Prinzenresidenz, Intourist-Hotel, FDJ-Zentrum, Wohnanlage: Bewegte Zeiten auf Schloss Wachwitz

Dresden - Das Dresdner Residenzschloss oder die Elbschlösser Albrechtsberg, Lingnerschloss und Schloss Eckberg kennt wohl jeder. Doch wusstet Ihr, dass in und um Dresden weit über hundert weitere Herrscherhäuser stehen, umrankt von zahllosen Geschichten und Legenden? TAG24 hat sich für eine neue Serie auf die Spur dieser weitgehend geheimnisvollen und fast vergessenen Seite von Dresden gemacht. Schlösser, Burgen, Rittergüter - lasst Euch überraschen.

Schloss Wachwitz wurde erst in den 1930er-Jahren erbaut.
Schloss Wachwitz wurde erst in den 1930er-Jahren erbaut.  © Jürgen-Michael Schulter

Schloss Wachwitz ist das letzte von den Wettinern erbaute Schloss.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde es 1936/37 als Wohnsitz für den Prinzen Friedrich Christian (1893-1968), zweitältester Sohn des letzten sächsischen Königs und der legendären Luise von Toscana, von Max Hans Kühne (Lossow & Kühne) errichtet.

Viele eigene Ideen des Bauherrn flossen in das Projekt ein.

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Das Palais im Wachwitzer Weinberg war in den acht Jahren, in denen es von den Wettinern bewohnt war, nicht nur Kulturtreff, sondern in der Hitlerdiktatur auch ein Ort des Widerstands.


Das Treppenhaus wurde saniert.
Das Treppenhaus wurde saniert.  © Carla Arnold
Das Türmchen erinnert an Schloss Hubertusburg, dem legendären Barock-Jagdschloss bei Wermsdorf.
Das Türmchen erinnert an Schloss Hubertusburg, dem legendären Barock-Jagdschloss bei Wermsdorf.  © Holm Helis

Schloss Wachwitz diente zu DDR-Zeiten als FDJ-Schulungszentrum

Heute befinden sich Wohnungen in dem Schloss.
Heute befinden sich Wohnungen in dem Schloss.  © Holm Helis

Gediegene Stille strahlt das Anwesen, hoch über Rhododendronpark, Weinberg und Elbe gelegen, aus. Sicher nicht unbeabsichtigt erinnert der Dachreiter an Schloss Hubertusburg. Heute sind Wohnungen in dem Gebäude untergebracht.

Wo einst die Schlosskapelle war, ist heute Wohnraum. Sogar das Deckengemälde mit Engeln und Dresden-Ansicht wurde wiederhergestellt. Darunter lag einst die hauseigene Gruft, in der kein Wettiner, aber eine im Januar 1945 verstorbene Hofdame beigesetzt worden war. Sie ließ die sowjetische Militärverwaltung bei ihrem Einzug nach dem Krieg 1945 sofort umbetten.

Zwei Jahre blieben die russischen Besatzer. Danach diente das Schloss kurze Zeit als "Intourist"-Hotel und zu DDR-Zeiten als FDJ-Schulungszentrum. Bevor 2012 die ersten Wohnungen bezogen wurden, hatte das Schloss seit Mitte der 1990er-Jahre leer gestanden.

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Zuletzt war die Tagungsstätte der Medizinischen Akademie "Carl Gustav Carus" seit 1990 hier untergebracht gewesen.

Der Rhododendronpark in Schlossnähe.
Der Rhododendronpark in Schlossnähe.  © Eric Münch
General Friedrich Olbricht (1888-1944) war oft Gast im Schloss.
General Friedrich Olbricht (1888-1944) war oft Gast im Schloss.  © Bundesarchiv

Kurfürst Friedrich Christian von Sachsen wollte schlossartige Villa

Das Schloss wurde für den Wettiner Königssohn Friedrich Christian (1893-1968) erbaut.
Das Schloss wurde für den Wettiner Königssohn Friedrich Christian (1893-1968) erbaut.  © Imago/United Archives

Das Schloss mit seinen neobarocken Anklängen war untypisch für das Bauen in der Nazizeit. Aber Friedrich Christian wünschte sich eine schlossartige Villa für seine Familie. Die finanziellen Mittel flossen aus der Fürsten-Abfindung, die das sächsische Wettinergeschlecht 1926 vom Freistaat Sachsen erhalten hatte.

Sein Sohn Albert Prinz von Sachsen (1934-2012) erinnerte sich in einer Gedenkschrift: "Besonders in der Ära des Nationalsozialismus entwickelte sich Wachwitz zu einem Zentrum der Erörterung von Problemen menschlicher und politischer Art."

Viele Armee-Kameraden Friedrich Christians aus dem Ersten Weltkrieg suchten bei dem Wettiner das Gespräch. Dazu zählten die Generäle Hans Paul Oster (1887-1945) und Friedrich Olbricht (1888-1944), die später den Widerstand gegen Hitler mit ihrem Leben bezahlten.

Friedrich Christian hatte stets vor Alleingängen im Widerstand gewarnt und setzte auf die Bildung einer größeren Widerstandsgruppe. Auch sein Sohn Maria Emanuel (1926-2012) wurde 1944 von den Nazis verhaftet, aber wieder laufen gelassen.

1945 floh die Familie vor den Russen. Ihr Schloss bekamen sie trotz Bemühungen nicht wieder. Der Freistaat verkaufte das Anwesen 2007 an ein privates Immobilien- und Investment-Unternehmen in Dresden.

Titelfoto: Jürgen-Michael Schulter

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