Unbekannte Details enthüllt: Das Geheimnis der Platten hinter dem Chemnitzer Marx-Kopf

Chemnitz - Die Baustelle am Chemnitzer Karl-Marx-Kopf ist nicht zu übersehen. Da, wo sonst die Schrifttafeln eindrucksvoll hinter dem Nischel hervorlugen, steht seit September ein Gerüst. Die Restaurierung der 174 Platten hat sich aufgrund von einigen Problemen verzögert, die aber auch bisher unbekannte Details ans Licht brachten ...

Die Restaurierung der 174 Platten hat sich wegen einiger Probleme verzögert.
Die Restaurierung der 174 Platten hat sich wegen einiger Probleme verzögert.  © Maik Börner

"Erst fehlte Baustrom, dann war die Statik mangelhaft", sagt Matthias Rosenkranz (44), Bauleiter von der Firma "Fuchs+Girke Bau und Denkmalpflege GmbH" aus Ottendorf-Okrilla.

"Unter den Aluplatten an der Wand war kein Beton wie vermutet, sondern Luft! Außerdem war das Gerüst schwer zu verankern. Doch am Ende klappte das."

Mit viel Aufwand konnten schließlich alle Platten abgehängt und nach Ottendorf-Okrilla gebracht werden. "Die Demontage lief besser als geplant. In der Werkstatt stellten wir plötzlich fest, dass offenbar gleich zwei Gießereien die Platten hergestellt hatten!", erklärt der Bauleiter weiter.

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Die Platten mit Schrift seien dicker und in besserem Zustand, die Platten mit Wellen eher minderwertiger Guss. Nun stehen sie verpackt in der Firma. Die Arbeiten sollen Ende Januar 2024 beginnen.

Folgende Restaurierungsmaßnahmen sind bei den Schrifttafeln geplant: die Oberflächenreinigung, das Verkitten von kleinen Löchern, Fehlstellen und Rissen mittels Metallkitt mit Füllstoffen, die Konservierung mit Heißwachsauftrag, die Retuschierung und die Nachpatinierung von Mängeln in der Oberflächenbeschaffenheit.

"Es wird geschweißt, mit Alu gekittet, gelötet, geschleift, patiniert, mit Heißdampf gereinigt und mit Wachs konserviert", so Matthias Rosenkranz. Es ist also viel zu tun. Für die Arbeit in der Firma "Fuchs+Girke" seien drei Monate eingeplant. "Die ganzen Maßnahmen haben sich enorm verzögert, aber den Endtermin im September halten wir ein", versichert der Baumeister.

"Die Restaurierungsarbeiten an der Schrifttafel haben im September 2023 begonnen und die Fertigstellung ist für den November 2024 geplant", sagt Alwin-Rainer Zipfl (48) vom zuständigen sächsischen Immobilien- und Baumanagement (SIB).

Neben der Restaurierung soll außerdem die Unterkonstruktion, inklusive Dämmung der Außenwand in diesem Bereich, erneuert werden. Für 950.000 Euro wird der Aluminiumguss jetzt aufpoliert.

Mit viel Aufwand wurden alle Platten abgehängt und nach Ottendorf-Okrilla gebracht.
Mit viel Aufwand wurden alle Platten abgehängt und nach Ottendorf-Okrilla gebracht.  © Holm Helis
Matthias Rosenkranz (44), Bauleiter der Firma "Fuchs+Girke" versichert, dass sie den Endtermin im September einhalten können.
Matthias Rosenkranz (44), Bauleiter der Firma "Fuchs+Girke" versichert, dass sie den Endtermin im September einhalten können.  © Holm Helis
An sonst unsichtbaren Befestigungsösen auf der Rückseite der Platten werden diese an der Hauswand befestigt.
An sonst unsichtbaren Befestigungsösen auf der Rückseite der Platten werden diese an der Hauswand befestigt.  © Holm Helis
Die Schrifttafeln hinter dem Karl-Marx-Kopf werden derzeit in einer Werkstatt restauriert.
Die Schrifttafeln hinter dem Karl-Marx-Kopf werden derzeit in einer Werkstatt restauriert.  © Sven Gleisberg

Nischel mit Geschichte

Am 9. Oktober 1971 wurde das Karl-Marx-Monument eingeweiht.
Am 9. Oktober 1971 wurde das Karl-Marx-Monument eingeweiht.  © Wolfgang Schmidt/dpa

Am 9. Oktober 1971 wurde der Nischel, wie das Karl-Marx-Monument von Chemnitzern genannt wird, eingeweiht. Der sowjetische Bildhauer Lew Kerbel (†85) lieferte den Entwurf. Die Schrifttafeln in Aluminiumguss gestalteten die Chemnitzer Volker Beier (†80) und Heinz Schumann (†86).

Auf den Schrifttafeln steht das Zitat "Proletarier aller Länder vereinigt euch!" aus Marx' Kommunistischem Manifest in Deutsch, Englisch, Französisch und Russisch. Insgesamt 76 Entwürfe haben die Künstler gebraucht, ehe der Richtige gefunden wurde.

"Das war aus dem Grund, dass die Statik des Gebäudes das nicht anders hergab: Wir konnten nicht mit Naturstein arbeiten, wie es bis dahin geplant war, nämlich mit Rochlitzer Porphyr - dem heimischen Material - sondern wir mussten uns auf ein leichtes Material umorientieren und deshalb sind wir auf Aluminium gekommen", sagte Volker Beier in einem Interview im Jahr 2021.

Titelfoto: Bildmontage: Sven Gleisberg, Holm Helis

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