Gegen ZDF-Fusion: ARD-Vorsitzender warnt vor Machtkonzentration

Stuttgart - Der Skandal rund um Filzvorwürfe beim ARD-Sender Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) kratzt am Image des gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland. Kritiker wurden lauter. Die Debatte spitzt sich derzeit auf die Frage zu: Sollten ARD und ZDF fusionieren?

Kai Gniffke (62, SPD) spricht sich gegen die Fusion von ARD und ZDF aus.
Kai Gniffke (62, SPD) spricht sich gegen die Fusion von ARD und ZDF aus.  © Bernd Weissbrod/dpa

Der neue ARD-Vorsitzende, Kai Gniffke (62, SPD), hat sich gegen eine Fusion der ARD mit dem ZDF ausgesprochen. Der 62-Jährige sagte in einem Antrittsinterview der Deutschen Presse-Agentur: "Unabhängiger Journalismus ist im Moment auf dem Rückzug, und deshalb wäre der Schritt, jetzt unsere Vielfalt in Deutschland weiter einzuschränken, aus meiner Sicht falsch."

Gniffke sagte auch: "Ich bin der festen Überzeugung, dass uns der publizistische Wettbewerb in Deutschland bisher sehr gutgetan hat."

Der ARD-Vorsitz wechselt von Zeit zu Zeit unter den öffentlich-rechtlichen ARD-Rundfunkhäusern. Der ARD-Chef ist der oberste Repräsentant.

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Der Intendant des Südwestrundfunks (SWR), der den ARD-Vorsitz zum Jahreswechsel übernommen hat, verwies auch hierauf: "Wenn ich mir anschaue, was in Europa um uns herum passiert".

"Wie gerade die BBC klein gemacht wird, dass Frankreich sich aus der unabhängigen Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verabschiedet, in Dänemark der Rundfunk geradezu klein gehackt wird. Auch in Südosteuropa ist freie Berichterstattung in Teilen schwer bedroht."

Auch Intendant des ZDF lehnt Fusion ab

Norbert Himmler (51) findet den Wettbewerb zwischen ARD und ZDF unverzichtbar.
Norbert Himmler (51) findet den Wettbewerb zwischen ARD und ZDF unverzichtbar.  © Arne Dedert/dpa

Vor Tagen hatte sich auch der Intendant des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF), Norbert Himmler (51), in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur ablehnend zu der Fusionsfrage geäußert: "Ich finde es falsch, den publizistischen Wettbewerb von ARD und ZDF infrage zu stellen. Ich halte ihn für essenziell."

Himmler betonte auch: "Es ist wichtig, dass wir in Deutschland einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben, der an entscheidenden Stellen auch im Wettbewerb steht und deshalb auch Pluralität, Vielfalt und Qualität zutage fördert."

Der ZDF-Senderchef ergänzte: "Stellen Sie sich vor, wir hätten nur noch eine öffentlich-rechtliche Nachrichtensendung in Deutschland oder nur noch von einem Sender Wahlberichterstattung.

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Das wäre eine Machtkonzentration in einer Hand, die gerade in Zeiten, in denen gefordert wird, dass Macht möglichst verteilt sein sollte, wirklich falsch ist."

In der Debatte um Reformen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist zuletzt der Gedanke einer Fusion von ZDF und ARD wieder stärker diskutiert worden. Ein Auslöser dafür war eine Rede des Intendanten des größten ARD-Senders Westdeutscher Rundfunk (WDR), Tom Buhrow (64), vor einigen Wochen.

Darin hatte er eine tiefgreifende Neuordnung der Rundfunklandschaft angeregt und dabei auch das Thema Fusion gestreift.

Kai Gniffke: "Wenn ich Amazon wäre, würde ich mich kaputt lachen"

Die Debatte um eine Fusion von ARD und ZDF läuft.
Die Debatte um eine Fusion von ARD und ZDF läuft.  © Soeren Stache/dpa

Medienpolitik in Deutschland ist Ländersache. Per Staatsvertrag legen die Bundesländer den groben Rahmen für die Struktur des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland fest. Sie bestimmen auch die Höhe des Rundfunkbeitrags, mit dem die Häuser von ARD, ZDF und Deutschlandradio finanziert werden - jährlich kommen so mehr als acht Milliarden Euro zusammen.

Buhrow, der bis Jahresende den ARD-Vorsitz innehatte, hatte in seiner Rede auch einen Runden Tisch angeregt, der sich mit der Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beschäftigen könnte. Gniffke sagte darauf angesprochen im dpa-Interview: "Meine spontane Reaktion war: Wer sitzt denn an dem Runden Tisch?"

"Wie lange wird es dauern, bis wir den definiert haben? Was haben die Menschen, die an dem Tisch sitzen, für eine Prokura? Meine Sorge ist, dass das ein Prozess ist, der Monate dauert. Wir würden Zeit verlieren."

Der ARD-Vorsitzende ergänzte: "Wenn ich Amazon wäre, würde ich mich kaputt lachen und sagen: 'Lasst die mal schön warten auf einen Runden Tisch, der ihnen dann sagt, was sie zu tun und zu lassen haben.' Wir müssen die digitale Transformation vorantreiben, die ARD braucht ein Update."

Titelfoto: Bildmontage: Bernd Weißbrod/dpa, Soeren Stache/dpa

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