Anwalt: Zschäpe räumt Mitschuld an NSU-Mordserie deutlich ein

Chemnitz - Die verurteilte Rechtsterroristin Beate Zschäpe (48) hat vor dem bayerischen NSU-Untersuchungsausschuss nach Angaben ihres Anwalts deutlicher als je zuvor eine Mitschuld an der Mordserie des "Nationalsozialistischen Untergrunds" eingeräumt.

Beate Zschäpe (48) räumte am heutigen Montag bei einer Befragung im Chemnitzer Frauenknast eine Mitschuld an den NSU-Morden ein.
Beate Zschäpe (48) räumte am heutigen Montag bei einer Befragung im Chemnitzer Frauenknast eine Mitschuld an den NSU-Morden ein.  © Tobias Hase/dpa

"Ihre Mitschuld an den Morden hat sie heute deutlich intensiver eingestanden als im Prozess", sagte Mathias Grasel nach Zschäpes stundenlanger Befragung im Chemnitzer Frauenknast der Deutschen Presse-Agentur.

"Es bleibt zwar dabei: Eine aktive Mitwirkung gab es nicht, weder in der Vorbereitung noch in der Durchführung", betonte Grasel. "Aber sie sagte heute mehrfach ganz klar: Hätte ich nach dem ersten Mord anders gehandelt und reagiert, wäre alles andere nicht passiert."

Die Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) - Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt - war von 2000 an jahrelang mordend durch Deutschland gezogen.

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Ihre Opfer waren neun Gewerbetreibende türkischer und griechischer Herkunft sowie eine deutsche Polizistin. Mundlos und Böhnhardt verübten zudem zwei Bombenanschläge in Köln mit Dutzenden Verletzten.

Die beiden töteten sich 2011, um ihrer Festnahme zu entgehen - erst damit war der NSU aufgeflogen. Zschäpe, die einzige Überlebende des Trios, wurde 2018 nach mehr als fünf Jahren Prozessdauer zu lebenslanger Haft verurteilt - als Mittäterin, auch wenn es keinen Beweis gibt, dass sie selbst an einem Tatort war.

"Ich hätte verhindern können, dass aus dem ersten Mord eine Serie wird"

Die Befragung fand im Chemnitzer Frauenknast statt.
Die Befragung fand im Chemnitzer Frauenknast statt.  © Kristin Schmidt

Zschäpe wurde den ganzen Montag lang in einer nicht-öffentlichen Sitzung von den bayerischen Landtagsabgeordneten befragt. Es war das erste Mal, dass sie sich seit dem Ende des Prozesses äußerte, und das erste Mal überhaupt, dass Zschäpe direkt auf Fragen antwortete.

Im NSU-Prozess hatte sie sich nur in schriftlichen Einlassungen geäußert und schriftlich auf Nachfragen geantwortet und sich lediglich zweimal selbst zu Wort gemeldet - unter anderem in ihren Schlussworten.

Grasel zitierte aus Zschäpes Aussage vor den Ausschussmitgliedern: "Ich hätte verhindern können, dass aus dem ersten Mord eine Serie wird. Ich hätte die Möglichkeit gehabt und habe sie nicht genutzt." Zschäpe sagte laut Grasel: "Ich habe das Leben von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt fälschlicherweise über das Leben der Opfer gestellt."

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Der Ausschussvorsitzende Toni Schuberl (40, Grüne) berichtete, Zschäpe habe gesagt, dass sie die Taten nicht gewollt habe - aber auch, dass sie nur durch sie möglich gewesen seien. Weiter habe sie gesagt, dass sie die Verbrechen hätte verhindern können: Wenn sie sich gestellt hätte, als sie vom ersten Mord erfuhr.

Titelfoto: Kristin Schmidt, Tobias Hase/dpa

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