu 1000 Zivilisten eingesperrt.

Guterres hatte auf seiner Vermittlermission, erst in Moskau und dann in Kiew, die Einrichtung von Flüchtlingskorridoren unter der Aufsicht der Vereinten Nationen und des Roten Kreuzes vorgeschlagen. "Wir rechnen damit, dass dieser Teil der Mission des Herrn Generalsekretärs erfolgreich ist und werden ihn in jeder Hinsicht unterstützen", betonte Selenskyj.

Mariupol ist seit Wochen schwer umkämpft. Selenskyj widersprach am Donnerstag russischen Angaben, wonach die Stadt im Südosten der Ukraine inzwischen fest in russischer Hand sei und die Kämpfe beendet. Das Werk Azovstal werde immer noch bombardiert, sagte er.

20 Uhr: Guterres und Selenskyj besprechen Flüchtlingskorridor für Mariupol

UN-Generalsekretär António Guterres (72) und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (44) haben die Bildung eines Flüchtlingskorridors für die nach wochenlangen Kämpfen schwer zerstörte Hafenstadt Mariupol besprochen. "Mariupol ist eine Krise innerhalb einer Krise, tausende Zivilisten brauchen lebensrettende Hilfe", sagte Guterres am Donnerstag auf einer Pressekonferenz nach dem Treffen in Kiew. Sie bräuchten eine Fluchtroute, um der "Apokalypse" zu entkommen.

Der UN-Chef berichtete Selenskyj, dass er bei seinem Gespräch mit Kremlchef Wladimir Putin am Dienstag eine prinzipielle Zusage dafür bekommen habe, dass die Vereinten Nationen beim Aufbau eines solchen Fluchtkorridors zusammen mit dem Roten Kreuz beteiligt würden. Nun gebe es intensive Beratungen dazu, wie der Vorschlag in die Realität umgesetzt werden könne.

Selenskyj zeigte sich nach dem Gespräch mit Guterres optimistisch. Nun glaube er daran, dass die Belagerung des Stahlwerks Azovstal beendet und in Mariupol ein "erfolgreiches Ergebnis" erzielt werden könne, sagte er laut der ukrainischen Nachrichtenagentur Unian.

Wolodymyr Selenskyj (r. 44) und Antonio Guterres (72) sprechen auf einer Pressekonferenz nach ihrem Treffen.
Wolodymyr Selenskyj (r. 44) und Antonio Guterres (72) sprechen auf einer Pressekonferenz nach ihrem Treffen.  © Efrem Lukatsky/AP/dpa

19.44 Uhr: Russisches Militär meldet weitere schwere Luftangriffe auf Ukraine

Das russische Militär hat nach eigenen Angaben erneut schwere Luftangriffe gegen die Ukraine geführt.

"Die taktische Luftwaffe der russischen Streitkräfte hat 76 Militärobjekte beschossen", teilte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Donnerstag mit. Dabei seien zwei Munitionsdepots und eine Reihe von Truppenansammlungen und Militärkonvois getroffen worden. Die gegnerischen Verluste bezifferte Konaschenkow dabei auf mehr als 320 Soldaten.

Durch Raketen wurden demnach weitere 38 Militärobjekte angegriffen. Unter anderem seien dadurch sechs Munitionsdepots vernichtet, aber auch mehrere ukrainische Raketen des Typs Totschka-U abgeschossen worden. Unabhängig ließen sich diese Berichte nicht überprüfen.

Das Morden und Zerstören will kein Ende nehmen.
Das Morden und Zerstören will kein Ende nehmen.  © -/Ukrinform/dpa

19.06 Uhr: Mehrere Städte in Südukraine melden russischen Beschuss

Die südukrainischen Städte Odessa und Mykolajiw sind laut Behördenangaben von russischen Truppen beschossen worden.

