Neues Jahr, neuer Optimismus: Deutsche sind plötzlich wieder positiv gestimmt

Von Bernhard Sprengel

Deutschland - Trotz anhaltender Krisen blicken viele Deutschen wieder optimistischer in die Zukunft.

Zukunftsforschers Horst Opaschowski (84) sieht in Deutschland wieder mehr Optimismus.
Zukunftsforschers Horst Opaschowski (84) sieht in Deutschland wieder mehr Optimismus.  © Christian Charisius/dpa

In einer repräsentativen Umfrage des Zukunftsforschers Horst Opaschowski (84) mit dem Ipsos-Institut gaben 57 Prozent der Befragten an, sie sähen dem kommenden Jahr mit Zuversicht und Optimismus entgegen.

Im Vorjahr hatten nur 42 Prozent dieser Aussage zugestimmt, das bedeutet eine Zunahme um 15 Prozentpunkte. "Ich kann nur sagen, einen solchen positiven Umschwung hat es seit Corona noch nicht gegeben", sagt der Hamburger Forscher dazu.

Der Wandel habe mit der wirtschaftlichen Entwicklung und der persönlichen finanziellen Lage überhaupt nichts zu tun. In dieser Hinsicht hätten sich die Umfrageergebnisse seit Jahren nicht geändert. Seit 2023 sagten 52 Prozent der Befragten, die persönliche wirtschaftliche Lage mache ihnen Sorgen.

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Opaschowski vermutet eher einen Mentalitätswandel - die Deutschen gewöhnten sich an schwierige Zeiten: "Das Leben in Dauerkrisen setzt positive Energien und Widerstandskräfte bei den Menschen frei", erklärt der Forscher. Von "Ger­man Angst" sei kaum mehr die Rede.

Andere Umfrage zeigt mehr Pessimismus

Trotz anhaltender Krisen wie dem Nahost-Konflikt ist der Blick in die Zukunft nicht so angstvoll wie im Vorjahr.
Trotz anhaltender Krisen wie dem Nahost-Konflikt ist der Blick in die Zukunft nicht so angstvoll wie im Vorjahr.  © Omar Ashtawy/APA Images via ZUMA Press Wire/dpa

Zu einem anderen Ergebnis kommt eine ebenfalls repräsentative Umfrage im Auftrag der Hamburger Stiftung für Zukunftsfragen von British American Tobacco (BAT).

Demnach blicken 60 Prozent der Bundesbürger angstvoll auf 2026, vor zehn Jahren hätten das nur 45 Prozent getan. Allerdings lag dieser Wert im Vorjahr bei 63 Prozent, ist also im Jahresvergleich etwas zurückgegangen.

Rund 80 Prozent der Bevölkerung rechneten für 2026 mit einer wirtschaftlichen Verschlechterung, teilte die BAT-Stiftung weiter mit. 89 Prozent gehen davon aus, dass die Politik weiter an Vertrauen verliert. Lediglich 22 Prozent erwarten mehr Zusammenhalt in der Gesellschaft. Im Jahr 2015 hätten sich 44 Prozent - also doppelt so viele - der Befragten optimistisch geäußert.

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"Spaltung entsteht nicht allein durch Krisen. Sie entsteht auch durch die Erzählungen darüber, was möglich ist - und was nicht", erklärt Ulrich Reinhardt, wissenschaftlicher Leiter der BAT-Stiftung. Die Probleme seien real.

"Aber der Glaube, sie seien unlösbar, ist nicht real - er ist gemacht." Der Zukunftsforscher rät, wieder mehr über gemeinsame Lösungen zu sprechen, um die Wahrnehmung zu verändern.

Jüngere optimistischer - aber auch ängstlicher

Viele Kinder belastet die Auseinandersetzung mit Themen wie Kriegen, Terrorismus oder wirtschaftlicher Unsicherheit.
Viele Kinder belastet die Auseinandersetzung mit Themen wie Kriegen, Terrorismus oder wirtschaftlicher Unsicherheit.  © Annette Riedl/dpa

Opaschowski, der viele Jahre als Professor für Erziehungswissenschaft an der Universität Hamburg tätig war, setzt auf den Optimismus der Jüngeren. 75 Prozent der Befragten im Alter von 14 bis 24 Jahren seien zur Jahreswende hoffnungsvoll gestimmt, trotz Umwelt- und Wirtschaftskrisen, Ukrainekrieg und Konflikten in Nahost, erklärt der Forscher.

Im Vorjahr seien nur 49 Prozent der jungen Leute optimistisch gewesen. In einem neuen Buch fordert Opaschowski die nächste Generation auf: "Nehmt eure Zukunft in die Hand!" - so der Titel.

Sehr viel nüchterner fällt eine neue Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf aus. Demnach setzen sich Kinder und Jugendliche intensiv mit Themen wie Kriegen, Terrorismus, wirtschaftlicher Unsicherheit, Zuwanderung und der Klimakrise auseinander.

Viele belaste das. "Kinder und Jugendliche, die unter krisenbezogenen Zukunftsängsten leiden, haben ein 3,4-mal höheres Risiko für psychische Auffälligkeiten, Ängste, depressive Symptome und Einsamkeit", sagt die Erstautorin der Studie, Anne Kaman.

Studienleiterin Ulrike Ravens-Sieberer fügt jedoch hinzu: "Viele junge Menschen entwickeln starke Bewältigungsstrategien."

Titelfoto: Christian Charisius/dpa

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