LIAS schaffte es erst nach Umwegen mit eigener Musik auf die Bühne: "Mach was gescheites"

Hamburg - LIAS, eigentlich Elias Wuermeling (30), sammelte erste Bühnenerfahrungen als Chorknabe und sang sogar schon im Vatikan. Was den Singer/Songwriter bis heute an der "Klassik" begeistert und warum "Melancholie" eines seiner Lieblingsgefühle ist, erklärt der 30-Jährige TAG24 im Rahmen seiner "Autumn Acoustic Tour".

LIAS, eigentlich Elias Wuermeling (30): "Melancholie ist tatsächlich eines meiner Lieblingsgefühle, das mich am meisten inspiriert."
LIAS, eigentlich Elias Wuermeling (30): "Melancholie ist tatsächlich eines meiner Lieblingsgefühle, das mich am meisten inspiriert."  © 2021_artonsefa.com

TAG24: Du stehst schon seit Deiner Kindheit auf der Bühne. Sogar in der Sixtinischen Kapelle durftest Du schon singen. Welcher Auftritt, welche Person hat Dich besonders beeindruckt oder geprägt?

LIAS: Ich glaube, das kann ich gar nicht spezifisch an einer Situation oder Person festmachen. Es gab wahnsinnig viele schöne Momente, die auch im Zusammenspiel dazu geführt haben, wer ich heute bin und was ich mache. Dafür bin ich sehr dankbar.

Konzert-Momente wie damals in der Sixtinischen Kapelle oder aber auch, als das Publikum zum allerersten Mal einen meiner eigenen Songs mit mir gesungen hat, berühren mich genau so, wie der Moment, als ich zum ersten Mal eine Billy Joel Platte im Schrank meiner Eltern entdeckt und gehört habe.

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TAG24: Du hast eine klassische Gesangsausbildung absolviert. Wie kam es überhaupt dazu?

LIAS: Meinen Eltern war eine musikalische Grundausbildung wahnsinnig wichtig. Das hieß für meine Brüder und mich, jeder lernt ein Instrument und geht in die musikalische Früherziehung. Die fand damals bei den Augsburger Domsingknaben statt. Danach habe ich dann angefangen, dort im Chor zu singen, habe meine ersten Gesangsstunden erhalten und stand später unter anderem auch als Solist auf der Bühne.

"Mach was Gescheites"

Barfuß am "Klavier" – LIAS.
Barfuß am "Klavier" – LIAS.  © 2021_artonsefa.com

TAG24: Denkst Du, solch eine Ausbildung sollte eine Grundvoraussetzung für einen Musiker sein? Inwiefern hilft sie Dir jetzt noch im Beruf?

LIAS: Egal, in welchem Bereich man unterwegs ist: Ich denke, eine gute Ausbildung und das richtige Training sind enorm wichtig – das gilt natürlich besonders fürs Singen, da das Instrument die eigene Stimme ist und man umso mehr darauf aufpassen muss. Man kann sie schließlich nicht mal eben wie eine Gitarre in einen Koffer packen und wegstellen.

TAG24: Statt "Klassik" machst Du jetzt melancholischen Pop. Hast Du der "Klassik" jetzt komplett den Rücken zugekehrt?

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LIAS: Der Musik "Klassik" habe ich ganz und gar nicht den Rücken gekehrt – ich liebe die Tiefe und Emotionalität, die in ihr stecken, und sie hat nach wie vor auch großen Einfluss auf mich persönlich und mein musikalisches Schaffen.

Allerdings ist die Welt, in der die Klassik viel stattfindet, oft mit einem sehr konservativen Wertesystem verknüpft. Damit bin ich aufgewachsen, und von vielen der Glaubenssätze, die damit verbunden sind, wollte ich mich lösen – und löse ich mich immer noch. Einen Teil dieses Prozesses auch in meiner eigenen Musik zum Ausdruck bringen zu können und zu verarbeiten, ist dabei enorm wichtig und hilfreich für mich.

