Chemnitz - Sein Büro liegt am Fuße des Chemnitzer Kaßbergs, dort wo die Stadt ins Tal abfällt. Von hier aus fährt Nico Friedrich (40) raus - zu den Brücken, die tagtäglich viele Menschen befahren, ohne groß darüber nachzudenken.
Der Brückenprüfer wälzt nicht nur im Büro Pläne, sondern steigt selbst ins Geschirr: Mit Helm und Hammer auf einem Brückenuntersichtgerät, das bis zu 4000 Euro Miete am Tag kostet.
"Wir gehen wirklich handnah ran", sagt er. "Wir klopfen den Beton ab, nehmen Risse auf, prüfen Lager, Widerlager, Kappen, Entwässerung, selbst die Geländer."
Seit 2019 ist Friedrich zertifiziert. Alle sechs Jahre muss er sein Zeugnis erneuern. "Ich habe meine Verlängerung gerade erst bekommen", erzählt er stolz. Und ja: Auch als Geschäftsführer geht er selbst unter die Brücken. "Höhenangst darf man nicht haben."
Denn sein Arbeitsplatz ist nicht selten 30 Meter hoch, manchmal auch noch mehr. Dann hängt er unter der Fahrbahn, während oben die Autos donnern. "Das ist Adrenalin, das macht was mit einem. Aber es ist auch Verantwortung: Wenn uns ein Fehler passiert, kann das Folgen haben."
Nico Friedrich: "Einfamilienhäuser sehen irgendwann alle gleich aus - Brücken nicht"
Vor mehr als einem Jahr stürzte in Dresden die Carolabrücke ein, doch Friedrich bleibt nüchtern: "Die Prüfaufträge sind dadurch nicht mehr geworden. Sie waren vorher schon da, weil Bauwerksprüfung Pflicht ist. Aber der Wunsch, die Kontinuität zu halten, ist größer."
Sein Spezialgebiet: Spannbetonbrücken. "Das Schwierige ist, dass sie kaum ankündigen, wenn es kritisch wird. Risse sind schwer zu sehen, weil der Spannstahl den Beton überdrückt." Die Carolabrücke war so ein Fall. "Da haben wir alle gesehen: Auch wir sind nicht unfehlbar."
In Zwickau prüft der 40-Jährige gerade die Glück-Auf-Brücke, in Chemnitz war vor Kurzem die Südring-Brücke dran.
"Es gibt keine Veranlassung, die Brücke einzuschränken", lautet Friedrichs Bilanz. "Sie wird weiter mit Schallemissions-Messungen überwacht. Man hört ins Bauwerk hinein, ob ein Spannstahl versagt."
Am Ende bleibt das gute Gefühl
Das klingt nüchtern - und ist es auch. Denn Friedrich liebt an seinem Job genau diese Mischung: "Man lernt nie aus. Jede Brücke ist einzigartig. Einfamilienhäuser sehen irgendwann alle gleich aus - Brücken nicht."
Am Ende bleibt das gute Gefühl: "Wenn ich eine Brücke verlasse, weiß ich: Hier fahren morgen Tausende sicher drüber."