Chemnitz - Diesmal soll es nicht nach 48 Minuten vorbei sein: Nach dem verpatzten Start ins neue Sitzungsjahr im August mit der peinlichen Ultrakurz-Sitzung stehen im Stadtrat am Mittwoch die Zeichen auf Debatte.
Chemnitz zieht die Zügel an: Es geht vor allem ums Geld. Die Räte bekommen ein dickes Paket auf den Tisch. Das Rathaus legt die ersten praktischen Schritte der bereits im Frühjahr grundsätzlich beschlossenen Spar- und Mehreinnahme-Maßnahmen vor.
Außerdem wird auch die heiß diskutierte Rüge des Landesrechnungshofes zur Kostenexplosion beim Bau des Bernsdorfer Schwimmkomplexes offiziell aufgerufen.
Und eine neue Idee der Grünen steht zur Diskussion: ein Bürgerrat zur Haushaltskonsolidierung - ein Kreis ausgeloster Chemnitzer, der Vorschläge macht, wo gespart werden soll.
In diesem Jahr klafft in der Chemnitzer Stadtkasse ein Loch von rund 58 Millionen Euro, im nächsten Jahr sind es 108 Millionen Euro.
Zweitwohnsitz bald doppelt so teuer
Wer in Chemnitz eine Zweitwohnung hat, muss wohl künftig tiefer in die Tasche greifen. Ab 1. Januar 2026 sollen 20 Prozent der Nettokaltmiete fällig werden (bisher 10 Prozent). Damit will das Rathaus 140.000 Euro jährlich einnehmen.
Neu geregelt: Wer eine Wohnung gemeinsam nutzt, muss nur dann zahlen, wenn es sich nicht um Familienmitglieder handelt. Damit wird klarer, wer wirklich betroffen ist.
Außerdem: Eigentümer und Vermieter müssen auf Anfrage Daten zum Steuerpflichtigen liefern. Die Stadt will so Lücken schließen. Verheiratete Paare und eingetragene Lebenspartner, die beruflich eine Wohnung in Chemnitz haben, können sich befreien lassen, wenn der Arbeitsplatz ohne Zweitwohnung kaum erreichbar wäre.
Studenten und Azubis bis 25, die noch bei den Eltern wohnen, werden ebenfalls verschont.
Anwohnerparken bald mehr als dreimal so teuer
Anwohnerparken soll ebenfalls deutlich teurer werden - und klarer geregelt. Bereits ab 1. Oktober werden dann nach den Rathaus-Plänen 100 Euro pro Jahr fällig statt bislang 30 Euro. Wer gleich für zwei Jahre beantragt, zahlt 170 Euro.
Das Rathaus will damit den knappen Straßenraum "fair und nachvollziehbar" bepreisen. Die bisherige Verwaltungsgebühr decke das nicht ab, so die Begründung.
Vor allem für die Innenstadt könne die Neuregelung helfen, Parkdruck zu ordnen. Aktuell sind in Chemnitz den offiziellen Zahlen zufolge etwa 3200 Bewohner-Parkausweise in elf Zonen im Umlauf.
600 könnten hinzukommen, falls zwei weitere Innenstadtbereiche als Bewohner-Parkzonen eingerichtet werden: ein Westbereich mit Theater- und Bahnhofstraße sowie ein Ostbereich mit Dresdner Straße und Reitbahnviertel.
Rathaus streicht Begrüßungsgeld für Studierende
Die Stadt will Studenten den Willkommensbonus streichen. Bisher gab's für Neuankömmlinge an der TU mit Hauptwohnsitz in Chemnitz 100 Euro Begrüßungsgeld auf die Hand.
Doch das Modell aus dem Jahr 2000 ist nach Rathaus-Ansicht überholt. Die Begründung: Die Prämie locke kaum noch jemanden an. Chemnitz habe sich längst als Studienort etabliert.
Die Zahlen zeigen: 2023/24 wurden 620 Anträge gestellt, über die Hälfte von Auslandsstudenten. 2024/25 waren es 660, wieder mehrheitlich aus dem Ausland. Für sie spielte die kleine Finanzspritze keine Rolle - wichtiger sind günstige Mieten und eine starke Uni.
Ursprünglich sollte die Prämie verhindern, dass junge Leute lieber nach Dresden oder Leipzig abwandern. Heute sieht das Rathaus keinen Nutzen mehr. Gut 100.000 Euro jährlich könnten so eingespart werden.
Neue Gebührenordnung für die Fahrradgaragen
Der Stadtrat wird am Mittwoch auch den Fahrradgaragen eine Gebührenordnung verpassen. Eigentlich sollte die Preisliste schon im August feststehen, doch durch das AfD-Sommertheater flog der Punkt von der Tagesordnung.
Jetzt soll die Ordnung am 1. Oktober greifen - mit klaren Tarifen und längeren Buchungszeiten. Kern sind nutzerfreundliche Stufen von 50 Cent für zwei Stunden bis 15 Euro pro Monat statt des bisherigen Klein-Kleins.
Die Grünen wollen obendrauf noch einen Jahrespreis von 80 Euro einführen: "Attraktiv, planbar, weniger Verwaltung", wirbt Verkehrspolitiker Joseph Israel (25).
Ernüchternd: 2024 lag die Auslastung der derzeit drei Fahrradboxen an Hauptbahnhof, StraNa und Uni-Campus im Schnitt bei unter zehn Prozent.