191 ohne Adresse, 500 in Not: So hilft Chemnitz seinen Wohnungslosen
Chemnitz - Die Temperaturen fallen, die Stadt wird kälter. Zwischen Bahnhof, Innenstadt und Wohnviertel zeigt sich in Chemnitz deutlich: vollere Beratungsstellen, mehr Anfragen, mehr Menschen, die Hilfe suchen - oft im Stillen, unsichtbar für viele. Jetzt weist das Sozialamt darauf hin: "Die Stadt Chemnitz hält für wohnungs- und obdachlose Menschen zahlreiche Hilfeangebote vor."
Wie viele Betroffene es wirklich gibt, weiß niemand. Erfasst werden nur jene, die tatsächlich um Unterstützung bitten. Im "Wohnprojekt Eins" leben derzeit 40 Menschen, 17 nutzen ausschließlich das Nachtquartier. Im September suchten insgesamt 35 Personen diese Schutzräume auf.
Ein besonderer Gradmesser: Der Tagestreff "Haltestelle". Dort haben sich 191 Chemnitzer eine Postadresse eingerichtet, oft der einzige Kontakt zur Behördenwelt. Monatlich nehmen außerdem rund 500 Menschen Hilfen zur Verhinderung von Wohnungslosigkeit in Anspruch.
"Wohnungslosigkeit und die Gründe, die zu einem Verlust der Wohnung führen, sind so komplex, dass angemessene Hilfe immer auch gute interdisziplinäre Zusammenarbeit", betont das Rathaus. Für all das stehen 2025 rund 2,2 Millionen Euro bereit.
Im Winter kann Chemnitz schnell reagieren: "Bei vollständiger Auslastung der Übernachtungsplätze können kurzfristig zusätzliche Übernachtungsangebote zur Verfügung gestellt werden."
Benötigt werden haltbare Lebensmittel, Hygieneartikel, warme Kleidung, Schlafsäcke, Decken
Besonders wichtig ist die Straßensozialarbeit, die Betroffene oft dort trifft, wo andere längst vorbeigehen würden - in Eingängen, Parks, stillen Ecken oder vor Beratungsstellen. Die Sozialarbeiter bringen warme Getränke, Kleidung, führen Gespräche, manchmal über Wochen hinweg.
"Das Zulassen eines Gesprächs oder das Annehmen einer Tasse Tee ist bereits ein großer Fortschritt." Denn viele Menschen kämpfen mit Krankheiten, Angst oder schlechten Erfahrungen.
Wie schon frühere TAG24-Berichte zeigten, entstehen Notlagen in Chemnitz selten auf offener Straße, sondern oft hinter verschlossenen Türen. "Für Leute, die Mietschulden haben, wird es immer schwieriger, Wohnungen zu finden", so Alfred Mucha (58) von der Stadtmission. "Wir haben sehr viele Menschen aus dem EU-Ausland, die wir auf der Straße antreffen", berichtet Kältebus-Mitarbeiterin Victoria Teuchert (24).
Wer helfen möchte, kann Menschen ansprechen, fragen, was gebraucht wird oder die Behördennummer 115, das Sozialamt oder Stadtordnungsdienst informieren. Besonders benötigt werden haltbare Lebensmittel, Hygieneartikel, warme Kleidung, Schlafsäcke, Decken.
Titelfoto: Uwe Meinhold

