Thüringens CDU-Chef Voigt warnt nach Stichwahl in Sonneberg vor "Alle gegen die AfD"-Politik

Erfurt/Greiz/Hamburg - Die historische Stichwahl von Sonneberg - erstmals wurde ein AfD-Politiker in das Amt des Landrats gewählt - schlägt nach wie vor hohe Wellen. Thüringens CDU-Chef Mario Voigt (46) warnte in den Tagesthemen vor genau diesen Diskussionen. In dem Format der Öffentlich-Rechtlichen wurde Voigt auch mit einem umstrittenen Tweet der Jungen Union Sonneberg konfrontiert.

Thüringens CDU-Chef Mario Voigt (46) kritisiert die Politik gegen die AfD. Aus der Wahl in Sonneberg müsse man Lehren ziehen, meint er. (Archivbild)
Thüringens CDU-Chef Mario Voigt (46) kritisiert die Politik gegen die AfD. Aus der Wahl in Sonneberg müsse man Lehren ziehen, meint er. (Archivbild)  © Martin Schutt/dpa

"Die Bürger haben mit den Füßen abgestimmt", sagte Voigt im Gespräch mit Moderatorin Caren Miosga (54). Das, was man jetzt sehe, sei, "dass diese Politik alle gegen die AfD am Ende nur den Rechtspopulisten Auftrieb verleiht."

Die Wahl sei ein "Denkzettel" für die Politik in Berlin. Die Ampel-Parteien sollten sich fragen, was sie falsch gemacht haben.

Das hieße jedoch nicht, dass man nicht auch als CDU demütig sein müsse. Auch, wenn sie die einzige Kraft im demokratischen Spektrum gewesen sei, der es noch gelungen ist gegenzuhalten. "Das Wesentliche ist, dass wir die Alltagssorgen der Menschen ernst nehmen müssen", ergänzte Voigt.

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Inwiefern er selbst Verantwortung für dieses Wahlergebnis trägt, bei dem CDU-Kandidat Jürgen Köpper (57) dem AfD-Politiker Robert Sesselmann (50) knapp unterlag, wollte Miosga wissen.

Dabei griff die 54-Jährige ein Zitat Voigts auf. "Jetzt will er (Anm. d. Red.: Wirtschaftsminister Robert Habeck (53, Grüne)) die Energie-Stasi einsetzen, um wie in einem Schnüffel-Staat den Menschen in den Heizungskeller zu gucken", sagte Thüringens CDU-Chef im Mai gegenüber BILD. Ob man mit dieser Sprache der AfD nicht "direkt" in die Hände spiele, fragte die Moderatorin.

Voigt selbst wich der Frage zunächst aus. Miosga ließ jedoch nicht locker, hakte erneut nach. "Energie-Stasi und Schnüffel-Staat - das ist AfD-Sprache, Herr Voigt", meinte sie.

Voigt: "Für mich sind das anständige Leute"

CDU-Politiker Jürgen Köpper (57, im Bild) zog gegen Robert Sesselmann (50, AfD) den Kürzeren. Köpper kam auf 47,2 Prozent, Sesselmann auf 52,8 Prozent.
CDU-Politiker Jürgen Köpper (57, im Bild) zog gegen Robert Sesselmann (50, AfD) den Kürzeren. Köpper kam auf 47,2 Prozent, Sesselmann auf 52,8 Prozent.  © Martin Schutt/dpa

Der 46-Jährige stellte sich und sagte: "Frau Miosga, Sie können gerne Stilnoten verteilen, aber das Entscheidende ist, dass die Menschen im Land tatsächlich etwas spüren [...]." So würden die Bürger, wenn man mit ihnen rede "ganz klar" sagen: "Hier läuft was schief."

Es gebe eine Politik, welche den Menschen vor den Kopf stoße, so Voigt und schob nach: "Da kann man auch manchmal zuspitzen."

Voigt zufolge fühlen sich die Leute abgehangen, sie hätten das Gefühl, dass man ihnen nicht zuhört, dass über Kleinthemen, aber nicht die großen Fragen und Sorgen diskutiert werden.

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Zudem kritisierte der CDU-Politiker die Darstellung von Sonneberg und dessen Bevölkerung. So seien in den vergangenen Tagen "ziemlich einfache" Urteile gefällt worden. Er lasse es nicht zu, dass "bewusst" mit dem Finger auf Menschen gezeigt werde. "Für mich sind das anständige Leute - in ganz Thüringen."

Sie würden fleißig arbeiten, hätten aber "vielleicht, auch 'n bisschen" eine andere Sicht auf das, "was da gerade in Berlin stattfindet". Das zu artikulieren, sei wichtig, ansonsten würden die Leute zu den "Extremen" gehen.

Landrätin Schweinsburg: "Es gibt in jeder Partei Idioten"

Martina Schweinsburg (64, CDU) Landrätin des Landkreises Greiz, stellt sich gegen das voreingenommene AfD-Bashing. (Archivbild)
Martina Schweinsburg (64, CDU) Landrätin des Landkreises Greiz, stellt sich gegen das voreingenommene AfD-Bashing. (Archivbild)  © Bodo Schackow/dpa

Zum Rechtfertigen zwang Moderatorin Caren Miosga Thüringens CDU-Chef auch in Sachen Junge Union Sonneberg. Die hatte laut übereinstimmenden Medienberichten nach der Wahl getwittert: "Jetzt gilt es, Ideologie und Wahlkampfrhetorik beiseite zu legen und in sachorientierte Politik [...] einzusteigen."

Inzwischen ist der Tweet, in dem man AfD-Politiker Sesselmann auch zur Wahl gratuliert hatte, auf der Seite der Jusos nicht mehr zu finden.

"Nach Brandmauer vor Rechts-Außen klingt das nicht gerade, sondern eher wie der Umgang mit einer ganz normalen Partei. Finden Sie nicht?", fragte die Moderatorin.

Voigt erklärte, dass es "vielleicht eher" eine Gratulation "aus Anstand" gewesen sei. Zuvor habe man "intensiv" mobilisiert, "viele" CDU-Politiker sowie die Junge Union hätten "gekämpft". Seiner Ansicht nach sei man "ganz klar" positioniert, man stehe für das "demokratische" Spektrum.

Abschließend sagte Voigt, er habe zwei Wochen "nur" Diskussionen um die AfD gehört, und das führe "natürlich" dazu, dass die Menschen dann auch manchmal Protest zeigen.

Auch Martina Schweinsburg (64, CDU), Landrätin von Greiz, kam in den Tagesthemen am Montag vor. Sie scheint offenbar keine Berührungsängste mit der AfD zu haben. "Es gibt in jeder Partei, auch in meiner, vernünftige Leute und Idioten." Mit vernünftigen Leuten sei sie "jederzeit" bereit zusammenzuarbeiten, egal welcher Partei sie angehören. "Wir haben vernünftige Linke, wir haben vernünftige AfDler", sagte sie.

Titelfoto: Martin Schutt/dpa

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