Sekte "Zwölf Stämme" ködert auf Chemnitzer Markt neue Mitglieder: OB erteilt Standverbot

Von Peggy Schellenberger, Stefan Graf

Chemnitz - Wirbel um einen Stand auf dem Chemnitzer Wochenmarkt! Der Betreiber des Hofladens verkauft nicht nur frische Lebensmittel, sondern ist nebenbei Mitglied der Sekte "Zwölf Stämme". Nachdem Besucher zum Sitz der Glaubensgemeinschaft nach Tschechien eingeladen wurden, hat OB Sven Schulze (50, SPD) reagiert.

Die betroffene Chemnitzerin zeigt auf die Stelle, wo der Hofladen seinen Marktstand hatte. Sie möchte nicht erkannt werden.
Die betroffene Chemnitzerin zeigt auf die Stelle, wo der Hofladen seinen Marktstand hatte. Sie möchte nicht erkannt werden.  © Peggy Schellenberger

"Wir sind mit dem Händler ins Gespräch gekommen, da mein elfjähriger Sohn auch den Wunsch hat, Biobauer zu werden. Schnell hatte ich eine Visitenkarte mit tschechischen Adressen in der Hand", berichtet Stefanie Munzer (42, Name geändert).

Es folgte die Einladung zum Hofladen nach Skalná. Als der Betreiber nachhakte, ob sie mit Mann anreisen würde, schrillten ihre Alarmglocken. Beim Überprüfen der Visitenkarte fiel auf: Die Adresse stimmte mit dem Sitz der "Zwölf Stämme" in Skalná überein.

Der Ort machte im Fall der vermissten Shalomah (11) jüngst Schlagzeilen. Die leiblichen Eltern des Mädchens sollen dort als Teil der Sekte gelebt haben. Eine E-Mail an die Pflegeeltern offenbarte, dass sie ihre Tochter entführt haben.

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Die Polizei ermittelt noch. Nach Prügel-Vorwürfen wurde Shalomah an eine Pflegefamilie übergeben.

Stefanie Munzer vermutet, dass der Markthändler in Chemnitz gutgläubige Menschen anlocken wollte. Auf TAG24-Nachfrage bestätigte der Händler nur die Mitgliedschaft bei den "Zwölf Stämmen". Mehr wollte er nicht sagen.

Nachdem die Stadtverwaltung von dem Vorfall und der Zugehörigkeit zu den "Zwölf Stämmen" erfuhr, wurde die weitere Teilnahme am Wochenmarkt untersagt.
Nachdem die Stadtverwaltung von dem Vorfall und der Zugehörigkeit zu den "Zwölf Stämmen" erfuhr, wurde die weitere Teilnahme am Wochenmarkt untersagt.  © Peggy Schellenberger
Die Adresse des Hofladens auf der Visitenkarte stimmt mit der des Sitzes der Sekte in Sklaná überein.
Die Adresse des Hofladens auf der Visitenkarte stimmt mit der des Sitzes der Sekte in Sklaná überein.  © Peggy Schellenberger
Nach Strafverfahren wegen Kindesmisshandlung in Deutschland wurde das Hauptquartier der Sekte ins tschechische Skalná verlegt.
Nach Strafverfahren wegen Kindesmisshandlung in Deutschland wurde das Hauptquartier der Sekte ins tschechische Skalná verlegt.  © dpa/Kubeš Slavomír

OB Schulze reagiert: "Der Händler wird keine Zulassungen mehr erhalten"

Oberbürgermeister Sven Schulze (50, SPD) machte kurzen Prozess.
Oberbürgermeister Sven Schulze (50, SPD) machte kurzen Prozess.  © Kristin Schmidt

OB Sven Schulze (50, SPD) reagierte prompt: "Das Marktamt hat die Anzeige intensiv geprüft und der Verdacht hat sich bestätigt. Der Händler wird keine Zulassungen mehr erhalten."

Der Hofladen besucht nach eigenen Angaben auch Märkte in Plauen und Zwickau. "Die Firma nimmt seit circa fünf Jahren am Plauener Wochenmarkt teil", bestätigt Sprecherin Silvia Weck.

Verbindungen zur Sekte waren bisher nicht bekannt. Kultour Z, Betreiber des Zwickauer Marktes, will den Fall prüfen und sich zu Beginn der nächsten Marktsaison positionieren.

Titelfoto: Peggy Schellenberger, Kristin Schmidt

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