Ulrich Wickert über das Problem mit Fremdwörtern: "Glauben Sie, die versteht jeder?"

Leipzig - 16 Jahre ist Ulrich Wickert (79) schon nicht mehr als Moderator aktiv - und gilt trotzdem auch heute noch als "Mr. Tagesthemen". Zu Gast im "Riverboat" sprach der Journalist darüber, wie wichtig es ist, Sprache klar zu formulieren - und warum er als Nachrichtensprecher stets auf Fremdwörter verzichtet hat.

Moderator Ulrich Wickert (79) war am Freitag zu Gast im "Riverboat".
Moderator Ulrich Wickert (79) war am Freitag zu Gast im "Riverboat".  © Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa

"Als Journalist hab ich immer gesagt: Ich bin ein Aufklärer", erklärte Wickert im Gespräch mit Moderatorin Kim Fisher (53).

Was das für den ehemaligen Nachrichtensprecher bedeutet: "Informationen zu vermitteln, damit der Zuschauer oder der Leser dann seine Vernunft walten lassen und sagen kann: 'Jetzt, da ich das und das gehörte habe, kann ich folgenden Schluss daraus ziehen, kann ich denken.' Das ist für mich eines der wichtigsten Dinge."

Um dies zu erreichen, bedürfe es jedoch einer klaren und einfachen Sprache. Auch Moderatorin Fisher wies darauf hin, dass ihr Star-Gast nie ein Freund komplierter Fremdwörter war. Viel wichtiger sei es, dass die Menschen verstehen, was er vermitteln will.

Riverboat: Angel-Königin Daniela: An diesen Gewässern sind die Erfolgs-Aussichten jetzt am größten
Riverboat Angel-Königin Daniela: An diesen Gewässern sind die Erfolgs-Aussichten jetzt am größten

"Mir schrieb einmal eine Zuschauern: 'Herr Wickert, in ihrer vergangenen Sendung waren 79 Fremdworte. Glauben Sie, die versteht jeder?' Da habe ich nachgedacht und habe versucht, Fremdworte nicht mehr zu benutzen."

"Dort, wo Menschen verfolgt werden, sollte man es auch so nennen"

15 Jahre, von 1991 bis 2006, moderierte Wickert die "Tagesthemen" im Ersten, galt damit lange Zeit als dienstältester Moderator der Sendung. Im September gab "Mr. Tagesthemen" diesen Titel an seine Kollegin Caren Miosga (53) ab, die ihn mittlerweile um einige Monate überholt hat.
15 Jahre, von 1991 bis 2006, moderierte Wickert die "Tagesthemen" im Ersten, galt damit lange Zeit als dienstältester Moderator der Sendung. Im September gab "Mr. Tagesthemen" diesen Titel an seine Kollegin Caren Miosga (53) ab, die ihn mittlerweile um einige Monate überholt hat.  © Ulrich Perrey/dpa

Wickerts Bemühungen gingen so weit, dass er sogar auf das Wort "Holocaust" verzichtete und stattdessen von "Judenvernichtung" sprach.

"Da sagte mir dann jemand: Wie kann man denn von Judenvernichtung sprechen, das klingt ja wie Ungeziefer!", erinnerte sich der Moderator. Wickerts Antwort: "So war es gemeint. Ich finde, dass ist das Wichtige, dass wir mit einem Wort auch das Wahre und Schreckliche klar machen, als dass es mehr eine Floskel darstellt."

Zustimmung erhielt er dabei von Moderator, Jurist und Publizist Dr. Michel Friedman (66), der am Freitag ebenfalls zu Gast war. "Ich finde, Judenvernichtung ist das Mindeste an Klarstellung."

Riverboat: "Ich hab ja keine andere Wahl!": So geht es Franz Müntefering nach seiner Herz-OP
Riverboat "Ich hab ja keine andere Wahl!": So geht es Franz Müntefering nach seiner Herz-OP

Er selbst spreche auch nicht gern von Antisemitismus, sondern von Judenhass. "Da ist nämlich so eine kleine Mauer für die Emotion und die Vernunft auch drin."

Friedmans Forderung: "Dort, wo Menschen verfolgt werden, sollte man es auch so nennen und es nicht in irgendeiner Form mit Abstand oder Verharmlosung umschreiben."

Titelfoto: Montage: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa + Ulrich Perrey/dpa

Mehr zum Thema Riverboat: