Kopfschuss an der Landstraße: Deshalb musste Gold-Dealer Okan A. sterben

Leipzig/Berlin - Es war einer der ersten deutschen Kriminalfälle, bei denen sogenannte Mantrailing-Hunde zum Einsatz kamen: Im Juli 2009 wurde nahe Berlin ein toter Mann gefunden. Dem komplexen Fall widmete "Kripo live - Tätern auf der Spur" nun einen eigenen Beitrag.

Am 11. Juli 2009 wurde auf einer Landstraße bei Berlin ein erschossener Mann gefunden. Es handelte sich um den Goldhändler Okan A.
Am 11. Juli 2009 wurde auf einer Landstraße bei Berlin ein erschossener Mann gefunden. Es handelte sich um den Goldhändler Okan A.  © Screenshot MDR-Mediathek

Ein Radfahrer entdeckte am 11. Juli 2009 auf einer Landstraße bei Berlin einen nur mit Unterwäsche bekleideten leblosen Mann und verständigte sofort die Polizei. Das Opfer war mit einem Schuss in den Hinterkopf getötet worden.

"Ich hatte gleich, als er anrief, ein ganz merkwürdiges Gefühl", erinnerte sich der führende Ermittler Peter Augustin im MDR-Beitrag zurück. Schon bald waren in den Fall mehr als 30 Beamte der erweiterten Mordkommission involviert.

Der Tote konnte als der 26-jährige Okan A. aus Berlin identifiziert werden, der einige Tage zuvor vermisst gemeldet worden war. Die Tatsache, dass sein Auto am 10. Juli auf einem Rastplatz kurz vor Sachsen-Anhalt in Brand gesteckt worden war, gab den Ermittlern weitere Rätsel auf.

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Zunächst gab es keinerlei brauchbare Spuren und damit auch keinen Ermittlungsansatz: "Irgendwie kommuniziert dieser Tatort nicht mit uns", hatte Augustin damals über den Fundort der Leiche mit seinen Kollegen gesprochen.

Einen Stoß in die richtige Richtung lieferten Nachforschungen über das Berufsleben des Verstorbenen: Okan A. hatte seinen Lebensunterhalt mit dem An- und Verkauf von Gold verdient. Er war außerdem dafür bekannt gewesen, stets mehrere Tausend Euro Bargeld mit sich herumzutragen. Hier sahen die Ermittler ein mögliches Mordmotiv.

Der 26-jährige Okan A. wurde im Juli 2009 von zwei Bekannten entführt, beraubt und dann erschossen.
Der 26-jährige Okan A. wurde im Juli 2009 von zwei Bekannten entführt, beraubt und dann erschossen.  © Screenshot MDR-Mediathek

Mantrailing-Hunde sorgten für den Durchbruch bei den Ermittlungen

Während die Leiche nahe Okans Heimatstadt Berlin gefunden wurde, brannte sein Auto weit entfernt an der Grenze zu Sachsen-Anhalt aus.
Während die Leiche nahe Okans Heimatstadt Berlin gefunden wurde, brannte sein Auto weit entfernt an der Grenze zu Sachsen-Anhalt aus.  © Screenshot MDR-Mediathek

Die wohl größte Herausforderung der Mordkommission war die Verbindung der drei wichtigsten Schauplätze des Falls: Dem Wohnort des Toten in Berlin, dem Leichenfundort am Stadtrand, sowie dem Brandort seines Wagens an der A9.

Bei der Auswertung der Handynetz-Daten an allen drei Orten stießen die Ermittler schließlich auf eine Nummer, die im Tatzeitraum an allen drei relevanten Funkmasten auftauchte. Nach einigen Rückschlägen konnte die Handynummer auf einen Bekannten des Toten zurückgeführt werden: Ismet S. aus Berlin.

Diese Erkenntnis brachte die Polizisten allerdings nicht wirklich weiter: Sowohl gegen Ismet als auch gegen Ali S. - der viel telefonischen Kontakt mit Ismet hatte und als zweiter Täter infrage kam - lagen noch immer keine handfesten Beweise vor.

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Und genau hier wandte die Mordkommission eine umstrittene und von vielen Menschen als "Pseudo-Wissenschaft" abgetane Methode an: sogenannte Mantrailing-Hunde. Die Vierbeiner können auch mehrere Monate alte Spuren stundenlang verfolgen - egal ob der/die Gesuchte im Auto oder zu Fuß unterwegs gewesen war. So auch in diesem Fall, bei dem die Hunde ihre Führer sowohl vom Brand- als auch vom Leichenfundort schnurstracks zu Ismets Wohnung führten. Volltreffer!

Als dann auch noch Alis DNA an Okans Unterwäsche festgestellt wurde, bestand kein Zweifel mehr: Ismet S. und Ali S. hatten ihr Opfer festgehalten, dessen Auto angezündet und ihn schließlich an der Landstraße ermordet. Am 11. November 2009 - genau vier Monate nach dem Leichenfund - wurden die beiden Männer festgenommen. 2011 wurden sie zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt.

Bis heute ist nicht ganz klar, wie Mantrailing-Hunde selbst die kleinsten Spuren über mehrere Kilometer problemlos verfolgen können.
Bis heute ist nicht ganz klar, wie Mantrailing-Hunde selbst die kleinsten Spuren über mehrere Kilometer problemlos verfolgen können.  © Screenshot MDR-Mediathek

Okan A. wurde aus Habgier getötet

In der Wohnung von Ismet S. in Berlin hielten die Täter ihr Opfer gefangen, bevor sie ihn zur Landstraße brachten und dort erschossen.
In der Wohnung von Ismet S. in Berlin hielten die Täter ihr Opfer gefangen, bevor sie ihn zur Landstraße brachten und dort erschossen.  © Screenshot MDR-Mediathek

Nach Abschluss der Ermittlungen konnte dann auch der genaue Tatverlauf rekonstruiert werden: So war Okan A. am Abend des 9. Juli 2009 mit Freunden in einem Restaurant essen gewesen und hatte wie immer jede Menge Bargeld (47.000 Euro!) bei sich.

Nach dem Treffen wurde er von Ismet und Ali in der Tiefgarage übermannt und in sein Auto gedrängt. Okans Geld nahmen sie natürlich an sich.

Auf dem Rastplatz in Brandenburg stellten sie den BMW des Opfers ab (wenig später kam Ali wieder und zündete ihn an, vermutlich um Spuren zu verwischen) und fuhren weiter zu Ismets Wohnung in Berlin.

Dort fesselten sie Okan an die Heizung und zwangen ihn, einen Kollegen anzurufen: Der sollte 100.000 Euro aus Okans Besitz einsammeln und die Scheine hinter einem Kleidercontainer ablegen. Das Geld holten sich die Täter wenig später ab - damit wollten sie unter anderem ihre Schulden abbezahlen und einen eigenen Imbiss eröffnen.

Da ihnen klar war, dass Okan sich nach seiner Freilassung an ihnen rächen würde, heckten sie den Plan aus, ihn zu töten. Also fuhren sie mit ihm zu der abgelegenen Landstraße, stahlen seine Kleidung und schossen ihm in den Hinterkopf. Wer von den beiden den tödlichen Schuss abfeuerte, ist bis heute ungeklärt.

Den gesamten Beitrag "Kripo live - Tätern auf der Spur: Goldrausch" könnt Ihr am Mittwochabend um 21.15 auf MDR oder bereits jetzt in der Mediathek des Senders sehen.

Titelfoto: Montage Screenshot MDR-Mediathek

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