Islamistischer Anschlag in Berlin: Attentäter kommt in Psychiatrie

Berlin - Der Staatsschutz ermittelt in Berlin gegen den Iraker Sarmad A., der absichtlich mehrere Unfälle auf der Berliner Stadtautobahn A100 verursachte und eine vermeintliche Munitionskiste bei sich trug. 

Der 30-jährige Iraker Sarmad A. hat auf der Berliner Stadtautobahn für drei Unfälle gesorgt.
Der 30-jährige Iraker Sarmad A. hat auf der Berliner Stadtautobahn für drei Unfälle gesorgt.  © Morris Pudwell

Der Autofahrer hatte ersten Erkenntnissen zufolge angekündigt, in der Kiste befände sich ein "gefährlicher Gegenstand", sagte eine Polizeisprecherin in der Nacht. Kriminaltechniker entdeckten darin ihr zufolge aber nichts Verdächtiges, sondern nur Werkzeug. 

Nun ermittle der Staatsschutz gegen den 30-Jährigen. Nähere Angaben zum Ablauf und den Äußerungen des Mannes machte die Polizei nicht.

Er hatte demnach auf der Autobahn 100 in der Nähe der Ausfahrt Alboinstraße drei Unfälle verursacht. Ein Sprecher der Feuerwehr sagte, dabei seien drei Menschen schwer verletzt worden, drei weitere leicht. 

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Betroffen sei auch ein Motorradfahrer. Zeugen zufolge hatte er den Eindruck erweckt, die Unfälle mutwillig zu verursachen, sagte die Sprecherin. 

Unfallverursacher soll "Allahu akbar" gerufen haben

Ein Motorradfahrer wurde schwer verletzt.
Ein Motorradfahrer wurde schwer verletzt.  © Morris Pudwell

Als der Wagen zum Stehen gekommen sei, sei der 30-Jährige ausgestiegen, habe laut B.Z.-Informationen "Allahu akbar" gerufen und die Kiste auf die Straße gestellt. Er habe behauptet, dass sich darin ein gefährlicher Gegenstand befindet.

Kriminaltechniker durchleuchteten die Metallkiste. Sie sei für die Aufbewahrung von Munition geeignet gewesen. Die Kiste sei dann mit einem Wassergewehr aufgeschossen worden, sagte die Sprecherin. 

Die Techniker seien aber nicht auf erkennbar Gefährliches gestoßen, sondern auf Werkzeug. Sprengstoffspuren seien im Auto nicht gefunden worden, sagte die Sprecherin auf Anfrage. Der Fahrer wurde festgenommen. Sicherheitshalber sei die Stadtautobahn weiträumig über Stunden gesperrt worden. Passagiere aus nahen Fahrzeugen mussten die Autobahn der Sprecherin zufolge vorsichtshalber zu Fuß verlassen.

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Update, 20.57 Uhr: Berlins Innensenator: Staatsschutz kannte mutmaßlichen Täter nicht

Dem Berliner Staatsschutz war der mutmaßliche Täter des Anschlags auf der Stadtautobahn nach Angaben von Berlins Innensenator Andreas Geisel nicht bekannt. "Der Staatsschutz kannte ihn noch nicht", sagte Geisel (SPD) der RBB-"Abendschau" am Mittwoch. "Er war zwar Kontaktperson eines Gefährders aus einer Wohnbekanntschaft, aber er ist polizeilich bisher mit Körperverletzung und Widerstand gegen Vollzugsbeamte aufgefallen."

Auch über ein Netzwerk im Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Täter sei nichts bekannt, sagte Geisel. "Nach gegenwärtigen Erkenntnissen gibt es kein Netzwerk, das im Hintergrund arbeitet, aber wir werden sehen, was da noch an Ermittlungsergebnissen kommt", so der Innensenator. "Klar ist aber, Berlin ist im Fokus solcher terroristischer Anschläge." Es gebe keinen Grund für Entwarnung. "Deshalb sind wir gut beraten, unsere Sicherheitsbehörden so aufzustellen, dass solche Anschläge, sollten sie von Netzwerken geplant werden, möglichst abgewehrt werden können."

Kontakte zum Umfeld des Breitscheidplatz-Attentäters Anis Amri habe der 30-jährige tatverdächtige Iraker nicht gehabt: "Nach gegenwärtigen Erkenntnissen ist das nicht der Fall", sagte Geisel. "Er hat mit einem Gefährder, der in Berlin lebt und unter Beobachtung des Staatsschutzes steht, vor einiger Zeit in einem Wohnheim zusammengelebt. Das scheint im Moment die einzige Verbindung zu sein."

Update, 19.48 Uhr: Fahrer nach Berliner Autobahn-Anschlag in Psychiatrie

Der Tatverdächtige kommt vorläufig in die Psychiatrie. Das habe am Mittwoch ein Haftrichter antragsgemäß entschieden, teilte die Staatsanwaltschaft am Mittwochabend mit. Im Kurznachrichtendienst Twitter hieß es auf dem Account der Generalstaatsanwaltschaft: "Soeben ist unter anderem wegen versuchten Mordes und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in drei Fällen antragsgemäß die vorläufige Unterbringung des Beschuldigten in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung des Maßregelvollzuges angeordnet worden."

