Ständig werden sie geklaut: Das Geheimnis der Keramikmützen vom "Dresden 1900"

Dresden - Nicht jede Mütze stammt aus der Werkstatt eines Hutmachers. Das beste Beispiel dafür sind die Schaffner-Mützen aus dem Neumarkt-Restaurant "Dresden 1900". In ihnen werden Schnaps wie auch Würzfleisch serviert. Deshalb werden sie aus Ton gebrannt - in der Pappritzer Keramik-Werkstatt von Alfred Bonig (74).

Keramiker Alfred Bonig (74) zeigt stolz vor seiner Werkstatt im rund 250 Jahre alten Bauernhaus die Bischofsvase mit Hofkirche.
Keramiker Alfred Bonig (74) zeigt stolz vor seiner Werkstatt im rund 250 Jahre alten Bauernhaus die Bischofsvase mit Hofkirche.  © Petra Hornig

Bonig ist gelernter Klempner, studierter Sozialarbeiter und Autodidakt in Sachen Keramik. "1982 habe ich mein Gewerbe angemeldet, zusammen mit meinem Kumpel Frank, einem Posamentierer aus Meißen", erinnert sich der Senior.

"Zu DDR-Zeiten hatten wir bis zu 13 Mitarbeiter und drei Brennöfen. Unsere Gießtechnik-Keramik wurde uns aus den Händen gerissen."

Auch vom damaligen "Linie 6"-Wirt Karl-Heinz Bellmann (75): "Ich wollte für mein Tolkewitzer Straßenbahn-Lokal was Besonderes haben. Deshalb ließ ich mir Schaffnermützen in drei Größen brennen - für Schnaps, Würzfleisch und Gulasch. Hinzu kam ein Wanderpokal fürs Skatturnier."

Dresden: Stolzer Gastro-Starter serviert den schärfsten Döner in Dresden
Dresden Kultur & Leute Stolzer Gastro-Starter serviert den schärfsten Döner in Dresden

Mit dem Umzug des "Linie 6"-Interieurs auf den Dresdner Neumarkt übernahm der neue "Dresden 1900"-Wirt Ricco Geithner (54) auch die Keramikmützen.

Aber: "Sie werden gern als Souvenir eingesteckt." Von den fast 2000 Mützen, die Bonig in aufwendiger Handarbeit hergestellt hat, sind nicht mehr viele übrig.

Ex-"Linie 6"-Wirt Karl-Heinz Bellmann (75) hat die Keramikmützen erfunden.
Ex-"Linie 6"-Wirt Karl-Heinz Bellmann (75) hat die Keramikmützen erfunden.  © Petra Hornig
Claudia Worosky (39) serviert den Gästen im Restaurant "Dresden 1900" Würzfleisch in der Keramik-Mütze.
Claudia Worosky (39) serviert den Gästen im Restaurant "Dresden 1900" Würzfleisch in der Keramik-Mütze.  © Petra Hornig
In die kleinste Keramikmütze passt gerade mal ein Schnaps hinein.
In die kleinste Keramikmütze passt gerade mal ein Schnaps hinein.  © Petra Hornig

Alfred Bonigs Kunstwerke haben es in alle Welt geschafft

"Dresden 1900"-Wirt Ricco Geithner lädt 150 neue Keramikmützen in sein Auto ein.
"Dresden 1900"-Wirt Ricco Geithner lädt 150 neue Keramikmützen in sein Auto ein.  © Petra Hornig

"Bevor ich am 1. März mein 'Dresden 1900' wiedereröffnet habe, musste ich erst mal Mützen nachbestellen", so Geithner. 150 mittlere Würzfleisch-Mützen holte er am gestrigen Mittwoch aus Pappritz ab.

Weil Bonig nicht mehr der Jüngste ist und nur noch fünf fünfteilige Mützen-Gießformen besitzt, "schaffe ich in einer Woche nur 15 Keramikmützen", lacht der 74-Jährige. "Aber ich mache es ja schließlich nur noch zur Freude."

Beweisen muss er sich längst nichts mehr. Bonigs plastisch verzierte Vasen und Wandteller nahmen katholische Bischöfe als Gastgeschenke mit in alle Welt, DDR-Betriebe bestellten bei ihm Bierkrüge mit ihren Firmennamen.

Dresden: Der Krebs wollte sie matt setzen - So hat ihr Schach das Leben gerettet
Dresden Kultur & Leute Der Krebs wollte sie matt setzen - So hat ihr Schach das Leben gerettet

Sie alle eint bis heute der Stempel auf der Unterseite: zwei Pappritzer Kirschen mit Blättern am Stiel. Mehr Infos findet Ihr unter www.albo-keramik.de.

Titelfoto: Petra Hornig (2)

Mehr zum Thema Dresden Kultur & Leute: