Sprit über 2,20 Euro! So ruiniert der Benzinpreis-Wahnsinn die Chemnitzer

Chemnitz - Schock an der Zapfsäule: Plötzlich kosten Benzin und Diesel mehr als 2,20 Euro pro Liter. Darunter leiden vor allem Branchen, die aufs Auto angewiesen sind. TAG24 sprach in Chemnitz mit vier Betroffenen.

Für die Taxibranche sind die Spritpreise existenzbedrohend, sagt Taxi-Unternehmer René Fritzsche (47). Das Foto wurde am Dienstag aufgenommen - seitdem sind die Preise weiter kräftig gestiegen.
Für die Taxibranche sind die Spritpreise existenzbedrohend, sagt Taxi-Unternehmer René Fritzsche (47). Das Foto wurde am Dienstag aufgenommen - seitdem sind die Preise weiter kräftig gestiegen.  © Ralph Kunz

Für Taxi-Unternehmer René Fritzsche (47) sind 60 Cent mehr an der Zapfsäule in wenigen Wochen "existenzgefährdend". Von Januar 2021 auf diesen Januar stiegen seine Spritkosten für zehn Taxen von 3200 auf 6200 Euro.

"Die jüngste Tariferhöhung um 20 Cent pro Kilometer ist dagegen ein Scherz", schimpft Fritzsche. "Jedes Auto macht Minus - und die Preise steigen weiter."

Mit drei Autos liefert Amir Einali (32) seine "Superhelden-Burger" aus. "Benzinpreise sind eine Katastrophe. Ich musste bei Bestellungen über Lieferando eine Gebühr von 1,50 Euro pro Lieferung einführen. Bestellungen von meiner Website bleiben ohne Aufschlag."

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Lieferdienste müssen auch für Strom, Lebensmittel und Mindestlöhne mehr bezahlen - "ein Teufelskreis".

Mit drei Autos liefert Amir Einali (32) seine "Superhelden-Burger" aus. Für ihn sind die Spritpreise "eine Katastrophe".
Mit drei Autos liefert Amir Einali (32) seine "Superhelden-Burger" aus. Für ihn sind die Spritpreise "eine Katastrophe".  © Kristin Schmidt

Chemnitzer Unternehmerin: "Das ist die härteste Krise bisher"

Ramona Laude (56), Inhaberin eines Kurierdienstes, muss die Preise derzeit ständig anheben.
Ramona Laude (56), Inhaberin eines Kurierdienstes, muss die Preise derzeit ständig anheben.  © Kristin Schmidt

Hart auch für die Firma "Kurier & Service" von Ramona Laude (56). Sie sagt verzweifelt: "Wir können die Preise gar nicht so schnell erhöhen, wie die Benzinpreise steigen. Das ist Horror, Wahnsinn!"

Preissprünge von 20 Cent am Tag träfen die Kurier-Branche: "Das ist die härteste Krise bisher. Keine Ahnung, wie lange Kunden noch mitziehen."

Gebeutelt sind ebenso die Pflegedienste. Heike Henke (63, sechs Fahrzeuge) optimiert Touren und legt Arbeiten zusammen. "Aber das gefällt nicht allen Kunden." Henkes Wunsch: "Wir brauchen in Sachsen wie in anderen Bundesländern endlich eine Fahrtkostenpauschale für Pflegedienste."

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Ihre Kollegin Blanca Hochmuth (53, "Schwester Marcella", elf Autos) sieht ohne Zuschuss zwei Lösungen: "Mehr betreutes Wohnen oder Benzin-Aufpreis für Patienten."

Doch es gibt nicht nur Klagen. Amir Einali sagt trotz aller Sorgen: "Ich zahle gerne, wenn Putin bestraft wird."

Schwester Blanca Hochmuth (53) treffen die Benzinpreise bei jeder Tour für ihren Pflegedienst.
Schwester Blanca Hochmuth (53) treffen die Benzinpreise bei jeder Tour für ihren Pflegedienst.  © Ralph Kunz

Putin ärgern mit Tempolimit

Kommentar von Bernd Rippert

Täglich ein neuer Schock an den Tankstellen. Diesel kostete gestern in Chemnitz bis zu 2,31 Euro pro Liter, Super E10 zehn Cent weniger. Damit kostet eine Tankfüllung (60 Liter) 138 Euro!

Kein Wunder, dass Firmen, die auf Fahrzeuge angewiesen sind, unter den neuen Kosten ächzen. Liefer- und Pflegedienste, Kurierfahrer und Taxis, Speditionen oder Handelsvertreter, sie alle leiden massiv unter den Preisen.

Pendlern, die auf ihr Auto angewiesen sind, laufen die Kosten davon. Es könnte der Tag kommen, an dem sich die Fahrt zum Job nicht mehr lohnt. Experten gehen davon aus, dass die Spritpreise nach Kriegsende in der Ukraine nicht mehr unter zwei Euro fallen werden. An die Preise müssen wir uns also gewöhnen.

Bleibt nur, Benzin und Diesel zu sparen. Busse und Bahnen werden bei den Tankpreisen eindeutig attraktiver. Wer kann, sollte schnell auf die Öffentlichen umsteigen. Aber es gäbe auch ein Mittel, um den Verbrauch aller Fahrzeuge sofort zu senken. Tempo 100 auf Autobahnen, 80 auf Landstraßen und 30 in der Stadt würden sofort 10 bis 15 Prozent Sprit sparen.

Damit würden wir Putin ärgern, weil wir nicht mehr so viel Erdöl bräuchten, und dem Klima helfen.

Titelfoto: Ralph Kunz

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