Dresdner Händler lebt von getragener Wäsche: Seit 30 Jahren zweite Hand

Dresden - Ob Blümchenkleid oder Cordjacke - in Dresden hängen immer mehr Geschichten an den Bügeln. Secondhand boomt, Läden dieser Art fassen Fuß und treffen auf neugieriges Publikum.

Ein Großteil der Angebotspalette im "Chicsaal" stammt tatsächlich aus Altkleidercontainern.
Ein Großteil der Angebotspalette im "Chicsaal" stammt tatsächlich aus Altkleidercontainern.  © Eric Münch

In der Neustadt betreibt Andreas Roppel (66) seit 1995 "Chicsaal" (Böhmische Straße). Und ist damit ein echtes Urgestein der Szene. Doch sein Sortiment bezieht er nicht über klassischen An- und Verkauf, wie man es von früher kennt.

"Das ist inzwischen zu aufwendig", erklärt er. "Die Annahme, die Buchhaltung, die Kommission - das lohnt sich kaum noch."

Stattdessen fährt der gebürtige Hamburger regelmäßig zu Großhändlern und bringt etwa alle sechs Wochen eine Tonne Kleidung nach Dresden.

Dresden: Freibäder offen, Saunas zu: Dresden hat wieder ein Schwitzproblem
Dresden Lokal Freibäder offen, Saunas zu: Dresden hat wieder ein Schwitzproblem

Ein Großteil davon stammt aus Altkleidercontainern.

Doch was viele nicht wissen: Nur ein kleiner Teil dieser Textilien landet bei Bedürftigen. "Ein Großteil geht an Händler wie uns - und etwa 15 Prozent werden direkt verbrannt", erklärt Roppel.

Secondhand im Trend: Seit drei Jahrzehnten schon verkauft Andreas Roppel (66) gebrauchte Klamotten in der Neustadt.
Secondhand im Trend: Seit drei Jahrzehnten schon verkauft Andreas Roppel (66) gebrauchte Klamotten in der Neustadt.  © Eric Münch

Preise liegen zwischen 15 und 40 Euro

Abgefahrene Mode, die es nicht überall gibt: Verkäuferin Simone Lade (51) weiß, was die Kunden wollen.
Abgefahrene Mode, die es nicht überall gibt: Verkäuferin Simone Lade (51) weiß, was die Kunden wollen.  © Eric Münch

Für ihn ein Zeichen dafür, dass unser Umgang mit Kleidung dringend einen Kurswechsel braucht.

"Wenn eine Bluse noch tragbar ist, warum soll man sie wegwerfen ..."

Die Preisspanne zwischen 15 und 40 Euro sei gerechtfertigt, da Sortieren, Waschen und Pflege eine aufwendige Prozedur seien. Wenn man Glück hat, kann man auch mal eine echte "Moleskin"-Hose für um die 30 Euro in seinem Laden finden.

Dresden: Drogen und Gewalt am Männertag: Dresdner Biergarten zieht die Reißleine
Dresden Lokal Drogen und Gewalt am Männertag: Dresdner Biergarten zieht die Reißleine

Deshalb verlässt er sich lieber auf seine Händlerkontakte aus Berlin und Hamburg, mit denen er sich regelmäßig über Trends austauscht.

Fast-Fashion-Teile wie Shein oder H&M nimmt er bewusst nicht ins Sortiment. "Wir wollen niemandem etwas aufquatschen." Dass viele Kunden beim ersten Besuch überrascht sind, dass es sich um gebrauchte Sachen handelt, freut ihn.

Roppel hat inzwischen einen treuen Kundenkreis, nicht nur aus Dresden, sondern auch aus Leipzig, Berlin und sogar aus Kanada. "Viele sagen, es sei persönlicher bei uns. Man kennt sich, man redet miteinander. Manchmal gibt's sogar ein bisschen Lebensberatung gratis dazu", sagt er mit einem Grinsen. "Wir sind von Mensch zu Mensch - nicht von Regal zu Regal."

Titelfoto: Bildmontage: Eric Münch (2)

Mehr zum Thema Dresden Lokal: