"Egalite": Mädchen nach Mandeloperation blind! Vater rastet aus: "Halt deine Fresse!"

Deutschland - Die erste große Kino-Ernüchterung des noch jungen Jahres! Der bekannte deutsche Filmschaffende Kida Khodr Ramadan (45) kann mit "Egalite", das seit dem 13. Januar in den (offenen) Lichtspielhäusern läuft, leider nicht an sein ansprechendes Regiedebüt als Alleinverantwortlicher, "In Berlin wächst kein Orangenbaum", anknüpfen. Die TAG24-Kritik.

Leila Aydin (Dunya Ramadan, 12, l.) und ihr Bruder Nuri (Mohamad Momo Ramadan, 11) werden vom Vater unterschiedlich behandelt.
Leila Aydin (Dunya Ramadan, 12, l.) und ihr Bruder Nuri (Mohamad Momo Ramadan, 11) werden vom Vater unterschiedlich behandelt.  © PR/ÉGALITÉ/Alpha Centauri Studios GmbH

Im Fokus steht die Familie Aydin um Vater Attila (Burak Yigit, 36), Mutter Aya (Susana AbdulMajid, 32), Tochter Leila (Dunya Ramadan, 12) und Sohn Nuri (Mohamad Momo Ramadan, 11).

Attila macht Leila zu Beginn Mut, weil der Tag gekommen ist, an dem sie eine OP über sich ergehen lassen muss. Er sagt: "Du brauchst heute auf jeden Fall keine Angst haben. Früher, als Kind, da wollten wir alle eine Mandeloperation, da hat man Eis bekommen."

Wenig später geht es für sie und die Eltern ins Hospital. Für Attila und Aya wird dieser Aufenthalt zur psychischen Tortur, weil Krankenschwester Franziska (Franziska von Harsdorf, 25) sie immer wieder vertrösten muss.

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Denn der Routine-Eingriff verschiebt sich ohne Angabe von Gründen immer weiter nach hinten, weil Dr. Mühlendorf (Volker Meyer-Dabisch, 59) und Dr. Weber (Jean Philippe Adabra) viele Notfälle abzuarbeiten hatten. Da niemand den Eltern mehr sagen kann, machen sie sich natürlich Sorgen um ihre Tochter. Vor allem dann, als Dr. Mühlendorf von einer kleinen Blutung während der OP spricht, die allerdings schnell gestoppt werden konnte. Doch als das junge Mädchen dann erwacht, ist es blind!

Die Ärzte versichern Attila und Aya fassungslos, alles richtig gemacht zu haben und finden auch bei den anschließenden Untersuchungen nichts heraus, was den Aydins irgendwie weiterhilft. Das wiederum drängt Vater und Mutter in eine verzweifelte Lage, in der sich Attilas Gefühle Bahn brechen und er die Doktoren sogar mit "Halt deine Fresse" beschimpft. Wird seine Tochter wieder gesund?

Trailer zu "Egalite" von Kida Khodr Ramadan mit Burak Yigit, Susana AbdulMajid und Dunya Ramadan

"Egalite" fehlen hinsichtlich Story, Drehbuch und Schnitt die Balance und Glaubwürdigkeit

Aya Aydin (Susana AbdulMajid, 32, r.) tröstet ihre blinde Tochter Leila (Dunya Ramadan, 12).
Aya Aydin (Susana AbdulMajid, 32, r.) tröstet ihre blinde Tochter Leila (Dunya Ramadan, 12).  © PR/ÉGALITÉ/Alpha Centauri Studios GmbH

Diese Geschichte funktioniert schlichtweg nicht als in sich stimmiges Gesamtkunstwerk, weil die Charaktere (besonders Attila) zu viele Klischees bedienen, teilweise sogar unpassend negativ dargestellt werden (Attila und die Ärzte) oder zu abstrakt handeln, sodass der Story trotz der guten Absichten die Authentizität abgeht.

Dabei wird Attila als guter Vater eingeführt, der in seiner ersten Szene auch liebevoll mit seiner Tochter umgeht. Eigentlich kann er mit seinem Sohn aber mehr anfangen und liest ihm jeden Wunsch von den Lippen ab.

