Aus Familienvater Jürgen wurde Maria: "Hätte gern als Mann weitergelebt, aber..."

Leipzig - Wie bunt ist Mitteldeutschland? Dieser Frage geht MDR-Reporter Stefan Ganß (42) nach, der sich in der zweiten Folge der Diversity-Serie dem Thema der geschlechtlichen Identität befasst.

Maria Jedamczik (linke Hälfte) und Georgine Kellermann leben heute als Frau.
Maria Jedamczik (linke Hälfte) und Georgine Kellermann leben heute als Frau.  © MDR

Am heutigen Dienstag (31. Mai) feiert der Diversity-Tag in Deutschland seinen zehnten Geburtstag. In der MDR-Serie "Ganß anders - Wie bunt ist Mitteldeutschland" trifft Stefan Ganß in fünf Folgen Menschen, die anders sind als er.

So auch Maria Jedamczik, die als Jürgen geboren wurde, seit 2004 aber als Frau lebt. "Du merkst, dass du mit dieser Jungs-Rolle, mit dieser Mann-Rolle überhaupt nicht einig bist. Seitdem ich klein bin, wollte ich mich immer als Mädchen zeigen. Und das durfte ich nicht", sagt sie in der Dienstag-Folge.

"Ich habe immer gefühlt, dass das Geschlecht, mit dem ich geboren bin, nicht zu dem passt, was ich fühle. Aber ich hatte zwei Söhne, wollte für die auch ein guter Elternteil sein und ihnen keine Schwierigkeiten machen", so die Kontrabassistin, die an der Anhaltischen Philharmonie in Dessau tätig ist.

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Ihre erste Frau Veronika merkte laut eigenen Aussagen sofort, dass sich Jürgen nicht als Mann fühlt. Doch er bestritt alles, führte die Rolle des Mannes und Vaters jahrelang aus. "Ich wollte das nicht wahrhaben und habe mich erst viel später intensiv damit auseinandergesetzt. Ich bin von einem Therapeuten zum nächsten gegangen, hab gesagt 'Leute, helft mir bitte, ich möchte das nicht, ich möchte bitte ein anständiger Mann sein'."

Erst, als die Kinder ausgezogen waren, führte der Familienvater das Leben, das er insgeheim immer wollte. Als Frau. Als Maria. Trotzdem sagt sie: "Ich hätte gern als Mann weitergelebt, aber es war nicht meine Natur."

Wie bunt ist Mitteldeutschland?: Georgine Kellermann outete sich auf dem Weg in den Urlaub

Georgine Kellermann (64), Leiterin des WDR-Studios Essen, war bis 2019 noch Georg Kellermann.
Georgine Kellermann (64), Leiterin des WDR-Studios Essen, war bis 2019 noch Georg Kellermann.  © MDR

Georgine Kellermann (64) ist Leiterin des WDR-Studios Essen. Bis zu ihrem öffentlichen Outing im Jahr 2019 lebte sie für 62 Jahre als Mann.

Zwar bekommt sie neben positivem Feedback auch negatives, berichtet aber: "Die warmherzigen, empathischen, zugewandten Äußerungen sind so unglaublich mehr, dass die wenigen abschätzigen mehr als aufgewogen werden."

Die Journalistin führt auch den Fachkräftemangel in Deutschland dafür an, dass Diversität schneller und besser aufgenommen wird, als es ohne diesen der Fall wäre. Und: "Die Zeit heute ist reif dafür, dass man nicht nur aus empathischen Gründen divers werden will, sondern auch aus wirtschaftlichen."

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Der Zeitpunkt ihres Outings war spontan und ungewöhnlich. Auf dem Weg in den Urlaub - mit Ballerinas an den Füßen und lackierten Fingernägeln - sei sie einer überraschten Kollegin begegnet. "Herr Kellermann, sind Sie verkleidet?", habe sie gefragt. Die stolze Antwort: "Nein, ich bin eine Frau", worauf die Kollegin mit "cool" reagierte.

Die Akzeptanz in der Gesellschaft für Transsexualität sei zwar besser geworden, doch ihre und Marias Geschichte ist keinesfalls auf alle zutreffend, stellt Kellermann klar. Immerhin kann die 64-Jährige jetzt aber offener leben: "Ich find mich viel, viel besser als vorher!"

Stefan Ganß (42) hat sich mit zwei Frauen getroffen, die als Männer geboren wurden.
Stefan Ganß (42) hat sich mit zwei Frauen getroffen, die als Männer geboren wurden.  © MDR/Peter Komarowksi

"MDR um 2" zeigt bis einschließlich Freitag weitere Folgen seiner Diversity-Serie. In der ARD-Mediathek gibt es alle Episoden schon jetzt auf Abruf.

Titelfoto: MDR

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