Jetzt mal ganz ehrlich: So kam der Aprilscherz in die Welt

Dresden - "April, April!" - Seid ihr am heutigen Samstag auch schon von einem albernen Zeitgenossen in den Monatsbeginn geschickt worden? Höchstwahrscheinlich nicht. Denn im Zeitalter der nahezu alltäglichen Fake-News ist der Aprilscherz, der sich über ganz Europa bis nach Nordamerika verbreitet hat, vom Aussterben bedroht. Vielleicht ein günstiger Zeitpunkt, noch einmal an einige mehr oder weniger gelungene Narreteien in der Geschichte zu erinnern. Und wo kommt dieses Brauchtum eigentlich her?

Der 1. April: Ein Datum, an denen man andere gern zum Narren macht - oder auch sich selbst.
Der 1. April: Ein Datum, an denen man andere gern zum Narren macht - oder auch sich selbst.  © dpa/Jens Kalaene

Wie bei so vielen Traditionen: Man weiß es nicht wirklich. Sicher scheint, dass der 1. April seit der Antike als Unglückstag gilt. Auf unterschiedlichen Listen solcher Tage fehlt dieses Datum nie. Angeblich sei Luzifer an diesem Tag in die Hölle eingezogen. Und Judas Ischariot, der Jesus verriet, soll sich an seinem Geburtstag – einem 1. April – erhängt haben.

Die Redensart "in den April schicken" wurde 1618 erstmals in Bayern niedergeschrieben, ab 1631 auch in anderen deutschen Gebieten. In Grimms Deutschem Wörterbuch von 1854 ist der Aprilsnarr beschrieben, der Begriff Aprilscherz muss erst später entstanden sein.

Andererseits weisen Quellen aus Frankreich, England und den Niederlanden darauf hin, dass dort bereits im 16. Jahrhundert an diesem Tag die Narren gehänselt wurden. Der "Fooles holy day" (heiliger Narrentag), der dann auch in den Vereinigten Staaten Karriere machte, wurde erstmals 1686 niedergeschrieben. Am 1. April 1698 wurden Menschen dazu verleitet, den Tower of London zu besuchen, weil dort die Löwen gewaschen würden.

Provokation in Café: Frau bedrängt Alec Baldwin
Unterhaltung Provokation in Café: Frau bedrängt Alec Baldwin

Der wohl erste Aprilscherz in Deutschland war gar kein Spaß. Der Reichstag von Augsburg sollte im April 1530 das Münzwesen neu regeln. Viele Spekulanten investierten ihr Erspartes in verschiedene Metalle und Minen. Als die Münzreform ausfiel, standen sie als Narren da.

Auch Monarchen können sich zum Narren machen

Frankreichs König Heinrich IV. wurde dem Hofstaat als Narr vorgeführt - von seiner eigenen Frau.
Frankreichs König Heinrich IV. wurde dem Hofstaat als Narr vorgeführt - von seiner eigenen Frau.  © wikipedia

Der erste Aprilscherz der Medien stand 1774 in einem norddeutschen Blatt. Dort war erklärt, wie man bunte Hühner züchtet: Man streiche die Umgebung in der gewünschten Farbe an, damit sich die Gackerer dieser anpassen. War die erste Zeitungs-Ente etwa ein Huhn?

Dass sich auch Monarchen zum Narren machen lassen, bewies Frankreichs König Heinrich (1553-1610) an einem 1. April. In Aussicht auf ein Tête-à-Tête mit einer 16-Jährigen begab er sich lüstern in sein Lustschlösschen. Dort aber empfing ihn der gesamte Hofstaat – unter Anführung seiner Gattin, die sich untertänigst bedankte, dass er der Einladung zum Narrenball gefolgt sei.

Der gebräuchlichste Aprilscherz unter gewöhnlichen Menschen ist noch immer, jemanden einen Narrenauftrag erfüllen zu lassen. Im 19. Jahrhundert litten eher die ungebildeten Knechte und Mägde darunter, heute meist die Auszubildenden.

