München - Eine junge Schauspielerin bricht während einer Vorstellung von Tschechows Stück "Die Möwe" auf der Bühne des Münchner Residenztheaters zusammen. Sie ist sofort tot.
Nora Nielsen (Giulia Goldammer, 32) war der aufstrebende Star des Theaters. Jung, talentiert, schön.
Von einer Netflix-Serie kommend, war sie ein Glücksgriff für das Haus. Doch irgendwann veränderte sie sich. Wirkte gestresst, kaputt, nahm Tabletten, um spielfähig zu sein.
Ihre letzte Vorstellung wollte sie gar nicht mehr geben. Zunächst hieß es: Suizid.
Doch dann betreten Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl, 67) und Ivo Batic (Miroslav Nemec, 71) die Bühne: "Wir sind von der Mordkommission", erklären sie dem Ensemble. "Nein. Wir sind eine Familie, wir passen aufeinander auf", meint die Intendantin Freya von Kaltenberg (Anna Stieblich, 60) schockiert.
Doch tatsächlich haben im "Tatort: Das Verlangen", den das Erste am zweiten Weihnachtsfeiertag um 20.15 Uhr zeigt, so einige ihrer Stars ein Motiv: Da wäre Johannes Lange (Robert Kuchenbuch, 58), dem Nora den Laufpass gab, Stella (Luzia Oppermann, 31), die gern ihre Rolle gehabt hätte und auch Gina Rohland (Ursina Lardi, 54), seit 25 Jahren am Theater, könnte durchaus ein Problem mit der Konkurrenz gehabt haben. Doch wer war es?
Lohnt sich das Einschalten?
Ja. Grundsätzlich schaut man dem Team mit einer gewissen Wehmut zu. Denn 2026 verabschieden sich die Kultkommissare mit einer Doppelfolge in den Ruhestand.
Der Weihnachts-"Tatort" bereitet das TV-Publikum mit zahlreichen Spitzen der Mordverdächtigen bereits darauf vor. So philosophiert der in die Jahre gekommene Lange über die Austauschbarkeit von Schauspielern, zieht den Vergleich zu den Ermittlern: "Wenn Sie aufhören, irgendwann Mörder zu suchen, wird's irgendjemand anders tun – und keinen interessiert's."
Doch auch abseits dieser Dialoge ist der als Kammerspiel inszenierte Krimi durchaus sehenswert. Leitmayr und Batic ermitteln konzentriert, hören sogar während der Vorstellung, die nur einen Abend nach dem Mord gegeben wird, nicht auf, Fragen zu stellen. "The Show must go on", meint Leitmayr auf die Entscheidung der Intendantin zynisch.
Im letzten Akt, der sich über zwölf Minuten erstreckt, enthüllen die beiden schließlich den Mörder. "Eine gute Vorstellung", lobt Rohland. Und auch Lange gibt zu: "Vielleicht hab' ich falsch gelegen, vielleicht werden die Leute Sie doch vermissen, wenn Sie irgendwann nicht mehr da sind." Recht haben sie!