Fachkräfteansturm bringt Dresden in Wohnungsnot!

Dresden - Eigentlich eine gute Nachricht: In wenigen Jahren erwartet OB Dirk Hilbert (52, FDP) Tausende neue Fachkräfte in Dresden. Doch schon seit über zehn Jahren ist Wohnraum ein knappes Gut in der Landeshauptstadt. Die Milliardenansiedlungen im "Silicon Saxony" verschärft die Situation - und Hilberts Lösungsvorschlag geht nicht auf.

Erste Lösungsansätze von Oberbürgermeister Dirk Hilbert (52, FDP) zur Wohnungsnot gehen nicht auf.
Erste Lösungsansätze von Oberbürgermeister Dirk Hilbert (52, FDP) zur Wohnungsnot gehen nicht auf.  © imago/Sven Ellger

Der OB rechnet mit 10.000 neuen Arbeitskräften für Dresden in den kommenden fünf Jahren. Das sagte er im TAG24-Gespräch.

Der Grund: Im Dresdner Norden - neuerdings "Silicon Saxony" genannt - siedeln sich zur Stunde Dutzende Hightech-Firmen an oder bauen aus. Ein Konglomerat aus Chip-Produzenten, der Bundesregierung und der EU investiert Milliarden.

Das lockt Arbeiter aus aller Welt. "Mehr als 13.000 Fachkräfte werden in den Großraum Dresden zuziehen müssen", sagt Frank Bösenberg (45), Chef des "Silicon Saxony"-Netzwerks.

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Inklusive Familien rechnet er mit nicht weniger als 24.000 neuen Menschen im Großraum Dresden bis 2030.

Auf dem Wohnungsmarkt sei das ab Mitte 2026 spürbar. Denn sowohl ein Modul vom deutschen Chip-Produzenten Infineon als auch das Werk von ESMC sollen 2027 an den Start gehen, so Bösenberg weiter.

Im Dresdner Norden - "Silicon Saxony" genannt - werden hochbegehrte Chips produziert. Hier beim US-Hersteller Globalfoundries.
Im Dresdner Norden - "Silicon Saxony" genannt - werden hochbegehrte Chips produziert. Hier beim US-Hersteller Globalfoundries.  © Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa
Frank Bösenberg (45) ist Chef des "Silicon Saxony"-Netzwerks.
Frank Bösenberg (45) ist Chef des "Silicon Saxony"-Netzwerks.  © Silicon Saxony/ PR

Schon jetzt fehlen in Sachsen 47.859 Sozialwohnungen!

Seit mehr als zehn Jahren ist (bezahlbarer) Wohnraum in Dresden ein knappes Gut.
Seit mehr als zehn Jahren ist (bezahlbarer) Wohnraum in Dresden ein knappes Gut.  © Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa

Doch schon jetzt fehlen in Sachsen allein 47.859 Sozialwohnungen. Das geht aus einer Studie des Pestel-Instituts hervor.

Laut aktueller Wohnbedarfsprognose (2021) für Dresden müsste die Landeshauptstadt mindestens 10.630 neue Wohnungen bis 2030 bauen. Und dabei sind die angekündigten Ansiedlungen noch nicht mitgerechnet.

Der Stadtverwaltung zufolge gilt der Wohnungsmarkt hier seit 2013 als angespannt. Seit über zehn Jahren ist die Nachfrage deutlich höher als das Angebot.

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Hilberts skizzierte Lösung: Da sich Investoren mit Neubau-Projekten fast gänzlich zurückhielten, wolle er versuchen, "Unternehmen mit ins Boot zu holen und Akteure zusammenzubringen". Etwa für den Bau von Werkswohnungen.

"[Letzteres] steht bei uns nicht auf der Agenda", sagt ein Sprecher vom US-Chipbauer Globalfoundries. Auch Infineon plane keine direkte Unterstützung der Kommunen, hieß es auf TAG24-Nachfrage. Bosch und NXP - ebenfalls im Silicon Saxony zu Hause - reagierten erst gar nicht auf die Anfrage.

Wo die neuen Fachkräfte und schlechter bezahlten Dresdner in Zukunft wohnen sollen, bleibt also weiter ungewiss.

Eigentlich müssten schon jetzt Wohnungen im Akkord gebaut werden.
Eigentlich müssten schon jetzt Wohnungen im Akkord gebaut werden.  © picture alliance/dpa

Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften besorgt!

VSWG-Vorständin Mirjam Philipp (57).
VSWG-Vorständin Mirjam Philipp (57).  © Thomas Türpe

Der Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften (VSWG) sieht mit Blick aufs Jahr keinen Grund für Optimismus.

Schon 2023 habe man mit zahlreichen Widrigkeiten zu kämpfen gehabt, beklagt VSWG-Vorstand Mirjam Philipp (57). Nun könne sie einen "Erschöpfungszustand" unter den Genossen feststellen.

Energiepreise, Haushaltskrise, Förderchaos - Philipps Problemliste ist lang. Allein die Baukosten treiben ihr Falten auf die Stirn: 2023 stiegen diese im Vergleich zum Vorjahr um 10,5 Prozent - nachdem sie 2022 schon um 21,4 Prozent gestiegen sind.

Das mache sich nicht nur bei Neubauten bemerkbar. Auch Instandhaltung und Modernisierung leiden. So wollen die VSWG in diesem Jahr 350 Millionen für dieselben Maßnahmen ausgeben, die 2023 noch 322, 2022 noch 312 Millionen Euro kosteten.

Der Leerstand stagniert bei 8,7 Prozent aller 296.000 VSWG-Wohnungen.

Das wirkte sich auch auf die Wohnkosten aus. Von 8,10 im Jahr 2022 stiegen diese auf maximal 8,70 Euro/Quadratmeter nach vorläufigen Zahlen. Ein Plus von 7,4 Prozent.

Ein bisschen Optimismus scheint sich Philipp aber bewahrt zu haben: "Bevor die Genossenschaften untergehen, geht die Welt unter", schmunzelt die VSWG-Vorständin.

Titelfoto: Bildmontage: Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa, IMAGO/Sven Ellger

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