Packender Thriller im Mafia-Milieu: 180 Minuten volle "Tatort"-Dröhnung
Hannover - Absolutes Novum in der "Tatort"-Geschichte: Am heutigen Sonntag ermittelt Wotan Wilke Möhring (58) als Thorsten Falke stolze 180 Minuten am Stück. Allein füllt der Bundespolizist die doppelte Sendezeit aber nicht aus.
So bekommt er in den Folgen "Ein guter Tag" und "Schwarzer Schnee" mit dem Computer-Nerd Mario Schmitt (Denis Moschitto, 48) einen neuen festen - wenn auch seltsamen - Partner zugeteilt.
Der erste Fall führt das ungleiche Duo auf einen Campingplatz in die Niederlande. Hier verschwand ein deutscher Autohändler.
Doch schon bald stellt sich heraus, dass Joe Glauning, der eigentlich Carsten Kellmann heißt (Andrei Viorel Tacu, 37, spielt diese Doppelrolle in ihrer Zerrissenheit großartig), ein verdeckter Ermittler und auf den Spuren der Mocro-Mafia war.
Die sorgt im Nachbarland mit ungeheurer Brutalität und jugendlichen Auftragskillern für Aufsehen.
Bestens vertraut mit den Methoden der Drogenbosse ist die niederländische Kollegin Lynn de Baer (Gaite Jansen, 33), die das deutsche Duo unterstützt.
Lohnt sich das Einschalten?
Ja! Die Doppelfolge ist hochaktuell, beschäftigt sich im deutsch-niederländischen Grenzgebiet mit der Mocro-Mafia, die in unserem Nachbarland vor nichts zurückschreckt und sogar die künftige Königin der Niederlande, Prinzessin Amalia (22), bedroht hat.
Auch die Rekrutierungsmaßnahmen - im Krimi anhand des jungen Sami (Hamza Iallouchen) erzählt - basieren auf realen Fakten. Und auch der Versuch der Mafia, in Deutschland Fuß zu fassen, scheint nach den Anschlägen in Köln oder Hamburg zur traurigen Wahrheit zu werden.
Die größte Herausforderung für Regisseur Hans Steinbichler (59, "Das Tagebuch der Anne Frank"), der mit der Doppelfolge sein "Tatort"-Debüt feiert: eine Vielzahl von Handlungssträngen, Schauplätzen und Personen, die auch noch in drei Sprachen sprechen, auf 180 Minuten (selbst "Avatar" ist kürzer) so zu erzählen, dass die Spannung nicht verloren geht. Das Ergebnis ist packend, aber wie der TV-Zuschauer auf diese Überlänge reagiert, bleibt abzuwarten.
Äußerst unterhaltsam ist definitiv die Rolle des Mario Schmitt, der mit seiner fast kindlichen Naivität und sozialen Inkompetenz dem brutalen Krimi eine unterhaltsame Note verleiht. Falke bezeichnet ihn als "Vogel", de Baer als "Autisten". Die Sticheleien der beiden nimmt der IT-Spezialist überhaupt nicht wahr, setzt sich während der Ermittlungen immer wieder seine Kopfhörer auf, um sich mit seiner "Denkmusik" besser konzentrieren zu können.
Am Ende überreicht er Falke sogar eine eigene Playlist - der Beginn einer großartigen Zusammenarbeit? Gut möglich!
Titelfoto: NDR/Georges Pauly

