Mehr Macht für Thüringer Polizei: Fußfessel und Taser frühestens 2027
Von Sebastian Haak, Simone Rothe
Erfurt - Thüringens Innenminister Georg Maier (58) rechnet mit langwierigen Beratungen im Parlament zum Polizeiaufgabengesetz. "Das wird sicherlich ein intensives Verfahren werden", sagte der SPD-Politiker.
Der überarbeitete Gesetzesentwurf soll voraussichtlich in der ersten Plenarsitzung im neuen Jahr in den Landtag eingebracht werden, die für Februar geplant ist. Maier sagte, er erwarte umfangreiche, mündliche Anhörungen.
Die Landesregierung will die Befugnisse der Polizei reformieren und das Polizeiaufgabengesetz an etlichen Stellen ändern. Geplant ist etwa, den Einsatz von Künstlicher Intelligenz zu regeln und die Einführung der elektronischen Fußfessel und von Tasern für die Polizei.
Die oppositionellen Fraktionen von AfD und Linke lehnen die geplanten Änderungen in weiten Teilen ab. Der Innenpolitiker der Linken, Ronald Hande (48), nannte den Gesetzentwurf am Wochenende einen "Rückschritt für die Bürgerrechte in Thüringen".
Er ebne den Weg für den Ausbau unverhältnismäßiger Überwachungsmaßnahmen, die bereits auf bloßen Verdacht hin in Grundrechte eingriffen.
Überwachung für Opferschutz
Maier äußerte die Hoffnung, dass sich im Laufe der Debatte die Brombeer-Koalition und die Linke aufeinander zubewegen werden. "Die Linkspartei hat ja auch gewisse Interessen", sagte er. Gerade die geplanten Verbesserungen beim Opferschutz seien der Linke-Fraktion sicher nicht egal.
Der aktualisierte Gesetzentwurf zum Polizeiaufgabengesetz sieht nun auch vor, dass gefährdete Frauen gewarnt werden sollen, wenn sich ein potenzieller Täter illegal nähert. So könnten sie sich frühzeitig in Sicherheit bringen. Dieses Prinzip ist als spanisches Modell bekannt.
Im Kern wird dabei dem Täter eine Fußfessel angelegt, um seinen Aufenthaltsort überwachen zu können – womit sich Annäherungsverbote durchsetzen lassen sollen. Gleichzeitig gibt es zu jeder Fußfessel zwei Empfänger: einen bei der Polizei und einen bei der gefährdeten Person.
Maier sagte, die bisherigen Plänen hätten nur einen Empfänger vorgesehen, und zwar den bei der Polizei.
Opfer häuslicher Gewalt sind meistens Frauen
In den meisten Fällen werden Frauen Opfer von partnerschaftlicher Gewalt. Häusliche Gewalt von Frauen gegenüber Männern kommt zwar vor, ist aber deutlich seltener.
Nach aktuellen Daten der Thüringer Polizei ist 2024 alle 75 Minuten ein Mensch Opfer häuslicher Gewalt geworden, wobei sich diese Angabe nur auf registrierte Fälle bezieht. Die Beamten selbst gehen von einer hohen Dunkelziffer entsprechender Übergriffe aus.
Wegen des großen Beratungsbedarfs sei es dennoch zu früh, um zu sagen, wann die neuen Regeln für die Arbeit der Polizei in Kraft treten könnten. "Also, 1. Januar 2027 wäre toll", sagte Maier. "Kann aber auch ein paar Tage länger dauern."
Der Linke-Politiker Hande befürchtet, dass die Polizei künftig Zugriff auf besonders sensible Daten erhält, oft ohne ausreichende Kontrolle und richterliche Vorprüfung.
So solle etwa auf Plätzen wie dem Anger im Zentrum von Erfurt eine Künstliche Intelligenz Menschen permanent beobachten, analysieren und bei Auffälligkeiten Alarm schlagen.
Grundrechtseingriffe für alle Thüringer?
Auch weitreichende automatisierte Datenanalysen seien vorgesehen, "ohne klar zu benennen, aus welchen Datentöpfen diese stammen und wofür sie genutzt werden dürfen". Er sprach von einem Freifahrtschein, "notwendige Transparenzregeln einfach die nächsten sieben Jahre völlig auszuhebeln". Hande kritisierte potenzielle Grundrechtseingriffe für alle Thüringer. Fußballfans könnten mit Meldeauflagen unter Androhung von 1000 Euro Bußgeld bestraft werden - auf bloßen Verdacht.
Auf den Autobahnen könnten potenziell Hunderttausende Autofahrer per Kennzeichenscan in Datenbanken überprüft werden. Für die Linke sei der Gesetzentwurf in der vorgelegten Form nicht zustimmungsfähig.
Titelfoto: Bildmontage: Martin Schutt/dpa//Bodo Schackow/dpa