Leider arbeitet Ramadan, der im realen Leben selbst vier Töchter hat, den Kernaspekt nicht gut genug heraus. Es geht um Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen. Auch davon abgesehen wirkt sein Familiendrama merkwürdig zusammenhangslos.

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Zudem gelingt es dem Schnitt nicht, die einzelnen Abschnitte und deren sich verändernde Tonalität miteinander zu verbinden. Stattdessen ist er wirr. Während die Eröffnungssequenz sehr bedächtig ist, gibt es dann - typisch deutscher Film - immer wieder (unnötige und sich wiederholende) Ausraster zu sehen und wenig Subtilität, die dann auch aufgesetzt wirkt, weil die Dynamik zwischen den Protagonisten und Protagonistinnen aufgrund des fehlenden Tiefgangs unerklärt bleibt. Hier fehlen der Story und dem Drehbuch die Ausgewogenheit.

Auch die Qualität der Dialoge ist schwankend. Mal treffen sie den Nagel auf den Kopf, dann wiederholt Attila zigmal "Halt deine Fresse", was aufgrund der Redundanz und fehlenden Synonyme irgendwann keine Wirkung mehr entfaltet, sondern nur noch langweilt. Darüber hinaus werden die Figuren zu oft als zu irrational agierend dargestellt.

Attila Aydin (Burak Yigit, 36) weiß vor Verzweiflung nicht mehr, wohin mit seinen Gefühlen und begeht folgenschwere Fehler.
Attila Aydin (Burak Yigit, 36) weiß vor Verzweiflung nicht mehr, wohin mit seinen Gefühlen und begeht folgenschwere Fehler.  © PR/ÉGALITÉ/Alpha Centauri Studios GmbH

"Egalite" ist gut gemeint, aber nicht gut gemacht

Aya Aydin (Susana AbdulMajid, 32) geht mit der Nachricht deutlich ruhiger um, handelt aber ebenfalls merkwürdig.
Aya Aydin (Susana AbdulMajid, 32) geht mit der Nachricht deutlich ruhiger um, handelt aber ebenfalls merkwürdig.  © PR/ÉGALITÉ/Alpha Centauri Studios GmbH

Natürlich sind sie verzweifelt, aber wie sie dann vorgehen, ist oft zu realitätsfern oder - in Attilas Fall - unsympathisch und nicht mehr nachvollziehbar. Das Ende ist dann sogar an den Haaren herbeigezogen und sorgt vollends dafür, dass "Egalite" ins Unglaubwürdige abdriftet.

Das ist schade, denn der Einfall des "4 Blocks"-Stars, das Gesundheitssystem zu hinterfragen und rassistische Vorurteile darzustellen, ist aller Ehren wert. Es hapert allerdings an der Umsetzung, weshalb das Drama ernüchtert und wohl auch nach Ablauf des Jahres zu den schwächsten Filmen zählen wird.

Denn die unruhige Kameraführung, die nur mäßig gut eingefangenen Locations und die schauspielerischen Leistungen sind ebenfalls durchwachsen und haben zu große Schwächen. Letztgenannte sprechen immer wieder undeutlich, sodass einige Dialoge nicht zu verstehen sind. Darüber hinaus legen sie ihre Charaktere nicht gerade perfekt an.

Immerhin überzeugt die stimmige Musikuntermalung, die einige atmosphärische Momente zur Folge hat. Das reicht allerdings nicht, um die vielen Negativpunkte zu überdecken.

Zusammengenommen ist "Egalite" ein Film geworden, der zwar gut gemeint, aber nicht gut gemacht ist, sondern frustriert. Obwohl das Familiendrama nur 80 Minuten kurz ist, zieht es sich wegen des schlechten Schnitts gefühlt viel länger hin. Da auch Story, Drehbuch und Dialoge große Schwächen haben, enttäuscht Ramadans Werk leider, was in der Form überhaupt nicht zu erwarten war. Schade!

Titelfoto: PR/ÉGALITÉ/Alpha Centauri Studios GmbH

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