Alles Englisch, oder was? Schilder-Posse in Chemnitz

Chemnitz - Zoff um einen bedeutenden Chemnitzer: Die Stadt ehrt den Architekten Frei Otto in Siegmar mit zweifelhaften Gedenktafeln. Die Kritik dreht sich um die Übersetzungen von Otto-Zitaten. "Stümperhaftes Englisch", findet Michael Sandt (62), Koordinator der Bürgerplattform West. Die Stadt widerspricht.

Ist "vermutete" richtig übersetzt? Die Stadt sieht keine Fehler. Muttersprachler haben unterschiedliche Meinungen dazu.
Ist "vermutete" richtig übersetzt? Die Stadt sieht keine Fehler. Muttersprachler haben unterschiedliche Meinungen dazu.  © Ralph Kunz

Frei Otto (1925-2015) aus Siegmar war einer der wichtigsten Architekten Deutschlands. Von ihm stammt das märchenhafte Olympiadach in München. Die Stadt ehrte Otto und benannte den Park in Siegmar nach ihm.

Zur Verschönerung schlug Anwohner Gert Rehn (82) Tafeln mit Sinnsprüchen des Architekten vor, für ausländische Gäste auch ins Englische übersetzt. Rehn ließ die Originalzitate von Google dolmetschen - bekannt für holprige Übersetzungen - und wies die Stadt auf die Quelle hin.

Doch trotz Rehns Warnung landete das "Google-Englisch" zur Eröffnung der Interventionsfläche Frei-Otto-Park im Mai auf den Gedenktafeln. Michael Sandt protestierte im Rathaus.

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"Aber die Stadt korrigierte nur einen deutschen Satz, das falsche englische blieb."

Die Stadt Chemnitz weist die Kritik zurück

Michael Sandt (62) und Gerd Rehn (81) ärgern sich über die Übersetzungen auf den Schildern.
Michael Sandt (62) und Gerd Rehn (81) ärgern sich über die Übersetzungen auf den Schildern.  © Ralph Kunz

Für Michael Sandt eine peinliche Sache: "Die Verwaltung hatte doch Verbesserungsvorschläge auf dem Tisch, nutzte sie aber nicht."

Um die Vorschläge hatte sich der Koordinator selbst gekümmert und je einen Südafrikaner und Engländer in Chemnitz gefragt. Zudem ließ er zwei Amerikaner auf die Übersetzungen schauen - mit jeweils unterschiedlichen Ergebnissen.

Die Stadt weist die Kritik zurück. "Alle Texte sind mehrfach von Übersetzern und Dolmetschern geprüft worden. Sie haben keine sprachlichen Fehler festgestellt." Unter anderem habe das Büro "Sprachunio" auf die Tafeln geschaut. Allerdings räumt die Verwaltung "kleinere Korrekturen" ein. Nun würden die Tafeln nicht mehr geändert, zumal es keine Beschwerden von Parkbesuchern gegeben habe.

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Michael Sandt glaubt, dass die Stadt einem Irrtum aufsitzt: "Sinnsprüche sind keine technischen Begriffe, die man 1:1 übersetzt. Vielleicht schicken Schulen mal Englischklassen zum Unterricht nach Siegmar." Initiator Gert Rehn hofft auf eine Korrektur: "Die Schilder rücken die Kulturhauptstadt in ein schlechtes Licht."

Titelfoto: Ralph Kunz

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