Was für eine Premiere: In der Semperoper läuft die kleine Meerjungfrau aus Tschechien!

Dresden - Dvořáks "Rusalka" ist die tschechische Variante des Märchens von der kleinen Meerjungfrau. Ein Klassiker, der sich seit 1948 im Repertoire der Dresdner Semperoper befindet und nun, in Kooperation mit drei spanischen Häusern und einer italienischen Bühne, die vierte Neuproduktion erlebt. Am Samstag war Premiere.

Sie zeigten auf der Bühne eine hervorragende Leistung: Olesya Golovneva als Rusalka und Pavel Černoch als Prinz.
Sie zeigten auf der Bühne eine hervorragende Leistung: Olesya Golovneva als Rusalka und Pavel Černoch als Prinz.  © Ludwig Olah

Rusalka, Tochter des Wassermanns, befindet sich in einer handfesten Identitätskrise. Das Nixendasein ist ihr zuwider, umso mehr ihr autoritärer Vater ihr den Kontakt zu den Menschen verbietet.

Mensch sein, eine Seele haben - das ist ihr Verheißung ewigen Glücks. Um dieses Glück kämpft sie, ignoriert die Warnungen des Vaters und selbst den Fluch ihrer Stiefmutter Ježibaba, der ihr nicht nur die Stimme nimmt. Einem Fluch kann man schwerlich entgehe und so scheitert Rusalkas Liebe, zumindest wenn gemeinsames Lebensglück das Maß dafür ist.

Die Liebe erfüllt sich, wenn überhaupt, nur im Tod, nicht allein mit dieser Aussage steht Dvořáks Stück in den Spuren Richard Wagners, eines bewunderten Vorbilds. Die Musik durchmisst von lyrischen Passagen bis zu solchen expressiven Ausbruchs viele Formen des Ausdrucks. Sehnsucht, Liebe, Verzweiflung, Tod - es geht um alles.

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Ein Hauptaugenmerk der Produktion liegt auf den Debüts von drei Protagonist(inn)en am Semperhaus, darunter Regisseur Christof Loy. Er inszeniert in einem funktional schlichten Bühnenbild von Johannes Leiacker, welches das Foyer eines historischen Theaters mit Kassenkabine vorstellt. Theater auf dem Theater. Den Chor lässt Loy aus der Kulisse singen, was der Geschichte eine Andeutung von Transzendenz beimischt.

Dirigentin Joana Mallwitz feiert ein vortreffliches Debüt in der Semperoper

Hoffentlich stellt Dirigentin Joana Mallwitz ihr Können in Zukunft noch öfter in der Dresdner Semperoper unter Beweis.
Hoffentlich stellt Dirigentin Joana Mallwitz ihr Können in Zukunft noch öfter in der Dresdner Semperoper unter Beweis.  © Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa

Fern aller tagespolitischen Identitäts-Bezüge, mit genauem Blick auf die Psychologie der Figuren, erzählt Loy die Geschichte einer jungen Frau, die es nicht schafft, der Wurfbahn ihres Lebens eine andere Richtung zu geben, weil die äußeren Verhältnisse es nicht zulassen.

Eine der Höhepunkte der Inszenierung: das von einer spanischen Truppe getanzte furiose Ballett (Choreografie: Kleves Elmazaj), das die wilde Triebhaftigkeit des Eros vorführt. Eine Wirklichkeit, an der Rusalka nicht teilhat.

Beeindruckend auch ein weiterer Debütant, der smarte tschechische Tenor Pavel Černoch als Prinz, überzeugend mit klangschöner und ausdrucksstarker Stimme. Was sich ebenso für Olesya Golovneva sagen lässt, die eine bezaubernde, anrührende Rusalka ist. Exzellent besetzt ist gleichfalls der Wassermann mit Alexandros Stavrakakis sowie Ježibaba mit Christa Mayer und auch die übrigen Rollen.

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Musikalisch verantwortlich ist die junge, gefeierte Dirigentin Joana Mallwitz (36), die sich mit "Rusalka" in Dresden vorstellt und sich alle Vorschusslorbeeren verdient. Ein vortreffliches Debüt, das die existenzielle Wucht des Musikdramas in jeder Passage, ob lyrisch oder expressiv, feingliedrig auf den Punkt bringt.

Was aus dem Orchestergraben kommt, ist so packend wie berührend. Mallwitz und die Staatskapelle, ist das der Beginn einer wunderbaren Freundschaft? Schön wär’s.

Titelfoto: Ludwig Olah

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