Warum der NDR die Doku über Völkermord in Namibia aus dem Programm nimmt

Hamburg - Der NDR hat die Dokumentation "Deutsche Schuld - Namibia und der Völkermord" nach Kritik, auch von den Protagonisten selbst, aus dem Programm genommen.

Darsteller in Ketten demonstrieren die Behandlung von Hereros im Jahre 1904 durch Deutsche Truppen im heutigen Namibia bei einer Veranstaltung zum Gedenken an den Herero-Aufstand. (Archivbild)
Darsteller in Ketten demonstrieren die Behandlung von Hereros im Jahre 1904 durch Deutsche Truppen im heutigen Namibia bei einer Veranstaltung zum Gedenken an den Herero-Aufstand. (Archivbild)  © Wiebke_Gebert/epa/dpa

Sucht man nach der von Aminata Belli (31) präsentierten Dokumentation findet man diese nun nicht mehr in der Mediathek. Der NDR hat sie offline gestellt und verzichte auf eine weitere Ausstrahlung.

Laut Statement habe die Redaktion positive aber auch kritische Reaktionen erreicht. "Unter anderem geht es dabei um minderjährige Protagonisten, die sich in der Doku nicht adäquat dargestellt sehen", heißt es in der Stellungnahme.

Es entspreche den redaktionellen Standards des NDR, Produktionen auch nach ihrer Veröffentlichung kontinuierlich kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls zu korrigieren.

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"Diese Prüfung hat bis heute keine formalen Gründe ergeben, die Doku nicht länger im NDR Programm anzubieten. Der NDR bietet in diesem besonderen Fall die Dokumentation nicht mehr an, weil schutzbedürftige Protagonistinnen und Protagonisten, denen diese Doku eine Stimme geben sollte, sich missverstanden und in einen falschen Kontext gestellt fühlen."

Laut DWDL.de hätten "vorkommende Personen ihre Einverständniserklärung zurückgezogen". Jugenddiakon Markus Lägel warf den Journalisten nach Angaben des Magazins "unlautere" Arbeit vor. Dorothee Bär (45, CSU) sprach von einem Medienskandal.

Die unterschiedlichen Reaktionen auf den Film würden die enorme Relevanz des darin gesetzten Themas belegen, schreibt der NDR weiter.

"Sie zeigen auch, dass diese 45-minütige Presenter-Doku die Erwartungen gar nicht erfüllen kann, die unterschiedlichen Diskurse zum Umgang mit kolonialer Vergangenheit in Deutschland und Namibia umfassend abzubilden."

Sender plant ein Radiofeature

Aminata Belli sprach mit den Menschen in Namibia über den Völkermord. (Archivbild)
Aminata Belli sprach mit den Menschen in Namibia über den Völkermord. (Archivbild)  © Henning Kaiser/dpa

Das Thema wird aber nicht zu Grabe getragen. Der Sender plant, sich "Namibias Geschichte von Leid, Unterdrückung und der Deutschen Verantwortung für das koloniale Unrecht innerhalb der kommenden Monate in vertiefender Form" zu widmen. Unter anderem mit einem Radiofeature.

Die Dokumentation behandelt den ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts in Namibia, damals Deutsch-Südwestafrika.

Zwischen 1904 und 1908 starben dort bis zu 60.000 Ovaherero und 10.000 Nama durch deutsche Kolonialisten. Die Folgen sind heute noch in der Gesellschaft spürbar, heißt es in der Inhaltsangabe der inzwischen offline gestellten Dokumentation.

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Aminata Belli war für die diese in das Land gereist, um mit den Menschen vor Ort zu sprechen.

Titelfoto: Wiebke_Gebert/epa/dpa

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