Vom Moor-Mörder entführt: "Wusste nicht, wie lange ich noch zu leben habe"
Stendal/Celle - Blond, schlank, zwischen sechs und neun Jahren: So das Beuteschema des Serienmörders Thomas E., der in den Neunzigern kleine Jungen entführte, missbrauchte und tötete. Die dreiteilige ARD-Doku "Letzte Ausfahrt Todesmoor" widmet sich den schrecklichen Kriminalfällen und spricht sogar mit einem Mann, der solch einem Schicksal nur knapp entkommen war.
Alles in Kürze
- Thomas E. entführte und tötete Jungen in den Neunzigern
- Ein Überlebender erzählt von seiner Entführung durch Thomas E.
- Thomas E. nutzte Betäubungsmittel aus seinem Arbeitsplatz
- Der Täter wurde zufällig bei einem Unfall entdeckt
- Die ARD-Doku zeigt die Geschichte des Serienmörders

Im Sommer 1992 erschütterte eine Entführungsreihe Mitteldeutschland. Der damals sechsjährige Michael aus Sachsen-Anhalt und der neunjährige Rudolf aus Niedersachsen wurden beide von einem Mann in ein Auto gelockt.
In beiden Fälle folgte wenig später der Horror-Fund: Die Jungen wurden betäubt, vergewaltigt, erdrosselt, erstochen und dann in einem Wald nahe einem Moor zurückgelassen.
Immerhin eine heiße Spur gab es: Eine Augenzeugin wollte gesehen haben, wie ein junger Mann mit Vokuhila den kleinen Michael in einem blauen Opel Kadett herumgefahren hätte. Für die Ost-West-Soko aus Stendal und Celle begann der Wettlauf gegen die Zeit.
Das erste Antreffen des Moor-Mörders war dann eher zufällig. Der Polizei wurde ein Unfall mit einem blauen Opel Kadett gemeldet und der Fahrer passte perfekt auf die Täterbeschreibung.
Doch der damals 25-jährige Thomas E. erhielt für den Todeszeitpunkt des kleinen Michaels ein Alibi von seiner eigenen Freundin, sodass die Ermittler ihn zunächst ausschlossen.
Rafael überlebte Serienmörder: "Ich hab ihn noch genau vor Augen"

Doch der Täter lernte dazu. Auf seinem nächsten Streifzug nutzte er statt dem verdächtigen Opel lieber das Auto seiner Freundin - einen weißen Skoda - und suchte sich sein Opfer nicht in Mitteldeutschland, sondern in Bayern.
Das wurde dem damals siebenjährigen Rafael fast zum Verhängnis.
Er erinnert sich in der ARD-Doku, dass Thomas E. ihn in Hof auf seinem Nachhauseweg von der Schule angesprochen und behauptet hatte, von seiner Mutter geschickt worden zu sein. Doch Rafael ignorierte ihn, ging weiter, rief sogar um Hilfe. Thomas E. zückte dann ein Messer und zwang ihn, in sein Auto einzusteigen.
"Ich hab ihn noch genau vor Augen, […] ich würde heute auf 500 Metern erkennen, wer das ist", erklärt der inzwischen erwachsene Rafael in der Sendung.
Heim-Betreuer Thomas E. betäubte Opfer mit Medikamenten von der Arbeit

Anschließend fuhren die beiden stundenlang nach München, wo Thomas E. dem Jungen seine gesamte Lebensgeschichte erzählte.
"Innerlich dachte ich mir, es ist sowieso rum, und ich wusste nicht, wie lange ich noch zu leben habe", erklärt Rafael weiter.
Sie kamen schließlich beim Oktoberfest an, wo der Kindermörder dann überraschenderweise die Eltern von Rafael anrief und behauptete, den Jungen auf der Wiesn gefunden zu haben. Die Polizei schaltete sich ein, brachte den Siebenjährigen wohlbehalten zu seinen Eltern zurück und nahm Thomas E. endlich fest.
Auf dem Weg in Richtung Celle gestand er dann seine schlimmen Taten. Als Angestellter eines Heims für behinderte Kinder hatte er Zugang zu dem Betäubungsmittel, was er den Jungen gespritzt hatte.
"Ich hab im Nachhinein erfahren, dass es mein Glück war, dass ich relativ ruhig geblieben bin und er ein Vertrauen zu mir aufgebaut hat", erläutert der Überlebende abschließend. "Das hat mir das Leben gerettet."
Alle Folgen von "Letzte Ausfahrt Todesmoor" seht Ihr ab sofort in der ARD-Mediathek. Die Doku läuft außerdem am Dienstag um 23.50 Uhr im Ersten.
Titelfoto: MDR