Dieses Weihnachtsmärchen begeistert Chemnitz

Chemnitz - Charles Dickens' Klassiker hat schon unzählige Bühnen gesehen, doch was Regisseur Jens Kerbel jetzt im Spinnbau in Chemnitz abliefert, ist ein wunderbar warmes Weihnachtsversprechen mit kräftiger Prise britischem Humor. Am Samstag feierte das Weihnachtsmärchen "A Christmas Carol" seine Premiere und wurde vom Publikum mit tosendem Applaus bedacht. Kein Wunder: Die Inszenierung ist kurzweilig, liebevoll und überrascht immer wieder mit cleveren Bildern.

Christian Ruth (l.) will als Ebenezer Scrooge von Weihnachten nichts wissen.  © Dieter Wuschanski

Allen voran glänzt Christian Ruth als Ebenezer Scrooge. Anfangs braucht es etwas, bis man mit seinem Look warm wird – die typischen weißen Zottelhaare fehlen, und manche Slapstick-Einlage rutscht kurz Richtung Klamauk, wenn Scrooge sich kläffend unter einem roten Tuch auf seinem Sessel versteckt.

Doch sobald er in Schlafmütze und rotem Mantel steckt, wächst er in die Rolle hinein. Seine Wandlung vom kauzigen Geizhals zum berührten Menschen gelingt ihm mit emotionaler Tiefe – besonders in den Momenten, in denen er seinem jüngeren Ich verzweifelt hinterherruft.

Szenisch beeindruckt die Inszenierung mit einer drehbaren Bühne, Schneesturm-Effekten und vielen kleinen Details, nur die modernen Aktenordner im Regal irritieren, weil sie nicht so recht in Dickens' Welt passen.

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Bühnen- und Kostümbildner Stefan Morgenstern setzt auf warme Erdtöne, traditionelle Stoffe und klare Silhouetten – ein stimmungsvoller Rahmen für die Zeitreise durch Scrooges Leben.

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Susanne Stein als Jacob Marley (l.) warnt Ebenezer Scrooge vor seinem Weihnachtshass.  © Dieter Wuschanski

Weihnachtsmärchen setzt auf mutigen Musik-Mix

"A Christmas Carol" von Charles Dickens feierte am Samstag Premiere im Spinnbau.  © Dieter Wuschanski

Das Herzstück des Abends aber ist Susanne Stein, die gleich in mehreren Rollen brilliert: als gruseliges Jacob-Marley-Gemälde, als herrlich derber Geist der Gegenwart (inklusive kindgerechtem "Raketenantrieb"-Furzwitz) und als sächselnde Mrs. Fezziwig. Ihre Bühnenpräsenz trägt ganze Szenen und sie ist diejenige, die dem Abend immer wieder überraschende Energie verleiht.

Musikalisch pendelt der Abend zwischen traditionellen Weihnachtsliedern mit englischen Klängen und plötzlichem TikTok-Gute-Laune-Hit mitten in der Zeitreise. Ein mutiger Mix, der erstaunlich gut funktioniert und vor allem die jungen Zuschauer abholt.

Beeindruckend ist zudem die durchweg starke Gruppendynamik. Ein großer Teil des Ensembles stammt aus dem Schauspielstudio Chemnitz – und genau das sieht und spürt man: Spielfreude, Tempo, echtes Miteinander. Die Studierenden tragen das Stück mit einer Selbstverständlichkeit, die oft an ein eingespieltes Ensemble erinnert und viele Szenen lebendig auffächert.

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Für Kinder ab fünf Jahren empfohlen, wobei Marleys gruseliger Ketten-Auftritt durchaus an der Schmerzgrenze kratzt. Insgesamt aber ein herzliches, humorvolles, temporeiches Märchen (1 Stunde, 45 Minuten inklusive Pause), das perfekt auf die Adventsstimmung einzahlt.

Die Vorstellungen sind bereits ausverkauft und laufen bis 28. Dezember. Wer ein Ticket hat: Glück gehabt!

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