Dresden - Mehr als 250.000 Besucher strömten zu den Austragungsorten der Finals im Stadtzentrum. Millionen verfolgten die Wettkämpfe vor der eindrucksvollen Kulisse im Fernsehen. Braucht Dresdens Innenstadt künftig häufiger solche Großevents?
Grünen-Stadtrat und Sportpolitiker Torsten Schulze (55) war an drei von vier Wettkampftagen vor Ort. Fast schon wehmütig blickt er auf den mittlerweile geräumten Neumarkt. Dort fanden am Wochenende die Wettbewerbe im Breaking (Tanz), Speedklettern und 3x3-Basketball statt.
"Dass diese relativ neuen olympischen Disziplinen dort ihren Platz gefunden haben, freut mich sehr", sagt Schulze. "Dresden kann neben Kultur auch Sport. Für die Finals ab 2030 sollten wir uns erneut bewerben."
BSW-Fraktions-Chef Ralf Böhme (51) sieht es ähnlich: "Die begeisterte Resonanz […] ist auch Verpflichtung für die Stadtpolitik, den Traum von Olympia eben auch in Dresden wahrzumachen."
Die Grundlage für diesen Erfolg habe die Bürgerschaft bereits vor über 20 Jahren gelegt, betont Torsten Kulke (59), Vorsitzender der Neumarkt-Gesellschaft (GHND).
Rathaus spricht von "enormem Imagegewinn" - ADFC kritisiert Sperrungen für Radfahrer
Ab Herbst 2002 kamen rund 70.000 Unterschriften für den Wiederaufbau der historischen Altstadt zusammen. "Wir haben immer gesagt, dass die Rekonstruktion für Arbeitsplätze und internationale Strahlkraft sorgen wird", so Kulke.
Die touristische Vermarktung von Neumarkt, Frauenkirche und Theaterplatz sei richtig. "Wir müssen deshalb darauf achten, dass sich auch der Neubau der Carolabrücke optisch in das Stadtbild einfügt."
Der privatwirtschaftlich getragene Verein City Management spricht von einem "außergewöhnlichen Gewinn" für die Stadt. Insbesondere Hotellerie, Gastronomie und Einzelhandel hätten profitiert. Es seien neue Kooperationen entstanden - etwa zwischen der Altmarkt-Galerie und dem Organisationsteam.
Kritik kommt vom ADFC. Vorstandsmitglied Nils Larsen (41): "Die umfassenden Sperrungen für den Radverkehr, etwa auf der Augustusbrücke, dauerten zu lange."
Das Rathaus, das das Großevent mit 2,5 Millionen Euro förderte, spricht von einem "enormen Imagegewinn". Sportbürgermeister Jan Donhauser (56, CDU) erklärt mit Blick auf zukünftige Veranstaltungen: "Wir wollen weitermachen."
Die Stadt als Marke: Ein Kommentar von Lennart Zielke
Die Finals waren visuell eindrucksvoll inszeniert. Mehr als 250.000 Menschen erlebten Spitzensport mitten im Zentrum.
Millionen sahen im Fernsehen eine Stadt, die wusste, wie sie sich präsentieren muss. In einer Welt, in der Aufmerksamkeit zur Währung geworden ist, gewinnt nicht der Inhalt allein, sondern die Inszenierung.
So wie Menschen in sozialen Netzwerken mittlerweile als eigene Marke auftreten, müssen auch Städte ihre Schokoladenseite konsequent vermarkten.
Dresdens Mischung aus rekonstruiertem Barock, Kultur und moderner Infrastruktur wie dem Heinz-Steyer-Stadion war ein stimmiges Gesamtbild. Doch dieser ästhetische Vorsprung ist kein Selbstläufer - er verlangt kluge Entscheidungen in der Stadtplanung.
Der Neubau der Carolabrücke ist dafür ein Prüfstein: Eine funktionale Lösung reicht nicht, wenn sie das Stadtbild gefährdet. Nur wer visuelle Kohärenz wahrt, bleibt in Erinnerung - besonders in einer Metropole, die auch vom Tourismus abhängt. Deshalb ist es kein Nebenthema, ob die Neubrücke beispielsweise mit Sandstein verkleidet wird. Es geht nicht um Nostalgie, sondern um wirtschaftliche Weitsicht.
Events wie die Finals sind Chance und Auftrag zugleich: Dresden kann viel, wenn es seinen Charakter wahrt. Die Stadt sollte künftig weiter daran arbeiten, historische Identität und zeitgemäße Nutzung zu kombinieren.