Ukraine-Krieg, Tag 97: Von der Leyen sichert Ukraine Hilfe bei Wiederaufbau zu

Ukraine - Seit nunmehr 97 Tagen führt Russland Krieg gegen die Ukraine. Die Lage im Osten des Landes bleibt äußerst schwierig. Alle aktuellen Entwicklungen findet Ihr hier im TAG24-Liveticker!

Ein ukrainischer Soldat geht an einer zerstörten Gipsfabrik vorbei. Im Osten wird weiter gekämpft.
Ein ukrainischer Soldat geht an einer zerstörten Gipsfabrik vorbei. Im Osten wird weiter gekämpft.  © Francisco Seco/AP/dpa

Im Donbass sei nun die "maximale Kampfkraft der russischen Armee" versammelt, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj (44) in einer Videobotschaft in der Nacht zum Dienstag.

In derselben Nacht einigte sich die EU auf einen Kompromiss beim Öl-Embargo. Auch weitere Sanktionen gegen Russland sowie Finanzhilfen für die Ukraine sollen kommen.

In die umkämpfte Großstadt Sjewjerodonezk im Osten des Landes waren nach ukrainischen Angaben bereits am Montag russische Truppen vorgedrungen. Die Stadt ist seit Monaten Ziel russischer Angriffe. Sie gilt als letzter Punkt, den das ukrainische Militär in der Region Luhansk noch kontrolliert.

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Am Montagmorgen hatten die russischen Truppen nach Angaben des Generalstabs zunächst noch am Stadtrand und in den Außenbezirken gekämpft.

Russland hatte den Angriffskrieg auf das Nachbarland am 24. Februar begonnen. Die Ukraine rechnet derzeit mit einem Großangriff auf das Zentrum ihrer Verteidigungskräfte im Donbass.

Slowjansk-Kramatorsk ist der größte Ballungsraum, der noch unter Kontrolle Kiews steht. Hier ist auch das Oberkommando der Streitkräfte im Osten des Landes stationiert.

Die Geschehnisse des gestrigen Tages könnt Ihr im TAG24-Ticker vom Montag nachlesen. Alle Entwicklungen im Zuge des Krieges in der Ukraine am heutigen Dienstag, dem 31. Mai, gibt es wie gewohnt hier in unserem Liveticker.

22.31 Uhr: Selenskyj: Zur Befreiung ukrainischer Gebiete mehr Waffen nötig

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will die Lieferung weiterer Waffen abwarten, bevor seine Armee mit der Befreiung der von Russland besetzten Gebiete beginnt.

Es brauche entsprechende Waffen, "um die maximale Zahl unserer Menschen zu retten", sagte Selenskyj in Kiew am Dienstag bei einem Treffen mit der slowakischen Präsidentin Zuzana Caputova. Die Ukraine werde sich nicht beeilen mit der Befreiung ihrer Territorien, wenn das Zehntausende von Opfern fordere, sondern vielmehr auf die nötigen Waffen warten.

Selenskyj sagte nicht, was das für Waffen sein sollen. Er fordert vom Westen seit Wochen die Lieferung schwerer Waffen, um die russischen Angriffe im Osten des Ukraine abzuwehren und die Truppen zurückzudrängen.

21.16 Uhr: Baerbock: Müssen bei Unterstützung der Ukraine langen Atem haben

Außenministerin Annalena Baerbock fordert, die Unterstützung der Ukraine an die neue Kriegsstrategie des russischen Präsidenten Wladimir Putin anzupassen.

Putin habe angenommen, "er könnte schnell brutal in die Ukraine einmarschieren und dann das Land niedermachen", sagte die Grünen-Politikerin am Dienstag in der ARD-Sendung "Brennpunkt". "Jetzt sieht er, dass das nicht funktioniert. Und seine Strategie ist jetzt auf Langfristigkeit angelegt." Das bedeute: "Wir müssen auch die Ukraine so unterstützen, dass wir einen langen Atem haben."

Das heiße: "Weiter Waffenlieferungen, die wir bisher geleistet haben." Sie verwies auf den sogenannten Ringtausch, bei denen Deutschland andere Nato-Partner mit Waffen unterstützt, damit diese wiederum Waffen sowjetischer Bauart an die Ukraine liefern können. Ihr ukrainischer Amtskollege habe aber deutlich gemacht: "Für das Furchtbare, was jetzt im Donbass geschieht, brauchen sie vor allen Dingen Unterstützung um das, was aus der Luft kommt, abwehren zu können - das bedeutet Artillerie, das bedeutet Luftabwehr, und das bedeutet Drohnen."

Baerbock fügte hinzu: "Und wir müssen jetzt überprüfen, ob wir für diese neue Strategie wirklich alles bereitstellen, damit die Ukraine sich weiterhin verteidigen kann." Ansonsten drohe, dass im ostukrainischen Kriegsgebiet Donbass "alles plattgemacht wird".

