Lametta, Schwibbögen und Herrnhuter Stern: So hat man Weihnachten in der DDR gefeiert

Von Birgit Zimmermann

Leipzig - Gänsebraten, Lichterglanz, "Oh Du Fröhliche": Weihnachten in der DDR unterschied sich in vielen Punkten gar nicht so sehr von der Art des Feierns heute. Dennoch gab es ein paar Dinge, die das Fest im Arbeiter- und Bauernstaat anders gemacht haben. Und einige Klassiker leben im wiedervereinten Deutschland weiter.

Der Leiter der DDR-Ausstellung "Deudera", Klaus Horn (74), erinnert sich noch gut an das Weihnachtsfest in der DDR.  © Martin Schutt/dpa

Im engeren Kreis der Familie sei Weihnachten so traditionell gefeiert worden wie schon vor der DDR und so wie auch heute noch, sagt Klaus Horn (74). Er ist der Leiter der DDR-Ausstellung "Deudera" in Erfurt. "Der größte Unterschied war wahrscheinlich der, dass man Weihnachten nicht nur in der Familie verbracht hat, sondern es wurde etwas breiter, allgemeiner gefeiert."

Vor allem in den Betrieben, aber auch in Sport- oder Frauenverbänden seien Feste organisiert worden. Horn: "Das war ein ungeschriebenes Gesetz: Es gab kein Kollektiv - heute würde man sagen: Team -, in dem es keine Weihnachtsfeier gab."

Die Geschenke damals seien nicht so teuer gewesen wie heutzutage. "Der Schwerpunkt lag mehr in der Individualität", sagt Horn. Es sei auch viel Selbstgemachtes verschenkt worden.

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Mehr Lametta am selbst gebauten Baum

Reichlich Lametta durfte am selbst zusammengesteckten Baum nicht fehlen. Nach der Feier wurde es oftmals sorgfältig abgesammelt.  © Martin Schutt/dpa

"Früher war mehr Lametta" - der berühmte Spruch aus einem Loriot-Sketch traf auch auf die DDR zu. Und der zumeist silberne Baumbehang, hergestellt vom VEB Thüringer Glasschmuck Lauscha, war aus Alufolie. Weil das Lametta knitteriger war als heutzutage üblich, rutschte es nicht so leicht von den Nadeln des Baumes.

Beim Abschmücken war dann Sorgfalt gefragt: Weil die DDR nicht gerade eine Überflussgesellschaft war, wurde in vielen Familien Faden für Faden vom Baum abgesammelt und vorsichtig zurück in die Pappverpackung sortiert - fürs nächste Jahr.

Apropos Baum: Nordmanntanne oder Blaufichte, lieber buschig oder schlank, aus dem Supermarkt oder vom Tannenhof? Vor dieser Qual der Wahl stand man in der DDR nicht. Vielmehr ging es darum, überhaupt einen halbwegs gerade gewachsenen Baum mit ausreichend Grün zu besorgen.

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Glückte dies nicht, dann hieß es Erzählungen zufolge: Aus zwei mach eins. Dann wurden Löcher in den Stamm des einen Baumes gebohrt und die dürftige Pracht mit den Ästen des anderen aufgefüllt.

Fernsehen und Co.: Das war damals Programm

Weihnachtsgeschenke seien damals zwar nicht so teuer gewesen, dafür aber individueller, erklärte Klaus Horn (74).  © Martin Schutt/dpa

Ein Dauerbrenner des DDR-Fernsehens lief 34 Jahre lang am ersten Weihnachtsfeiertag: Die Sendung "Zwischen Frühstück und Gänsebraten" brachte zwischen 11 und 13 Uhr eine Mischung aus Musik, Tanz und Sketchen in die Wohnzimmer. Ab 1957 moderierten Heinz Quermann (1921-2003) und Margot Ebert (1926-2009) die Show. Mit dem Ende des DDR-Fernsehens 1991 kam auch das Aus für die Sendung.

Musikalisch durfte bei vielen Menschen das Album "Weihnachten in Familie" nicht fehlen. Schlagerstar Frank Schöbel veröffentlichte es 1985 mit seiner Lebensgefährtin Aurora Lacasa.

Auch den gesamtdeutschen Weihnachtslieder-Kanon hat die DDR um ein Stück erweitert: "Sind die Lichter angezündet" stammt von der Lyrikerin Erika Engel und wurde von Hans Sandig, Leiter des Rundfunk-Kinderchores in Leipzig, vertont.

In den drei Strophen ist vom christlichen Hintergrund des Weihnachtsfests nichts zu lesen, dafür wird den Hörerinnen und Hörern in den letzten Zeilen der Wunsch nach Frieden mit auf den Weg gegeben: "Leuchte, Licht, mit hellem Schein, überall, überall soll Friede sein."

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Schwibbögen, Herrnhuter Stern und "Jahresendflügelfigur"

Pyramiden, Räuchermännel oder Schwibbögen müsse man im Westen zum Teil noch erklären, so Frederic Günther, Geschäftsführer des Verbandes Erzgebirgischer Kunsthandwerker und Spielzeughersteller.  © Martin Schutt/dpa

Dass die SED-Führung christliche Symbole tilgen wollte, ist kein Geheimnis. Durchgesetzt habe sie sich nicht, sagt Ausstellungsmacher Horn. "Das waren Entgleisungen von übereifrigen Funktionären. Man hat versucht, Traditionen im sozialistischen Sinn umzudeuten. Es sollte nicht Weihnachtsfeier, sondern Jahresendfeier heißen. Aber das hat keiner gesagt. Wenn überhaupt, hat man sich darüber lustig gemacht", sagte Horn.

Hartnäckig hält sich auch die Legende, dass ein Weihnachtsengel in der DDR "geflügelte Jahresendfigur" genannt worden sein soll. Belegt ist das nicht. Klaus Horn hält die "geflügelte Jahresendfigur" schlicht für "Quatsch".

Volkskunst aus dem Erzgebirge und die leuchtenden Herrnhuter Sterne aus der Oberlausitz sind keine Erfindung der DDR, waren dort aber sehr beliebt. Heutzutage werden die Artikel bundesweit und international verkauft.

In jeder größeren deutschen Stadt gebe es entweder ein Fachgeschäft oder einen Stand auf dem Weihnachtsmarkt, wo Nussknacker & Co angeboten werden, sagt Frederic Günther, Geschäftsführer des Verbandes Erzgebirgischer Kunsthandwerker und Spielzeughersteller. Jedes Jahr würden Waren im Wert von 150 bis 200 Millionen Euro an die Endkunden verkauft. Die Herrnhuter Sterne GmbH erwartet dieses Jahr einen Absatz von 850.000 Sternen.

"Am bekanntesten weltweit ist der Nussknacker", sagt Günther. Pyramiden, Räuchermännel oder Schwibbögen seien etwas spezieller. "Die muss man im Westen manchmal noch erklären."

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