"Mehr denn je": Todkranke Frau teilt ihrem Mann etwas Unfassbares mit

Deutschland - Herzzerreißend! Seit dem heutigen 1. Dezember läuft "Mehr denn je" in den deutschen Kinos und dreht sich um das selbstbestimmte Sterben. Die TAG24-Filmkritik.

Die todkranke Hélène (Vicky Krieps, 39) will das Mitleid ihrer Freunde nicht.
Die todkranke Hélène (Vicky Krieps, 39) will das Mitleid ihrer Freunde nicht.  © PR/Pandora Film

Hélène (Vicky Krieps, 39) und Mathieu (Gaspard Ulliel, †37) sind beide Mitte Dreißig, leben in Bordeaux und sind seit vielen Jahren ein Paar. Ihre gemeinsame Lebensplanung wird völlig auf den Kopf gestellt, als Ärzte bei Hélène eine seltene, tödliche Lungenkrankheit feststellen.

Mathieu unterstützt seine Frau mit allen Kräften und hofft auf ein Lungentransplantat, das ihr Leben verlängern soll. Hélène ist jedoch pessimistisch, will auch nicht ständig mit dem Mitleid ihrer Freunde und Familie konfrontiert werden.

Als sie eines Tages den norwegischen Blog des ähnlich schwer erkrankten "Mister" (Bjørn Floberg, 75) findet, ist sie inspiriert vom skandinavischen Lebensgefühl und der einmaligen Natur. Sie teilt Mathieu mit, dass sie dorthin verreisen will - und zwar allein. Mit diesem Entschluss hat Mathieu schwer zu kämpfen.

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In Norwegen entwickelt sich ein völlig neues Verständnis zwischen Hélène und Mister, der ihr viel über das Leben beibringt - und über das Sterben. Je mehr Zeit die junge Frau in den Bergen verbringt, desto mehr reift ein radikaler Entschluss in ihr heran.

Doch sie hat auch Gegner, die sie davon abbringen wollen - allen voran die Liebe ihres Lebens.

Deutscher Trailer zu "Mehr denn je" mit Vicky Krieps, Gaspard Ulliel und Bjørn Floberg

"Mehr denn je" ist Gaspard Ulliels letzter Film geworden

Gaspard Ulliel (†37) setzte sich selbst mit "Mehr denn je" ein bittersüßes Denkmal.
Gaspard Ulliel (†37) setzte sich selbst mit "Mehr denn je" ein bittersüßes Denkmal.  © PR/Pandora Film

Der Cannes-Beitrag 2022 "Mehr denn je" arbeitet mit nur drei Hauptdarstellern, die jedoch ihre Figuren auf großartige Weise verkörpern. Hélène ist eine Frau der leisen Töne, mit subtiler Mimik und trügerisch ruhiger Ausstrahlung. Vicky Krieps ("Bergman Island") hat zuvor bereits mit Regisseurin Emily Atef (49, u. a. "Jackpot") kollaboriert.

Der erfahrene norwegische Theaterschauspieler Bjørn Floberg ("Die Königin des Nordens") erweckt Mister zum Leben, bei dem man eine gehörige Zeit nicht weiß, in welche Richtung sich seine Freundschaft mit Hélène entwickeln wird. Vieles über die Hintergründe seiner faszinierenden Figur bleiben im Dunkeln.

Am stärksten bleibt einem Gaspard Ulliel ("Moon Knight") als Mathieu im Gedächtnis. Das ist womöglich einem tragischen Hintergrund zu verdanken: Ulliel verstarb mit nur 37 Jahren infolge eines Ski-Unfalls. In "Mehr denn je" hat er seine allerletzte Rolle gespielt, und das mit Bravour.

Französischer Originaltrailer zu "Plus Que Jamais" von Regisseurin Emily Atef

Besonders stark in "Mehr denn je" sind die schauspielerischen Leistungen

Zusammen entwickeln Gaspard Ulliel und Vicky Krieps ein feinfühliges Beziehungsdrama.
Zusammen entwickeln Gaspard Ulliel und Vicky Krieps ein feinfühliges Beziehungsdrama.  © PR/Pandora Film

Die Mischung aus widerstreitenden Gefühlen, die er für seine vielschichtige Frau empfindet, bringt er gekonnt zum Ausdruck. Damit setzte Ulliel sich selbst ein absolut würdiges Denkmal. Vor allem seine letzte Szene wird Zuschauenden wahrscheinlich lange im Gedächtnis bleiben.

Zugegeben, das Thema Sterben ist auch in diesem Kino-Jahr nicht neu und "Mehr denn je" trifft auch keine radikalen neuen Aussagen über ein selbstbestimmtes Lebensende. Was neben den Darstellern heraussticht, ist weniger die Idee als ihre Umwandlung in lichtdurchflutete, ruhige Bilder und eine intime Tontechnik, die jedes Husten der Hauptfigur einfängt.

Vor dem Hintergrund gewaltiger, wunderschöner Fjorde geht es um schwierige Kommunikation, die therapeutische Wirkung der Natur und einen absoluten Liebesbeweis. Wer hochwertige schauspielerische Leistungen und feinfühlige Dramen schätzt, dem sei "Mehr denn je" wärmstens ans Herz gelegt.

Titelfoto: PR/Pandora Film

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