Küsse und gemeinsamer Song! Melody Haase offenbar mit Money Boy zusammen
Unterhaltung Küsse und gemeinsamer Song! Melody Haase offenbar mit Money Boy zusammen

Sie sollen aus dem Lager etwas holen, wahlweise Hühnerzähne, Taubenmilch, Kieselsteinöl, Augenmaß, Gewichte für die Wasserwaage oder den Globus von Europa.

Samenspenden für Madonna? April, April!

Madonna sucht in Dresden einen Samenspender? Hunderte Narren boten sich 1997 an.
Madonna sucht in Dresden einen Samenspender? Hunderte Narren boten sich 1997 an.  © Archive/Mary Evans

Im Zeitalter der Massenmedien wurden die Scherze auch immer spektakulärer. Mit einer Verheißung kann man einen ganzen Narrenauflauf erzeugen.

So lockte Radio PSR 1997 über 1500 Leute auf den Dresdner Altmarkt, die sich als Samenspender für Madonna registrieren lassen wollten. Unvergessen die BBC-Dokumentation, in der 1957 über den Spaghetti-Baum und die aktuelle Ernte in der Schweiz berichtet wurde, bei der lange Nudeln gepflückt wurden. Hunderte riefen an und wollten sich vergewissern. Auch, ob die Bäume in England gedeihen könnten.

Manchmal geht der Scherz aber auch nach hinten los. Ein lokaler Fernsehsender berichtete in den Abendnachrichten von einem heftigen Vulkanausbruch ganz in der Nähe von Boston, Lava und Asche ergieße sich bereits in Siedlungen. Das Ende des Beitrages, bei dem der Moderator ein "April Fool"-Schild in die Kamera hielt, sahen viele nicht, weil sie bereits die Flucht ergriffen hatten – eine Massenpanik wurde ausgelöst.

Ein anderer Aprilscherz wurde zum Milliarden-Geschäft. Heute vor zehn Jahren wurden in Google-Maps einige Pokémon versteckt. Wer sie findet, so die Verlockung, hat Aussicht auf eine Google-Anstellung als Pokémon Master. Daraus entstand das Smartphone-Spiel Pokémon Go, welches 2016 auf den Markt kam.

Nach dieser Lektüre seid Ihr wenigstens gewarnt, falls gleich ein Scherzbold sagt: "Dein linker Schnürsenkel ist offen!" Lächelt milde und denkt daran, wie Mark Twain den 1. April charakterisierte: als den Tag, an dem wir uns erinnern dürfen, was wir 364 Tage im Jahr sind - nämlich Narren.

Andere Länder, andere Streiche

An einem 1. April sollen die Tempelpriester um Kaiphas den beschuldigten Jesus zu Pontius Pilatus geschickt haben.
An einem 1. April sollen die Tempelpriester um Kaiphas den beschuldigten Jesus zu Pontius Pilatus geschickt haben.  © imago stock&people

• Die deutsche Redewendung "von Pontius zu Pilatus schicken" wird in Irland umgesetzt – angeblich, weil Jesus am 1. April vom Hohepriester Kaiphas an den römischen Statthalter überführt wurde. Das Opfer soll jemandem einen Brief vertraulichen Inhalts zustellen und zusehen, wie er geöffnet wird. Der Adressat liest leise: "Schick den Narren weiter!" Und der bekommt ein neues Ziel. Einige Narren sollen den ganzen Tag unterwegs gewesen sein. Klappt wohl mit Analphabeten.

• In Italien und im französischsprachigen Raum zeichnet man Tiere (bevorzugt einen Fisch) auf einen Zettel und schreibt nach Belieben noch einen Narrenspruch dazu. Man umarmt sein Opfer in "Mon-Amour-Manier" - es geht auch ohne – und klebt den Zettel am Rücken fest.

• In England sind auch Facetten des schwarzen Humors gestattet. Allerdings muss mittags Punkt 12 Uhr Schluss damit sein, sonst ist man selbst der Depp. Letzteres gilt auch für Polen. Fällt man in Portugal auf den Scherz herein, kann man eine Ladung Mehl abbekommen.

Spanien und Lateinamerika haben auch einen Narrentag, der findet aber am 28. Dezember statt.

Titelfoto: dpa/Jens Kalaene

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