Baubranche und Bayern haben Schuld: Inzucht unter Rothirschen nimmt zu

Von Katrin Zeiß

Hildburghausen - Jäger beobachten zunehmende Probleme mit Inzucht bei Rothirschen in Thüringens Wäldern. Betroffen sei vor allem das thüringisch-bayerische Grenzgebiet, sagte der Präsident des Thüringer Landesjagdverbandes, Ludwig Gunstheimer, der Deutschen Presse-Agentur.

Rothirsche an der Grenze zwischen Thüringen und Bayern vermehren sich zunehmend untereinander. Weil die genetische Vielfalt fehlt, kommen Jungtiere oft mit Missbildungen zur Welt.
Rothirsche an der Grenze zwischen Thüringen und Bayern vermehren sich zunehmend untereinander. Weil die genetische Vielfalt fehlt, kommen Jungtiere oft mit Missbildungen zur Welt.  © Boris Roessler/dpa

Hier habe die für eine gesunde Population notwendige genetische Vielfalt in den vergangenen Jahren abgenommen. Dies hänge mit einem eingeschränkten Wanderverhalten bei männlichen Tieren zusammen, das wiederum die Folge von Großbauprojekten in der Region sei.

Vor allem durch den Bau der Autobahn 71 und der ICE-Trasse Erfurt-München seien die Hirsche von ihren Wanderkorridoren abgeschnitten worden, so Gunstheimer.

Die Tiere könnten deshalb nicht in der Brunftzeit in andere Reviere laufen, um dort Partnerinnen für die Paarung zu finden und für Gen-Auffrischung zu sorgen, sondern seien auf die Hirschkühe in ihrem Revier angewiesen.

Herbstferien sorgen für Tourismus-Boom in Thüringen
Thüringen Herbstferien sorgen für Tourismus-Boom in Thüringen

Die Folgen des fehlenden Gen-Austausches zeigen sich Gunstheimer zufolge an einer Zunahme von Kälbern mit körperlichen Fehlbildungen, etwa mit verkrüppeltem Kiefer. Derart geschädigtes Rotwild müsse dann erlegt werden.

In der Brunftzeit können Hirsche Strecken von bis zu 30 Kilometer am Tag zurücklegen

Wandernde Hirsche leben in Teilen Bayerns gefährlich. Dort dürfen die Tiere von Jägern einfach so geschossen werden. (Symbolfoto)
Wandernde Hirsche leben in Teilen Bayerns gefährlich. Dort dürfen die Tiere von Jägern einfach so geschossen werden. (Symbolfoto)  © Jens Büttner/dpa

"Wandernde Rothirsche stehen vor unüberwindbaren Hindernissen", kritisierte der Verbandspräsident. Sie nutzten normalerweise jahrhundertealte Wanderkorridore. Beim Bau der neuen großen Verkehrstrassen seien zu wenige Querungen angelegt worden. In der Brunftzeit können Hirsche Strecken von bis zu 30 Kilometer am Tag zurücklegen.

Ein weiteres Problem sind aus Sicht des Thüringer Verbandes sogenannte Rotwild-Freigebiete in Bayern, in denen wandernde Hirsche geschossen würden. Gunstheimer: "Auch dadurch ist der Gen-Austausch unterbrochen."

Jagdverbände aus Thüringen und Bayern wollen gemeinsam Lösungen für die Rotwildbestände suchen. Am Donnerstag kommen dazu Jägervertreter aus beiden Bundesländern mit Thüringens Umweltminister Tilo Kummer (57, BSW) zusammen.

Titelfoto: Montage: Boris Roessler/dpa, Jens Büttner/dpa

Mehr zum Thema Thüringen: