Dresden - Mit etwas Würfelglück hat eine 30-jährige Dresdnerin im Rathaus 20.000 Euro "geerbt".
Am Freitagabend wurde dort unter insgesamt 369 Teilnehmern ein Grunderbe ausgewürfelt. Alle Dresdner des Jahrgangs 1995 hatten im Vorfeld die Möglichkeit sich anzumelden.
Als die Würfel gefallen waren, schritt die Teilnehmerin mit der Nummer 115 sichtlich berührt nach vorn. Die Frau, die namentlich nicht genannt werden möchte, erbt nun 20.000 Euro von der Stiftung "Ein Erbe für Jeden".
Gegenüber TAG24 erklärte die glücklichere Gewinnerin, dass sie zunächst überlegt habe, ob sie überhaupt ins Rathaus kommen soll. Große Menschenmengen würden ihr eigentlich nicht liegen.
Ein Glück, dass sie es doch tat. Sie erhält nun den Geldbetrag, den sie zunächst jedoch über drei Jahre hinweg "werthaltig" anlegen muss, etwa in Aktien oder Immobilien. Worin genau sie investieren will, wisse die 30-Jährige noch nicht. Ihr sei es jedoch wichtig, dass die Anlage "sicher" ist.
Hinter der Aktion steckt jedoch weit mehr, als ein Glücksspiel. In Dresden könnte damit ein weiterer Anstoß für ein Konzept gegeben worden sein, das die ungerechte Vermögensverteilung im ganzen Land nachhaltig umwälzen könnte.
"Ein Erbe für Jeden": Das steckt hinter dem Grunderbe
Initiator der Grunderbe-Auslosung ist der Handwerkermeister Christoph Prüm (75), der mit seiner 2010 gegründeten Stiftung die Idee eines Grunderbes greifbar machen wolle. Dafür tourte er bereits durch neun deutsche Städte - Dresden sei jedoch der erste "richtige Ossi" gewesen.
In einem interessanten Vortrag vor der eigentlichen Auslosung arbeite Prüm zunächst auf, woher das Konzept eines Grunderbes stammt - über die Gründerväter der USA, die Entstehung des deutschen Erbrechts im Jahr 1900 bis hin zu der heutigen Ungerechtigkeit.
Prüms Grundgedanke: "Fünf Prozent der jährlichen Erbmasse von 400 Milliarden Euro würden ausreichen, damit jeder ein Grunderbe von 20.000 Euro bekommen könnte." Er erläuterte zudem, warum das heutige Erbrecht in dem Sinne eigentlich kein "Recht" sei, da ein Recht per Definition für alle gleich sein müsse.
Deshalb spricht sich der 75-Jährige dafür aus, dass die reichen Erben des Landes einen Teil ihrer Erbschaft abrücken und dem ärmeren Teil der Gesellschaft damit ein "Startkapital" für ihr Leben ermöglichen. Prüm betonte, dass er grundsätzlich nichts gegen reiche Menschen habe, jedoch seien 80 Prozent der großen Vermögen nicht durch Arbeit verdient, sondern durch Erbschaft aufgebaut worden.
Prüm zeigte sich sicher: "Das Grunderbe wird kommen!"
Ungerechte Verteilung zwischen Ost und West: "Die Vermögensmauer steht"
Wie relevant die Thematik in der aktuellen politischen Debatte ist, verdeutlichte vor Ort auch Julia Jirmann (35) vom "Netzwerk Steuergerechtigkeit". Sie selbst stammt aus dem Osten und erklärte mit Blick auf die Vermögensverteilung im Land: "Die Vermögensmauer steht noch."
Jirmann erklärte, dass das mittlere Einkommen (Median) im Westen dreimal so hoch sei, wie im Osten. Außerdem würden 98 Prozent des gesamten deutschen Erbvolumens im Westen vererbt.
In der Einführung eines Grunderbes sehe sie dabei ein Instrument, um das Vermögen von älteren auf jüngere Generationen gerechter umzuverteilen. Auch wenn ein Grunderbe keine "endgültige Lösung" sei, sei die Aktion von Prüm und seiner Stiftung eine gute Möglichkeit, um dem Thema mehr "Aufmerksamkeit" zu geben, erklärte sie gegenüber TAG24.
Die 35-Jährige zerlegte zudem die Behauptung, dass wohlhabende Bürger bei höherer Besteuerung ihres Vermögens das Land verlassen würden: "Wir sind gut gegen Steuerflucht geschützt."