Uni Hamburg entdeckt neues Teilchen: "Könnte die Lehrbücher umschreiben"

Hamburg - Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Hamburg (UHH) und des Forschungszentrums DESY, die gemeinsam im Exzellenzcluster "Quantum Universe" der UHH arbeiten, haben möglicherweise ein völlig neues Teilchen entdeckt: das sogenannte Toponium. Die Entdeckung könnte unser Verständnis vom Aufbau der Materie grundlegend verändern.

Eine künstlerische Darstellung einer Verbindung von einem Top-Quark und seinem Antiteilchen.
Eine künstlerische Darstellung einer Verbindung von einem Top-Quark und seinem Antiteilchen.  © Julia Münstermann ("Toponium, 2025, Cyanotypie")

Das Toponium besteht aus einem Top-Quark und dessen Antiteilchen. Das Besondere: Das Top-Quark ist das schwerste bekannte Elementarteilchen und zerfällt extrem schnell (in weniger als einer Billionstelsekunde).

Bisher ging man davon aus, dass es deshalb gar keine Zeit hat, sich mit seinem Gegenspieler zu verbinden, wie die Hochschule am Donnerstag mitteilte.

Doch neue Messdaten am Teilchenbeschleuniger "Large Hadron Collider" des CERN in Genf zeigten jetzt genau das: In sehr seltenen Fällen scheint doch ein kurzer gebundener Zustand möglich zu sein.

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"Das ist einer dieser Momente, in denen die Natur unsere Erwartungen über den Haufen wirft, denn wir waren uns sicher, dass ein solches Teilchen nicht beobachtet werden kann", sagte Dr. Alexander Grohsjean.

Der 47-Jährige forscht an der Uni Hamburg im Rahmen des "Compact-Muon-Solenoid-Experiments" (CMS). "Dieses Ergebnis könnte die Lehrbücher umschreiben", ergänzte Prof. Dr. Christian Schwanenberger, Professor für Experimentalphysik und ebenfalls am CMS-Experiment beteiligt. "Es stellt Dinge infrage, die Generationen von Physikerinnen und Physikern für selbstverständlich hielten."

Laurids Jeppe: "Es geht hier nicht nur darum, ein neues Teilchen zu entdecken"

Der Haupteingang der Universität Hamburg.
Der Haupteingang der Universität Hamburg.  © Bodo Marks/dpa

Die Hinweise stammen aus zwei unabhängigen Experimenten am CERN: CMS und ATLAS. Beide fanden ungewöhnlich langsame Top-Quarks, die offenbar genug Zeit hatten, sich kurz zu verbinden – ein starkes Indiz für die Existenz von Toponium.

Erste Hinweise seien schon 2016 aufgetaucht, wurden aber erst jetzt durch neue Daten eindeutig bestätigt.

"Es geht hier nicht nur darum, ein neues Teilchen zu entdecken", sagte Laurids Jeppe, Doktorand an der Uni Hamburg und Teil des CMS-Teams am DESY.

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"Es zeigt, dass wir inzwischen eine Präzision erreicht haben, mit der selbst die seltensten und flüchtigsten Prozesse in der Natur messbar werden."

Noch sei Toponium nicht endgültig bestätigt, aber mit neuen Daten, die der Teilchenbeschleuniger aktuell sammle, könnte sich das bald ändern. Das Teilchen würde der Physik ein neues Werkzeug an die Hand geben, um die starke Wechselwirkung zu untersuchen – eine der vier fundamentalen Kräfte der Natur, die Quarks zu Protonen und Neutronen bindet, hieß es in einer Mitteilung.

Forscherinnen und Forscher hoffen, dadurch besser zu verstehen, warum das Top-Quark sich so anders verhält als seine "Verwandten" und was das über die Kräfte im Innersten der Materie verrät.

Titelfoto: Julia Münstermann ("Toponium, 2025, Cyanotypie")

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