Update, 19.04 Uhr: Polizei zeigt sich tief betroffen

Die Polizei hat via Twitter ihr Bedauern ausgedrückt. Die Tat hinterlasse die Beamten tief betoffen. "Unsere Gedanken und unser Mitgefühl sind bei den Opfern, für die wir auf eine gute & vollständige Genesung hoffen", heißt es in dem Tweet.

Update, 17 Uhr: Berliner Opfer-Anlaufstelle unterstützt Betroffene

Die nach dem Terroranschlag vom Berliner Breitscheidplatz eingerichtete Opfer-Anlaufstelle will nach dem islamistischen Anschlag auf der Stadtautobahn Betroffenen schnell helfen. Das sagte Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) am Mittwoch im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses. Die Mitarbeiter würden auf die Betroffenen zugehen, um bei der Bewältigung von Traumata oder dem Beantragen von Entschädigungen zu unterstützen.

Update, 16.30 Uhr: Mutmaßlicher Attentäter früher aufgefallen - teilweise schuldunfähig

Der mutmaßliche islamistische Attentäter von der Berliner Stadtautobahn ist in der Vergangenheit mehrfach mit weniger gravierenden Gewaltdelikten aufgefallen. Generalstaatsanwältin Margarete Koppers sagte am Mittwoch im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses: "Er ist seit 2018 als Verdächtiger mehrerer Körperverletzungen und eines Angriffs auf Vollstreckungsbeamte erfasst worden."

Bei der letzten Tat im August 2018 ging es demnach um eine "Widerstandshandlung vor einer Flüchtlingsunterkunft". Darauf folgte laut Koppers ein Strafverfahren, das mit einem Freispruch eines Amtsgerichts im April 2019 wegen phasenweiser Schuldunfähigkeit endete. Das psychiatrische Gutachten von damals sei ihr derzeit noch nicht bekannt, sagte Koppers.

Unmittelbar nach der Widerstandshandlung und Festnahme 2018 sei der Mann zeitweise in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht worden. Damals sei es um eine Maßnahme zur Gefahrenabwehr gegangen, weil es keinen Anlass für einen Haftbefehl gegeben habe, sagte Koppers.

Ein Ermittler untersucht das Auto.
Ein Ermittler untersucht das Auto.  © Paul Zinken/dpa-Zentralbild/dpa

Update, 16 Uhr: Bislang keine Anhaltspunkte für Mittäter

Der mutmaßlich islamistische Angreifer von der Berliner Stadtautobahn hat nach Angaben von Generalstaatsanwältin Margarete Koppers mit dem Tod mehrerer Menschen gedroht. Der 30-jährige Iraker habe in arabischer Sprache gerufen, dass alle sterben werden. Er sei auch mit einem Küchenmesser bewaffnet gewesen und habe einen Gebetsteppich ausgebreitet, sagte Koppers am Mittwoch im Rechtsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses am Mittwoch. Ein mutiger Berliner Polizist, der Arabisch beherrscht, habe den Angreifer von seinem Auto weggezogen. Bislang gebe es keine Anhaltspunkte für Mittäter.

Update, 15.30 Uhr: Berlins Bischöfe: Religion nicht als Begründung von Gewalt missbrauchen

Nach dem mutmaßlich islamistisch motivierten Anschlag auf der Stadtautobahn haben Berlins Bischöfe davor gewarnt, Gewalt mit religiösen Motiven zu rechtfertigen. "Unsere Gedanken und Gebete gelten den Opfern der offenbar bewusst herbeigeführten Unfälle und ihren Angehörigen", erklärten der evangelische Bischof Christian Stäblein und sein katholischer Kollege Heiner Koch am Mittwoch. "Gleichzeitig verwahren wir uns erneut gegen jegliche Versuche, die Religion für die Begründung von Terror und Gewalt zu missbrauchen."

Update, 15 Uhr: Mutmaßlicher Autobahn-Täter kam als Asylbewerber nach Deutschland

Der 30-jährige Iraker, der für den Anschlag auf der Berliner Stadtautobahn verantwortlich sein soll, kam als Asylbewerber nach Deutschland. Nachdem sein Asylantrag abgelehnt worden sei, lebe er mit einer Duldung in Berlin, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch aus Senatskreisen.

Demnach war zunächst noch unklar, wann er nach Deutschland kam. Nach Fotos von seinem Facebook-Profil war er mindestens 2016 schon in Berlin. Bis Herbst 2019 sei er in einer Gemeinschaftsunterkunft im Stadtteil Altglienicke untergebracht gewesen. Danach habe er eine Wohnung im Bezirk Reinickendorf bezogen, in der er mit großer Wahrscheinlichkeit gemeinsam mit seinem Bruder lebe.

Titelfoto: Screenshot/Facebook

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