Legendär! Kurt Biedenkopfs Regierungs-WG in der Schevenstraße
Dresden - Kurz nach der Wende war Wohnraum in Dresden knapp - selbst für die Mitglieder der neuen Staatsregierung. Gut, dass es noch das Stasi-Gästehaus in der Schevenstraße 1 (Loschwitz) gab. In die Gründerzeit-Villa (15 Zimmer, Elbblick) zog im Oktober 1990 Kurt Biedenkopf (†91) mit Frau Ingrid (90) ein - und ein Gutteil des Kabinetts.
Sie alle hausten dort wie in einer "Kommune".
Zur Regierungs-WG gehörten etwa der damalige Wirtschaftsminister Kajo Schommer (†67), Finanzminister Georg Milbradt (76) und fünf Staatssekretäre.
Gegessen wurde gemeinsam, die Regierungsarbeit fand bei den Tafelgesprächen ihre Fortsetzung.
Der Küchentisch wurde zum Küchenkabinett.
War "Biko" dort der Boss, stand das WG-Leben unter Ingrids strenger Führung. Gegessen wurde, was sie auf den Tisch stellte (vorwiegend Gesundes, wie berichtet wurde).
Die Landesmutter schrieb Speise- und Putzpläne, und sie ging für die WG auch einkaufen. Bei Edeka. Den Wagen schob dann ein Leibwächter.
Über den Getränkeverzehr aus dem gemeinsamen Kühlschrank wurde akribisch Buch geführt und abgerechnet ("Schommer: 3-mal Rotwein, 5-mal Bier").
Die WG-Herrlichkeit fand 2001 ihr Ende, nachdem bekannt wurde, dass die Bewohner zwar Miete zahlten, aber eher auf Platten- als auf Villen-Niveau.
Es war das Ende der Aufbruch-Ära.
Titelfoto: Bildmontage: Archiv & Klaus Mehner