19.28 Uhr: Von der Leyen sichert Ukraine Hilfe bei Wiederaufbau zu

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat der Ukraine umfangreiche Hilfen beim Wiederaufbau zugesichert. "Wir haben nicht nur eine moralische Verantwortung, sondern auch ein strategisches Interesse, beim Wiederaufbau der Ukraine eine führende Rolle zu übernehmen", sagte von der Leyen in einer Videoaufzeichnung zum "Wirtschaftstag" des Wirtschaftsrats der CDU am Dienstag in Berlin.

"Wir wollen einen demokratischen und stabilen Nachbarn an unserer östlichen Flanke, der unsere Werte teilt - und nicht einen gescheiterten Staat, der Putins Willkür ausgeliefert ist."

Die Europäische Kommission habe deswegen gemeinsam mit der Ukraine eine Plattform für den Wiederaufbau vorgeschlagen. Ziel sei, Länder, Institutionen und den Privatsektor zusammenzubringen. "Unser Platz ist an der Seite der Ukraine", sagte von der Leyen. "Wir wollen, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt."

Ursula von der Leyen (63) hat der Ukraine umfangreiche Hilfen beim Wiederaufbau zugesichert.
Ursula von der Leyen (63) hat der Ukraine umfangreiche Hilfen beim Wiederaufbau zugesichert.  © Olivier Matthys/AP/dpa

17.49 Uhr: Ukraine-Ringtausch: Scholz sagt Griechenland Schützenpanzer zu

Als Ausgleich für die Lieferung von Waffen sowjetischer Bauart in die Ukraine soll Griechenland deutsche Schützenpanzer erhalten.

Das kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz am Dienstag nach einem Gespräch mit dem griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis am Rande des EU-Gipfels in Brüssel an. "Das wird jetzt ganz konkret zwischen den Verteidigungsministerien zu Ende besprochen und dann auch schnell umgesetzt werden können."

Mit Griechenland sei das geplant, was mit Tschechien schon vereinbart sei, sagte Scholz. Tschechien soll 15 Leopard-2-Panzer aus Industriebeständen für die Lieferung von Panzern sowjetischer Bauart in die Ukraine erhalten. Scholz nannte keine Einzelheiten des mit Griechenland geplanten Ringtauschs. Die griechischen Streitkräfte verfügen aber über Schützenpanzer des sowjetischen Typs BMP-1. Dafür könnten sie deutsche Schützenpanzer vom Typ Marder erhalten.

17.34 Uhr: Ukrainische Stadt Sjewjerodonezk zur Hälfte von Russen eingenommen

Russische Truppen haben nach ukrainischen Angaben im Gebiet Luhansk inzwischen die Hälfte der umkämpften Gebietshauptstadt Sjewjerodonezk eingenommen.

Die Frontlinie verlaufe in der Mitte, sagte der Chef der lokalen Militärverwaltung, Olexandr Strjuk, am Dienstag. Die Kämpfe seien weiter in Gang. Die Stadt ist die letzte Bastion im Gebiet Luhansk unter ukrainischer Kontrolle. Fällt sie, haben die Militärführung in Moskau und die prorussischen Separatisten ein für sie wichtiges Etappenziel des Krieges erreicht, die volle Kontrolle über das Gebiet Luhansk.

Strjuk hatte zuvor gesagt, dass Sjewjerodonezk zu zwei Dritteln eingekesselt sei von russischen Truppen. Zudem seien 90 Prozent der Gebäude beschädigt oder zerstört. Von einst 100.000 Einwohnern hielten sich heute nur noch 12.000 in der Stadt auf. Seit Beginn des russischen Beschusses seien etwa 1500 Menschen dort getötet wurden.

Ein zerstörtes Auto steht vor einem Wohnhaus, das bei einem nächtlichen Raketeneinschlag beschädigt wurde.
Ein zerstörtes Auto steht vor einem Wohnhaus, das bei einem nächtlichen Raketeneinschlag beschädigt wurde.  © Andriy Andriyenko/AP/dpa

17.10 Uhr: Slowakische Präsidentin zu Besuch in Ukraine

Die slowakische Präsidentin Zuzana Caputova hat dem Nachbarland Ukraine bei einem Besuch in Kiew am Dienstag weitere Unterstützung versprochen.

In der ukrainischen Hauptstadt traf Caputova auch Präsident Wolodymyr Selenskyj und hielt eine Rede im Parlament. Auch wenn die Bilder vom Krieg in der Ukraine nach drei Monaten nicht mehr jeden Tag die Schlagzeilen dominierten, dürfe man das Leid der dortigen Bevölkerung nicht aus den Augen verlieren. Weiterhin seien Zivilisten im Osten der Ukraine zerstörerischer Gewalt ausgesetzt.

