Kommentar über BVG-Parodie: Der Spaß bleibt auf der Strecke!

Berlin - Die neuen Comedy-Clips der Berliner Verkehrsbetriebe sorgen eher für Fremdscham als für Lösungen. Warum die sonst so pointierten Marketing-Gags der BVG diesmal komplett am täglichen Transport-Trauma ihrer Fahrgäste vorbeischrammen: ein Kommentar.

In Dschungelcamp-Manier kämpfen Fake-Fahrgäste im U-Bahn-Dickicht – die Realität ist noch gnadenloser.  © BVG

In rund dreiminütigen Clips zeigt die BVG in ihrer "schmerzhaft realen" Reality-Show "Ich bin ein Fahrgast – Ich steig gleich aus!" die Hindernisse des ÖPNV-Alltags aus Sicht der Fahrgäste und versucht damit, das eigene Versagen in Humor zu verpacken.

Zum Leidwesen jener, die täglich im Chaos stecken bleiben. Denn wenn aus dem realen Spießroutenlauf zwischen Schnapsleichen, Scheiße und Schmutz plötzlich ein Dschungelcamp-Spiel wird, ist das nicht nur peinlich, sondern vor allem eines: komplett am Thema vorbei.

In der ersten Folge sollen die Kandidaten, eine Mischung aus vermeintlichen "Normalos" und bekannten Gesichtern wie Schauspieler Oli P. (47), sich durch einen überfüllten Bahnwagen kämpfen – jedes Mittel ist recht. Während der gebrechliche Opa Ronald auf den ersten Metern scheitert, bleibt einer Kandidatin nur das Robben über den klebrigen Boden, um das rettende Ende des Abteils zu erreichen. Was als lustige Challenge verkauft wird, ist in Wahrheit ein Panik-Trigger für viele Fahrgäste.

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In einer weiteren Folge fällt der Bus aus. Die Kandidaten müssen ihr Ziel auf anderem Weg erreichen. Die Szene erinnert an Rat Race (2001), in dem ein exzentrischer Millionär eine Gruppe Casinogäste in ein hysterisches Wettrennen schickt. Die BVG-Variante ist bitter ironisch: Statt eines Millionärs zwingt eine öffentliche Anstalt, finanziert durch Fahrgelder, ihre Kundschaft um die Wette zu rennen – nicht um ein Preisgeld, sondern schlicht darum, pünktlich zur Arbeit zu kommen.

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Erst witzelt die Deutsche Bahn ihre Missstände weg – jetzt zieht die BVG nach

Schauspieler Oli P. (47) triumphiert auf dem Dreirad, nachdem der BVG-Bus ausgefallen ist.  © Screenshot/Youtube/BVG-Weil wir dich lieben

Schon im Oktober versuchte die Deutsche Bahn mit ihrer Mini-Serie "Boah, Bahn!", in der Anke Engelke (59) als Zugchefin Tina auftrat, die bekannten Unzulänglichkeiten wie Zugverspätungen, marode Infrastruktur oder Personalmangel mit Slapstick im "Stromberg"-Stil wegzuwitzeln. Das Ablenkungsmanöver gelang nur bedingt. Jetzt zieht die BVG nach.

Mit dem Slogan "Sorry und vielen Dank, Berlin, dass ihr so tapfer den Alltag mit uns meistert" will sich die BVG versöhnlich geben, als sei der Nahverkehr ein gemeinsames Projekt, in das Fahrgäste nicht nur Geld, sondern auch gutgläubigen Optimismus stecken sollen. Sorry, BVG. Manchmal ist die Bahn eben nicht (nur) halb voll.

Statt einer weiteren Image-Kampagne bräuchte Berlin sichere U-Bahnhöfe, funktionierende Technik und einen Fahrplan, der nicht jeden Morgen zur Nervenprobe wird. Humor mag vieles heilen, aber nicht das, was die BVG hier verschleppt.

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