Chemnitz - Wenn in Chemnitz was los ist, klingelt die Kasse im Rathaus. Das funktioniert so: Wo große Menschenmengen zu Events wie Kosmos, dem Hutfestival und den beiden Mega-Konzerten im Küchwald pilgern, gelten an Zufahrtsstraßen oft temporäre Tempo-Limits. Die Stadt stellt dann regelmäßig mobile Blitzer auf. Viele Fahrer hielten sich nicht an die Limits, was dem Rathaus ordentlich Einnahmen beschert.
Bei den Konzerten von Rockstar Bryan Adams (6. August) und Rapper Sido (10. August) auf der Küchwaldwiese kontrollierte ein "Superblitzer" (Enforcement Trailer) das Tempo auf der Leipziger Straße zwischen Glauchauer und Bürgerstraße stadtauswärts.
Dort galt an beiden Tagen ein temporäres Tempo-30-Limit, um die Sicherheit der vielen Konzertbesucher zu gewährleisten, auch weil in diesem Abschnitt die Shuttle-Busse hielten.
Beim Adams-Konzert verhinderten technische Probleme eine genaue Zählung der Durchfahrten, dennoch wurden 71 Tempoverstöße registriert, mit einem Spitzenwert von 57 km/h. Deutlich mehr waren es vier Tage später bei Sido: Bei 1374 Fahrzeugen gab es 169 Überschreitungen, ein Fahrer wurde sogar mit 79 km/h geblitzt.
Deutlich mehr Verkehr gab es bei den großen Festivals: Beim Hutfestival 2025 wurden bei knapp 7900 Durchfahrten insgesamt 765 Tempoverstöße registriert, der Schnellste mit 61 km/h. Dort stand der Blitzer an der Theaterstraße, wo in diesem Zeitraum Tempo 30 galt.
Bei vier Groß-Events 2025 gab's insgesamt 2392 Tempo-Sünder
Beim Kosmos-Festival im Juni zählte die Anlage an der Hartmannstraße 11.658 Fahrzeuge - mit 1387 Überschreitungen. Auch dort war das Tempo-Limit während des Festivals vorübergehend von 50 auf 30 km/h reduziert.
Allein bei den vier Groß-Events 2025 gab's insgesamt 2392 Tempo-Sünder. Bei der geringstmöglichen Geschwindigkeitsüberschreitung, die geahndet wird, bis zu 10 km/h über dem Limit, fällt ein Verwarnungsgeld von 40 Euro an.
Wären alle Verstöße nur mit diesem Betrag geahndet worden, hätte das rein rechnerisch knapp 96.000 Euro in die Stadtkasse gespült - tatsächlich dürfte es also deutlich mehr sein.
Wie viel Geld die Tempokontrollen tatsächlich einbrachten, bleibt unklar. Laut Stadtverwaltung werden die Einnahmen nicht einzelnen Messungen oder Standorten zugeordnet, sondern fließen gesammelt in den Haushalt.
Die Kasse klingelt
Kommentar von Sebastian Gogol
Dass die Stadt Chemnitz bei Großveranstaltungen wie Kosmos, Hutfestival oder den Mega-Konzerten auf der Küchwaldwiese Tempo-30-Zonen einrichtet, ist sinnvoll. Wenn Tausende Besucher zu Fuß unterwegs sind, dazu Shuttle-Busse pendeln, braucht es Sicherheit. Wer sich nicht an die Limits hält, gefährdet Menschen.
Doch ein schaler Beigeschmack bleibt: Die Einnahmen aus den Blitzern wandern anonym in den Stadthaushalt. Offiziell geht es um Sicherheit - und das ist richtig. Aber solange niemand beziffern kann, wie hoch die Strafgelder tatsächlich ausfallen, bleibt der Verdacht: Geht es wirklich nur um Sicherheit oder auch ums Abkassieren?
Gerade an stark befahrenen Straßen wie der Theaterstraße, Hartmannstraße und Leipziger Straße wirkt es fast so, als höre das Rathaus schon die Kasse klingeln. Spätestens seit 2024 scheint es zur Routine geworden zu sein, bei Großveranstaltungen die Blitzer zu platzieren und sich danach die Hände zu reiben, dass wieder etwas mehr Geld in den Stadtsäckel kommt. Viele feiern, die Stadt kassiert - das ist nicht der Sinn solcher Kontrollen.