"Hitler-Tagebücher" machten ihn berühmt: Gerd Heidemann ist tot
Von Ann-Kristin Wenzel
Hamburg - Der ehemalige "Stern"-Reporter Gerd Heidemann ist im Alter von 93 Jahren gestorben.
Er galt einst als gewissenhafter Rechercheur, doch heute ist sein Name vor allem verbunden mit einem der größten Medienskandale Deutschlands. Nachdem sich die "Hitler-Tagebücher" 1983 als Fälschung herausgestellt hatten, schied er beim "Stern" aus.
Nun ist Heidemann in einem Krankenhaus in Hamburg gestorben, wie seine Lebensgefährtin der Deutschen Presse-Agentur in Hamburg sagte. Auch der "Stern" bestätigte den Tod Heidemanns unter Berufung auf Familienangehörige. Zuerst hatte das Onlinemagazin "t-online" berichtet.
Der "Stern" hatte die "Hitler-Tagebücher" damals als historische Sensation angekündigt. Am 22. April 1983 war der "Stern" mit der Mitteilung an die Öffentlichkeit getreten, er habe insgesamt etwa 60 geheime Tagebücher Adolf Hitlers aus der Zeit vom 22. Juni 1932 bis Mitte April 1945 entdeckt.
Drei Tage später präsentierte die Chefredaktion die vermeintlichen Tagebücher, aufgespürt von Reporter Heidemann. Nun müsse "die Biografie des Diktators und mit ihr die Geschichte des NS-Staates in großen Teilen neu geschrieben werden", hieß es.
"Hitler-Tagebücher": Gerd Heidemann fiel auf den Fälscher Konrad Kujau rein
Heidemann gab an, die "Dokumente" seien an Bord einer "Ju 352"-Propellermaschine gewesen, die in den letzten Kriegstagen geheimes Material aus dem Führerbunker in Berlin ausfliegen sollte und südlich von Dresden abgestürzt sei.
Die ersten wörtlichen Auszüge aus den angeblichen Tagebüchern formulierten eine teilweise abschätzige Kritik Hitlers an seinen engsten Mitarbeitern im Führungsstab. Den Eintragungen nach waren Hitler auch die Willkürakte gegen Juden zu weit gegangen. Außerdem zeigten sie das Bild eines "menschlichen" Hitlers, der sich unter anderem um die Gesundheit seiner Geliebten Eva Braun sorgte.
Namhafte deutsche Professoren wie Werner Maser, Karl Dietrich Bracher, Martin Broszat und Eberhard Jäckel waren skeptisch und bezweifelten die Echtheit der Notizen. Eine Untersuchung durch das Bundesarchiv in Koblenz entlarvte die "historische Sensation" letztendlich als Produkt einer Fälscher-Werkstatt.
Heidemann war auf den Fälscher Konrad Kujau hereingefallen. Der Verlag Gruner+ Jahr hatte 9,3 Millionen Mark in bar für die vermeintliche Sensation ausgegeben. Kujau kassierte viereinhalb Jahre Haft für den Riesenschwindel, von denen er drei absaß. Mitte September 2000 starb er schließlich.
Auch Heidemann wurde verurteilt, zu vier Jahren und acht Monaten, weil ihm das Gericht nicht glaubte, dass er die Millionen komplett an Kujau weitergereicht hatte. Noch Jahrzehnte später betonte er, kein Geld unterschlagen zu haben.
Erstmeldung: 16.52 Uhr. Aktualisiert: 17.07 Uhr
Titelfoto: Chris Pohlert/dpa