Alte Menükarten liefern den Beweis: Auch zu DDR-Zeiten gab's Exquisites auf den Teller

Dresden - Jägerschnitzel oder Senfeier - solche Gerichte verbindet man mit der DDR. Aber gab es auch feine Küche? Ja, sagt Archiv-Historikerin Annemarie Niering (43)! Im Interhotel Bellevue nahe dem Goldenen Reiter speiste vorrangig das nicht sozialistische Ausland spitzenmäßig. In unserer Serie "Geheimes Dresden" blättert Niering in erhaltenen Menükarten aus den 1980er-Jahren.

Diese Menükarten sind Zeugnis von DDR-Kulinarik.
Diese Menükarten sind Zeugnis von DDR-Kulinarik.  © Fotomontage: Eric Münch

Darin feilgeboten werden so exklusive Kreationen wie "Williams-Birne in Traminer pochiert, angerichtet auf Cremeeis mit heißer Ingwer-Schokolade" oder "Kasselerrücken in Mandelkruste mit gebackener Banane, Cognac-Kirschen und Kartoffelbirnen".

Zwei von neun Bellevue-Restaurants akzeptierten nachweislich nur Devisenzahlung und waren für die meisten DDR-Bürger unzugänglich.

"Ein Widerspruch zum Gleichheitsideal in der DDR", sagt Annemarie Niering. Dafür standen die Spitzenrezepte im Einklang mit planwirtschaftlichen Vorgaben. Sie wurden nicht nur von Starköchen, sondern vom Ministerium für Handel und Versorgung in Berlin erdacht oder genehmigt.

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"Ein Albtraum für kreative Küchenchefs. Das Küchenniveau aus heutiger Sicht zu bewerten ist aber sehr schwierig", weiß Niering.

Annemarie Niering (43) untersuchte die Küche der Bellevue-Restaurants.
Annemarie Niering (43) untersuchte die Küche der Bellevue-Restaurants.  © Eric Münch
Das Hotel Bellevue steht unter Denkmalschutz.
Das Hotel Bellevue steht unter Denkmalschutz.  © Imago
Am 9. März 1984 war Richtfest am Hotel Bellevue. Knapp ein Jahr später wurde es feierlich eröffnet.
Am 9. März 1984 war Richtfest am Hotel Bellevue. Knapp ein Jahr später wurde es feierlich eröffnet.  © Imago/Sächsische Zeitung

Man eiferte internationaler Spitzenküche nach

So edel war das Foyer eingerichtet.
So edel war das Foyer eingerichtet.  © picture-alliance/ ZB

Fest steht jedoch: In der DDR stand die Küche des Hotel Bellevue auf der Niveauskala ganz weit oben. Die Restaurants des 5-Sterne-Hotels galten als Restaurants der Sonderklasse, die bei der Belieferung, etwa von frischem Obst, bevorzugt wurden.

Hier eiferte man internationaler Spitzenküche nach, übersetzte Speisekarten auf Englisch und Französisch, machte mit Devisen Kasse.

Gästen wurde eine breite kulinarische Auswahl geboten. Das "Restaurant Canaletto" warb mit leichter französischer Küche (Nouvelle Cuisine), im "Bierclub N°15" waren "Freunde von English Pubs" willkommen, das polynesische Restaurant "Buri-Buri" sollte Südsee-Flair verbreiten.

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Die Historikerin: "Das Lokal war mit Palmen dekoriert, es wurde Kokos-Eis serviert."

Sogar Staats- und Parteichef Erich Honecker (1912-1994) speiste im Hotel Bellevue.
Sogar Staats- und Parteichef Erich Honecker (1912-1994) speiste im Hotel Bellevue.  © Imago/United Archives

"Die Preise waren aber teilweise beachtlich", so die Archiv-Historikerin

Neben deftiger Hausmannskost gab es in der DDR auch exklusive Küchen-Kreationen.
Neben deftiger Hausmannskost gab es in der DDR auch exklusive Küchen-Kreationen.  © IMAGO/Wolfgang Schmidt

Im "Buri-Buri" wie auch auf den "Elbterrassen" wurden DDR-Mark akzeptiert. "Die Preise waren aber teilweise beachtlich. Ein Ochsenrippensteak ohne Fettrand kostete 36,50, flambierte Tournedos in grünem Pfeffer 37,30 DDR-Mark", berichtet Annemarie Niering. Sie untersuchte alle alten Bellevue-Speisekarten, derer sie habhaft werden konnte.

Da fehlen noch welche: "Wir freuen uns, wenn sich Zeitzeugen mit Schriftstücken von damals bei uns melden und zur Erforschung der DDR-Gastronomie beitragen wollen."

Hochrangige ausländische Gäste speisten häufig in den Restaurants. Ihre westlichen Luxusschlitten parkten davor.
Hochrangige ausländische Gäste speisten häufig in den Restaurants. Ihre westlichen Luxusschlitten parkten davor.  © SLUB Fotothek

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Titelfoto: Fotomontage: Eric Münch//IMAGO

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