TAG24: Inzwischen bist Du Songwriter. Es heißt, Du hast es mit Deiner Musik "nach Umwegen" auf die Bühne geschafft. Welche waren das?

LIAS: Die Umwege haben ihren Ursprung im Konservativen meiner Kindheit, "Mach was Gescheites" war da das Motto. Nach der Schule habe ich mich noch nicht getraut, Musik nicht nur als Berufung, sondern auch als Beruf zu sehen. Daher habe ich BWL studiert und verschiedene Praktika gemacht, zum Beispiel im Sales oder Investmentbanking, und dann eine Zeit bei einem Berliner Start-up gearbeitet. Aber je mehr ich mich von der Musik entfernt habe, desto mehr habe ich gemerkt: Musik ist mein Leben und mein Platz ist auf der Bühne.

LIAS auf Instagram

LIAS Songs laden zum Weinen ein

TAG24: Deine Songs laden zum Weinen ein, sind größtenteils melancholisch. Was inspiriert Dich? Wie würdest Du Deine Musik selbst beschreiben?

LIAS: Melancholie ist tatsächlich eines meiner Lieblingsgefühle, das mich am meisten inspiriert. Denn in ihr steckt nicht nur ein trauriges, weinendes Auge, sondern auch eines, das hoffnungsvoll, fröhlich nach vorne blickt.

Die Songs, die ich bisher im Studio aufgenommen habe, sind eher auf der traurigen Seite, aber besonders live in Konzerten versuche ich natürlich, auch mit frohen Songs die Balance dieser Welt auf die Bühne zu bringen. Nur heulen hält ja niemand aus… (lacht).

Meinen Sound würde ich also am ehesten so beschreiben: melancholisch, ehrlich und facettenreich.

TAG24: Welches Deiner Lieder bedeutet Dir persönlich am meisten?

LIAS: Das fühlt sich an, als müsste ich jetzt mein Lieblings-Kind auswählen. Das kann ich nicht … Jeder Song hat für sich seine ganz eigene Bedeutung und erzählt auch im Zusammenspiel mit den anderen eine Geschichte.

"Run Boy Run"

LIAS möchte Menschen mit seiner Musik berühren

LIAS hat sich aus seinem klassischen Korsett gelöst. "Die Welt, in der die Klassik viel stattfindet, oft mit einem sehr konservativen Wertesystem verknüpft."
LIAS hat sich aus seinem klassischen Korsett gelöst. "Die Welt, in der die Klassik viel stattfindet, oft mit einem sehr konservativen Wertesystem verknüpft."  © 2021_artonsefa.com

TAG24: Internationale Medien haben Dich inzwischen auch schon auf dem Schirm und feiern Deine "tief ergreifende Stimme". Was lösen solche Loblieder in Dir aus?

LIAS: Das freut mich natürlich wahnsinnig. Und bekräftigt mich auch, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Denn ich möchte Menschen mit meiner Musik berühren und so eine gemeinsame Verbindung schaffen. Das ist etwas Wunderbares und gerade in Zeiten wie diesen brauchen wir solche Momente der Verbundenheit noch viel mehr.

TAG24: Du stehst demnächst im Rahmen Deiner "Autumn Acoustic Tour" unter anderem auch in Hamburg auf der Bühne. Wie fühlst Du Dich? Was dürfen Fans und Fans in spe erwarten?

LIAS: Es ist das erste Mal, dass ich in Hamburg spielen darf, ich freu' mich wahnsinnig und bin auch schon ziemlich aufgeregt. Im Konzert gibt's einfach schöne Herbst-Acoustic Vibes, die zu einer kurzen, melancholischen Auszeit vom Alltag einladen - mit einem lachenden und einem weinenden Auge, und wahrscheinlich ein paar schlecht improvisierten Dad-Jokes zwischen den Songs …

Ab dem 13. November spielt LIAS seine "Autumn Acoustic Tour". Tickets für die Shows in Hamburg, Berlin, Köln und München erhaltet Ihr unter tisislias.com.

Titelfoto: 2021_artonsefa.com

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