Rohrkrepierer oder Kraftstoff der Zukunft? Was taugen E-Fuels wirklich?

Berlin/Brüssel - Mit welchem Antrieb sollen unsere Autos in Zukunft fahren? "Elektro", sagte die EU vor einigen Wochen und einigte sich darauf, dass ab 2035 keine neuen Verbrenner mehr zugelassen werden dürfen. Einzige Ausnahme: sogenannte E-Fuels - also Kraftstoffe, die unter Verwendung von Wasserstoff, nachwachsenden Rohstoffen und CO2 aus der Luft hergestellt werden. Kritiker bezeichnen diese als ineffizient und teuer, aber stimmt das wirklich?

Benjamin Cuyt (29) stand TAG24 Rede und Antwort.
Benjamin Cuyt (29) stand TAG24 Rede und Antwort.  © PR P1

"Wir glauben grundsätzlich, dass wir jede Technologie brauchen, um unsere Ziele zu erreichen", sagt Benjamin Cuyt (29) im TAG24-Interview.

Er arbeitet bei P1 Fuels als Sales and Partnership Manager, einem Unternehmen, das sich der Herstellung dieser E-Fuels verschrieben hat und schon heute vom Oldtimer bis zur Rallye-WM Autos mit seinem CO2-neutralen Kraftstoff betankt.

"Nur Elektro wird uns nicht reichen." Immerhin habe man heute immer noch überwiegend Verbrenner auf der Straße. Und: Klimaschutz gehe nur mit Inklusion und nicht mit Exklusion.

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Doch können synthetische Kraftstoffe hier wirklich einen nennenswerten Beitrag leisten? Aktuell kostet ein Liter des P1-Kraftstoffs im Rennsport etwa 5 Euro, also eher ein Produkt für Idealisten und kein Gamechanger. "Natürlich muss hier noch angepasst werden, aber wir wollen unbedingt unter die Marke von 4 Euro kommen", so Cuyt. Und das möglichst bald.

Gehen soll das unter anderem mit einer Erhöhung der Produktion. Zurzeit werden fünf Millionen Liter pro Jahr hergestellt, zwanzig wären nach aktuellem Stand möglich. Auch hofft man bei P1 darauf, dass der Bund bei der Besteuerung noch etwas tut. "Aktuell werden wir hier wie konventionelle Kraftstoffe gehandhabt." Großes Ziel ist es, 2026 dann ungefähr auf dem preislichen Niveau von Super und Co. angekommen zu sein.

Auch im Bundestag denkt man über E-Fuels nach

Autos mit Ottomotor können den Sprit von P1 problemlos tanken.
Autos mit Ottomotor können den Sprit von P1 problemlos tanken.  © DPA/Christoph Schmidt

Apropos Bund: Es ist inzwischen ein offenes Geheimnis, dass sowohl die Fahrbereitschaft des Bundestages als auch verschiedene Ministerien überlegen, auf den klimaneutralen Kraftstoff umzusteigen.

Da die politischen Mühlen aber sehr langsam mahlen, wie Cuyt mit einem Grinsen im Gesicht ergänzt, konzentriert sich P1 aktuell auf einen weiteren Meilenstein. Ab Sommer soll es den Kraftstoff an einer ersten Berliner Tankstelle regulär zu kaufen geben. Tanken können ihn dann alle Fahrzeuge mit Ottomotor. "Bedenkenlos." Unterschiede beim Verbrauch gibt es auch nicht.

Doch auch wenn das alles sehr gut klingen mag: Laut Berechnungen der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) wurden im vergangenen Jahr 52,2 Millionen Tonnen Kraftstoff in Deutschland verbraucht (62,3 Prozent Diesel-, 31,1 Prozent Ottokraftstoff).

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Es ist also noch ein weiter Weg, bis E-Fuels einen bedeutenden Anteil auf dem Markt übernehmen können. Zumal sie immer noch ein riesiges Problem haben: Ihre Produktion ist energieaufwendig und grüne Energien werden hierzulande im Alltag dringend benötigt.

P1 und Cuyt überlegen deshalb, mit der Produktion dorthin zu gehen, wo grüner Strom im Überfluss vorhanden ist. In Wüsten oder windreichen Regionen könnte die Energie gleich sinnvoll genutzt und ihr Kraftstoff problemlos hergestellt werden. "Darüber hinaus forschen wir aber auch an der Optimierung von Prozessen, Effizienzgraden usw. ..."

Das sagen die Kritiker: Schlechte Effizienz in der Herstellung, teure Preise

E-Fuels stehen wegen ihres schlechten Wirkungsgrades durchaus in der Kritik.
E-Fuels stehen wegen ihres schlechten Wirkungsgrades durchaus in der Kritik.  © DPA/Tom Weller

Größter Knackpunkt ist die energieintensive Herstellung. Laut Berechnungen des Thinktanks Agora Energiewende haben E-Fuels lediglich einen Wirkungsgrad von 13 Prozent.

Heißt: Nur 13 Prozent der eingesetzten Energie bewegen am Ende auch das Auto. E-Autos haben hingegen einen Wirkungsgrad von 69 Prozent. Ähnliche Zahlen legt auch der ADAC vor, er spricht bei E-Fuels von 10 bis 15, bei E-Autos von 70 bis 80 Prozent.

Enorm energieintensiv heißt auch enorm teuer. Wie schon im Interview mit Benjamin Cuyt (29) beschrieben, kostet ein Liter Sprit aktuell etwa 5 Euro.

Durch Erhöhung der Produktion, Weiterentwicklungen und staatliches Eingreifen können die Preise natürlich sinken - aber:

Das Fraunhofer-Institut für Energieinfrastruktur und Geothermie hält es im Gegenzug für denkbar, dass sich die Preise für den bei der Herstellung so wichtigen grünen Wasserstoff bis 2030 verdreifachen könnten. Grund sei die steigende Nachfrage.

Wichtig: Die Entwicklung geht natürlich immer weiter, alle Kritikpunkte entsprechen dem aktuellen Erkenntnisstand.

Titelfoto: DPA/Tom Weller

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