Die Slowakei unterstützt das Nachbarland unter anderem mit der Lieferung ihres Raketenabwehrsystems, für das sie nun von Nato-Partnern Ersatz bekommen soll. Waffenlieferungen. In einem ähnlichen Ringtausch bereitet sie die Übergabe ihrer Kampfflugzeuge des sowjetischen Typs MiG-29 vor und will ihren eigenen Luftraum dafür von Polen schützen lassen.

15.42 Uhr: Ukrainisches Parlament wählt Menschenrechtsbeauftragte ab

Das ukrainische Parlament hat die Menschenrechtsbeauftragte Ljudmyla Denisowa abgewählt. Eine Mehrheit der Abgeordneten stimmte nach Angaben der Nachrichtenagentur Unian am Dienstag in Kiew für einen entsprechenden Antrag.

Zuvor hatte die Partei von Präsident Wolodymyr Selenskyj Unterschriften für ein Misstrauensvotum gegen die Menschenrechtsbeauftragte gesammelt, die ihr Amt seit 2018 innehatte. Über ihre Nachfolge wurde zunächst nicht entschieden.

Die Abgeordneten warfen Denisowa vor, sich seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor drei Monaten zu wenig für die Einrichtung von Fluchtkorridoren zur Evakuierung von Zivilisten eingesetzt zu haben. Zudem habe sie kaum Engagement beim Austausch und bei der Verteidigung der Rechte von Kriegsgefangenen gezeigt.

Kritik gab es auch daran, wie Denisowa Sexualverbrechen an Kindern schilderte, die mutmaßlich von russischen Soldaten begangen wurden.

15.17 Uhr: Ukraine ermittelt in mehr als 15.000 Fällen wegen Kriegsverbrechen

Die Ukraine hat nach drei Monaten russischem Angriffskrieg bereits in mehr als 15.000 Fällen Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen eingeleitet.

Insgesamt seien 80 Verdächtige in Gewahrsam, teilte Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa am Dienstag in Den Haag mit. Mehr als 600 Verdächtige - darunter hochrangige russische Politiker und Offiziere - seien im Visier der Behörden. "Täglich kommen 200 bis 300 neue Fälle von Kriegsverbrechen hinzu."

In Den Haag hatten zuvor Ankläger der Ukraine, Polen, Litauen und des Internationalen Strafgerichtshofes über den Stand der Ermittlungen zu mutmaßlichen Kriegsverbrechen beraten. Die Anklagevertreter gehören einem gemeinsamen Ermittlerteam an. Auch Lettland, Estland und Slowakei sind inzwischen mit von der Partie. Die Arbeit wird von der EU-Justizbehörde Eurojust koordiniert.

14.36 Uhr: EU-Ölembargo stößt in Deutschland auf Kritik

Das vorerst nur teilweise EU-Ölembargo gegen Russland ist in Deutschland auf Kritik gestoßen.

"Bei den Strafmaßnahmen gegen Russland handelt es sich gerade nicht um einschneidende Sanktionen", wie es Bundeskanzler Olaf Scholz (63, SPD) behaupte, erklärte Unions-Fraktionsvize Gunther Krichbaum (58, CDU). Vielmehr zeige der Kompromiss vor allem die mangelnde Geschlossenheit der EU-Staaten.

Deutschland hat "mitgebremst, anstatt sich an die Spitze zu setzen", kritisierte der Vorsitzende der Jungen Union, Tilman Kuban (35, CDU), im TV-Sender Welt die Bundesregierung. Zudem kämen die Embargo-Beschlüsse der EU viel zu spät. Kuban forderte, nun auch ein Ende der Gaseinfuhren aus Russland anzustreben und dafür "klare Signale zu senden".

Gunther Krichbaum (58, CDU) kritisierte das teilweise EU-Ölembargo gegen Russland.
Gunther Krichbaum (58, CDU) kritisierte das teilweise EU-Ölembargo gegen Russland.  © Soeren Stache/dpa

14.30 Uhr: Ölembargo wird Russland laut Deutscher Industrie hart treffen

Das Ölembargo der EU wird Russland aus Sicht des Bundesverbands der Deutschen Industrie hart treffen.

Für den russischen Staat sei der Verkauf von Öl die wichtigste Einnahmequelle, erklärte Industriepräsident Siegfried Russwurm (58) am Dienstag in Berlin. "Ein europäisches Ölembargo ist ein außerordentlich drastischer Schritt, auch wenn sich die deutschen Unternehmen seit Wochen auf diese Sanktionsmaßnahme vorbereiten."

Die deutsche Industrie unterstütze die Entscheidung der Bundesregierung und der EU für ein Embargo. "Angesichts des völkerrechtswidrigen Angriffs Russlands auf die Ukraine braucht es unmissverständliche, zielgenaue und langfristig durchhaltbare Sanktionen, die den Aggressor stärker bestrafen als uns Europäer", so Russwurm.

Titelfoto: Olivier Matthys/AP/dpa

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