Volt als Hamburgs neuer Shootingstar? Wieso die Partei bei der Gen Z der eigentliche Gewinner ist

Hamburg - Kaum zu übersehen, kamen Hamburgerinnen und Hamburger in den vergangenen Wochen sicherlich nicht nur einmal an einem lilafarbenen Schild mit weißer, plakatierender Schrift vorbei. Die Pro-Europa-Partei Volt warb mit einfachen Sprüchen wie "Sei kein Arschloch" oder "Für mehr Eis" - das hat vor allem bei den jungen Menschen gezogen.

Volt gilt als klare pro-europäische Partei und konnte mit ihrem Wahlprogramm vor alle bei jungen Hamburgerinnen und Hamburgern punkten.
Volt gilt als klare pro-europäische Partei und konnte mit ihrem Wahlprogramm vor alle bei jungen Hamburgerinnen und Hamburgern punkten.  © Fabian Sommer/dpa

So sehr ganz Deutschland nach der Europawahl in Schwarz und Blau getränkt ist, so sehr hat eine "neue" Parteifarbe überrascht: Lila.

Die Kleinstpartei, die wie aus dem Nichts auf dem politischen Radar auftauchte, konnte bei der Europawahl 6 Prozent der Hamburger Stimmen holen und lässt sich deshalb auch in der Hansestadt als Shootingstar bezeichnen.

Und nicht nur das: Neben den Sitzen im EU-Parlament in Brüssel, erreichten sie in den Hamburger Bezirken Mitte, Altona, Eimsbüttel, Harburg und Nord überall über fünf Prozent, sodass die Lilanen ab sofort auch in den Bezirksversammlungen vertreten sein werden. Mit 6,1 Prozent erreichten sie im Bezirk Nord die meisten Stimmen der Wählerinnen und Wähler.

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Besonders bei der jungen Wählerschaft ist die Kleinpartei auf große Zustimmung gestoßen. Betrachtet auf ganz Deutschland erreichten sie bei der Europawahl 9 Prozent aller Stimmen der 16- bis 24-Jährigen - unmittelbar hinter den Grünen mit nur noch 11 Prozent.

Betrachtet man die 17 Prozent, womit die Gen-Z die AfD gleichauf mit der Union auf Platz eins der Stimmen für das Europaparlament bugsierte, stößt Volt die in Teilen als rechtsextrem eingestufte Partei mit diesem historischen Ergebnis vom Thron. Der Grund: Im Europaparlament sitzen Volt und Grüne zusammen in einer Fraktion, was bedeutet, dass die Stimmen beider addiert werden. Gemeinsam erreichen die Klimaschutz-Parteien also mehr und stürzen die AfD damit vom Thron.

Doch womit hat die proeuropäische Partei die Hamburgerinnen und Hamburger abgeholt und was grenzt sie beispielsweise trotzdem von den Grünen ab?

Generation Z wählt Volt

Mit der Kampagne "Sei kein Arschloch" sorgte Volt auch in Hamburg für Aufmerksamkeit.
Mit der Kampagne "Sei kein Arschloch" sorgte Volt auch in Hamburg für Aufmerksamkeit.  © Bodo Marks/dpa

Volt versteht sich als klare Europa-Partei. Seit der gleichzeitigen Gründung in Deutschland, Italien und Frankreich im Jahr 2018 ist die junge Partei inzwischen in insgesamt 31 Ländern aktiv.

Nach dem Brexit wurde sie aus dem Schock heraus geboren, wie Patrick Fischer, Schulleiter des Gymnasiums Süderelbe und Volt-Spitzenkandidat in Altona im Interview mit der MOPO erklärte. Volt stellt das "Gegengewicht zu Nationalismus und Populismus" dar.

Im Gegensatz zu Europafeinden wie der AfD zum Beispiel fordert Volt wieder mehr Zusammenhalt und Macht für Europa.

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In ihrem Programm vereinen die Lilanen einzelne Ziele der (noch) etablierten Parteien. Das Ziel fossile Brennstoffe bis 2035 verbieten zu wollen haben auch die Grünen bereits vorgestellt. Als Übergang befürworten sie aber auch wie FDP-Chef Christian Lindner (45) die Atomkraft. Hinsichtlich der Entkriminalisierung der Seenotrettung wollen sie das gleiche wie die Linken und auch mit der SPD trifft die Kleinpartei einen Nenner und will eine europäische Armee einführen. Wie die Piratenpartei, will man außerdem die Digitalisierung voranbringen, was neben dem Thema Klimaschutz vor allem im Interesse der jungen Wählerinnen und Wähler sein könnte.

In Hamburg zählt die junge Partei bislang gerade Mal etwa 200 Mitglieder. Und trotzdem haben diese wenigen Menschen es geschafft, durch unermüdlichen Wahlkampf auf der Straße und in sozialen Netzwerken mit klaren Worten zu überzeugen. "Wir haben viele junge Leute dort angesprochen und abholt, wo sie sich oft aufhalten" so Kira Junge (30), Co-Vorsitzende von Volt Hamburg gegenüber dem Hamburger Abendblatt.

Eine Erfolgsstrategie, von denen sich die altbekannten "großen" Parteien vielleicht mal eine Scheibe abschneiden sollten, wenn sie zukünftig auch bei der Generation Z mit ihrem Wahlprogramm punkten wollen.

Titelfoto: Bodo Marks/dpa

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