"Mykolajiw wurde wieder von Schlägen der Mehrfachraketenwerfer des Typs Smertsch getroffen", teilte die Militärführung des Wehrbezirks Südukraine am Donnerstag auf ihrer Facebook-Seite mit. Durch den Beschuss seien Dutzende Privatwohnungen, Autos und Geschäfte beschädigt worden.

Auch aus der Millionenstadt Odessa wurden am Donnerstagabend Explosionen gemeldet. Der Leiter der örtlichen Militärverwaltung Serhiy Bratschuk versicherte allerdings, dass die Luftabwehr die Lage unter Kontrolle habe. Über Schäden wurde zunächst nichts bekannt.

18.42 Uhr: UN-Generalsekretär fordert Aufklärung der Kriegsgräuel von Butscha

UN-Generalsekretär António Guterres (72) hat bei einem Besuch in der ukrainischen Stadt Butscha die Untersuchungen des Internationalen Strafgerichtshofs zu den dortigen Kriegsgräueln unterstützt.

Es sei wichtig, den Horror "sorgfältig aufzuklären" und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, sagte Guterres am Donnerstag in der Vorortgemeinde von Kiew. Er appellierte an Russland, mit dem Gericht zusammenzuarbeiten.

UN-Generalsekretär António Guterres (M., 72), Generalsekretär der Vereinten Nationen, besichtigt durch russischen Beschuss zerstörte Gebäude in Irpin, am Stadtrand von Kiew.
UN-Generalsekretär António Guterres (M., 72), Generalsekretär der Vereinten Nationen, besichtigt durch russischen Beschuss zerstörte Gebäude in Irpin, am Stadtrand von Kiew.  © Efrem Lukatsky/AP/dpa

18.03 Uhr: Biden weist Vorwürfe aus Moskau zurück

US-Präsident Joe Biden (79) hat Vorwürfe aus Moskau zurückgewiesen, die Nato führe in der Ukraine einen Stellvertreterkrieg gegen Russland.

Biden beklagte am Donnerstag im Weißen Haus eine "beunruhigende Rhetorik aus dem Kreml". "Wir greifen Russland nicht an", sagte der US-Präsident. Seine Regierung helfe der Ukraine, sich gegen die russische Aggression zu verteidigen. "Russland ist der Aggressor." Die Welt müsse Russland dafür zur Verantwortung ziehen.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte der Nato angesichts der Waffenlieferungen an Kiew vorgeworfen, einen Stellvertreterkrieg zu führen. Moskau betrachte Waffenlieferungen der Nato an die Ukraine als berechtigte Angriffsziele: "Wenn die Nato über einen Stellvertreter de facto in einen Krieg mit Russland tritt und diesen Stellvertreter bewaffnet, dann tut man im Krieg, was man im Krieg tun muss." Lawrow sprach auch von einer realen Gefahr eines Dritten Weltkriegs.

Biden betonte mit Blick auf derlei drohende Worte: "Wir sind auf alles vorbereitet, was sie tun." Russische Äußerungen zu einer Weltkriegsgefahr und einem möglichen Einsatz von Nuklearwaffen nannte er "unverantwortlich".

US-Präsident Joe Biden (79).
US-Präsident Joe Biden (79).  © Susan Walsh/AP/dpa

17.29 Uhr: Laut Kiew 35 von 49 Verwaltungschefs in Cherson von Russen entführt

Während der russischen Besatzung sind im südukrainischen Gebiet Cherson nach Angaben aus Kiew die Chefs von 35 der 49 Verwaltungseinheiten entführt worden.

"17 von ihnen wurden freigelassen, aber viele sind in Gefangenschaft", schrieb die Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, Ljudmyla Denisowa, am Donnerstag im Nachrichtenkanal Telegram. Die russischen Truppen "entführen und foltern die Bewohner der vorübergehend besetzten ukrainischen Gebiete, sie plündern Weltkulturerbestätten".

Titelfoto: Alexander Zemlianichenko/AP/dpa

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