Frederike de Haas: Vom Runden Tisch ins Ministeramt

Dresden - Die Aufbaujahre des Bundeslandes Sachsen nach der Wiedervereinigung haben einige ungewöhnliche Politiker hervorgebracht. Unangepasst, authentisch, urig. Menschen, die es im bundesdeutschen Parteienapparat kaum bis zum Stadtvorsitzenden ihrer Partei gebracht hätten. Friederike de Haas (1944-2019) ist so ein Fall.

De Haas mit Matthias Rößler (heute 67, CDU) im Oktober 1994 nach ihrer Ministerernennung. Rößler war damals Kultusminister.
De Haas mit Matthias Rößler (heute 67, CDU) im Oktober 1994 nach ihrer Ministerernennung. Rößler war damals Kultusminister.  © dpa/Matthias Hiekel

Eigentlich hatte die Arzttochter aus Bielatal in der Sächsischen Schweiz auch Medizinerin werden wollen. Doch die DDR verweigerte der bekennenden Christin das Studium, weshalb sie Säuglings- und Kinderkrankenschwester wurde.

Auch anderweitig blieb die Medizin in der Familie präsent: Ihr Mann Friedrich-Erich de Haas zählte über Jahrzehnte zu den gefragtesten Frauenheilkundlern Dresdens.

"In die CDU eingetreten ist sie erst im Februar 1990", erinnert sich Marko Schiemann (66), wie de Haas Landtagsabgeordneter der ersten Stunde. "Aber dann hat sie gleich die Frauenunion Ost-West und die Frauenunion Sachsen mitbegründet."

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Schiemann erinnert an die Anfänge der vierfachen Mutter unter Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (1930-2021), in dessen Staatskanzlei sie zunächst als Parlamentarische Staatssekretärin für Gleichstellungsfragen, später als Ministerin zum Thema (bis 1999) tätig war.

Misterkollege "Sie war ziemlich aufrecht und geradezu"

Gruppenbild mit Dame: de Haas als einzige Ministerin im Kabinett Biedenkopf II 1994.
Gruppenbild mit Dame: de Haas als einzige Ministerin im Kabinett Biedenkopf II 1994.  © dpa/Matthias Hiekel
Friederike de Haas mit ihrem Parteifreund Dietmar Haßler (heute 70) 2012 auf einem Empfang.
Friederike de Haas mit ihrem Parteifreund Dietmar Haßler (heute 70) 2012 auf einem Empfang.  © Petra Hornig
Friederike de Haas 2009 als Ausländerbeauftragte des Freistaates Sachsen.
Friederike de Haas 2009 als Ausländerbeauftragte des Freistaates Sachsen.  © dpa/Ralf Hirschberger

Von 2004 bis 2009 fungierte sie als sächsische Ausländerbeauftragte. Nicht zu vergessen ihre Tätigkeit als Landes-Chefin des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Bitter: Bei der Landtagswahl 2009 verpasste das Urgestein den Wiedereinzug ins Parlament.

Als "abwägend, aber resolut in den Themen", bezeichnet sie Schiemann. Besonders das 1. sächsische Frauenfördergesetz, das sie mit Andrea Dombois durchgesetzt hatte, sei ihr anzurechnen. Ihr ehemaliger Ministerkollege Heinz Eggert (75, CDU): "Sie war ziemlich aufrecht und geradezu. Wegen dieser Art der Kommunikation hatten wir beide auch einen guten Draht. Ich habe sie sehr gemocht. Sie war nicht intrigant, von hinten herum; sie hat die offene Konfrontation gesucht."

Und ein anderer Ministerkollege, der heutige Landtagspräsident Matthias Rößler (67, CDU), erinnert sich: "Meine erste Begegnung mit ihr war 1990 am Runden Tisch des Bezirkes Dresden. Ich erlebte die gelernte Krankenschwester Friederike de Haas als große und handfeste Persönlichkeit. Ihr eilte schon damals der Ruf voraus, dass sie das Herz am rechten Fleck hatte und die richtigen Worte fand."

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Friederike de Haas starb im Juni 2019 nach schwerer Krankheit. Sie ist auf dem Striesener Friedhof in Dresden beigesetzt.

Titelfoto: dpa/Matthias Hiekel

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