Ex-Kunstsammlungs-Chef rechnet mit Chemnitz ab: Rathaus bekommt heftige Klatsche!

Chemnitz - Seit seinem angekündigten Abgang nur anderthalb Jahre vor Beginn des Kulturhauptstadt-Jahres verlor Frédéric Bußmann (48) kein schlechtes Wort über Chemnitz. Am Montag hatte er seinen letzten Arbeitstag als Generaldirektor der Kunstsammlungen. Nur einen Tag später bricht er sein Schweigen, sein Interview in der "Süddeutschen Zeitung" ist eine Abrechnung.

Ex-Kunstsammlungschef Frédéric Bußmann (48) übt heftige Kritik an Chemnitz. Er gab seinen Posten als Generaldirektor der Chemnitzer Kunstsammlungen auf.
Ex-Kunstsammlungschef Frédéric Bußmann (48) übt heftige Kritik an Chemnitz. Er gab seinen Posten als Generaldirektor der Chemnitzer Kunstsammlungen auf.  © Kristin Schmidt

Die Kunst "spielte in Chemnitz leider nicht die zentrale Rolle", sagte Bußmann ernüchtert. Es gebe "sehr aktive und gute Leute" - aber auch Provokation von rechts. Die Kulturhauptstadt 2025 sei "mit Sicherheit eine gute Bühne, um zu fragen, wie man hier in 30, 40 Jahren leben könnte".

Das Problem: Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, täten die Kulturhauptstadt-Macher "definitiv zu wenig mit Blick auf die rechten Strukturen hier in der Stadt".

Das sei in deren Wahrnehmung noch nicht richtig angekommen, "daran müssen sie arbeiten und auf Tuchfühlung mit der Situation hier gehen".

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Der gebürtige Franzose Bußmann war im März 2022 am Konkordiapark verprügelt worden, nachdem er Passanten wegen eines Hitlergrußes ermahnt hatte.

"Das waren rechtsradikale Jugendliche, weil ich sie aufgefordert habe, ihre 'Sieg Heil'-Parolen zu unterlassen." Diese Weltbilder hätten "nichts mit Protest, Rebellion oder Prekariat zu tun", sagte er.

Die künftige Kulturhauptstadt bekommt von Ex-Kunstsammlungschef Frédéric Bußmann ihr Fett weg.
Die künftige Kulturhauptstadt bekommt von Ex-Kunstsammlungschef Frédéric Bußmann ihr Fett weg.  © Kristin Schmidt

Ex-Kunstsammlungschef: "Ein gutes Drittel der Bevölkerung hier wählt rechtspopulistisch bis rechtsextrem"

Frédéric Bußmann (l.) wurde von Oberbürgermeister Sven Schulze (51, SPD) mit einem Präsentkorb verabschiedet.
Frédéric Bußmann (l.) wurde von Oberbürgermeister Sven Schulze (51, SPD) mit einem Präsentkorb verabschiedet.  © Kristin Schmidt

Entscheidend sei: "Ein gutes Drittel der Bevölkerung hier wählt rechtspopulistisch bis rechtsextrem; der NSU war hier, es gibt eine harte Szene."

Anfangs habe er noch geglaubt, dass es eine Bereitschaft dazu gebe, dass man reden müsse. "Nach fünf Jahren frage ich mich, wer eigentlich mit wem reden will."

Aus seiner Sicht hat die Wende 1990 tiefe Brüche hinterlassen. "Das war hier eine Art Ruhrgebiet in Konzentration, eine Vorzeigestadt, danach wurde vieles zugemacht." Chemnitz sei provinzieller geworden, habe seinen Status verloren, müsse sich neu erfinden.

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"Es gibt hier viele Potenziale, die sollten genutzt werden!"

Titelfoto: Bildmontage: Kristin Schmidt

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