Neun Nachbarn spalten den Kiez: Wie fair ist das Verbot der Pelican-Terrasse wirklich?
Hamburg - Eine Bar gegen neun Nachbarn: Der Streit um die Terrasse der beliebten Pelican Bar in Hamburg-St.-Pauli scheint längst zur politischen Debatte geworden zu sein. Das Argument war Lärm, die Konsequenz ist Stille. Doch ist das Verbot der Außengastro wirklich fair?
Alles in Kürze
- Pelican Bar in Hamburg-St.-Pauli darf keine Außenterrasse betreiben
- Neun Nachbarn beschweren sich über Lärm
- Petition für Erhalt der Terrasse mit 2400 Stimmen
- Mehrheit der Anwohner fühlt sich nicht gestört
- Gastronomen sehen Ungerechtigkeit in der Regelung

Wegen des vom Cityausschuss Mitte in Kraft getretenen Beschlusses, der besagt, "dass Betriebe mit besonders hoher und anhaltender Beschwerdelage in der Saison 2025 keine Sondernutzungserlaubnis für Außengastronomie auf öffentlichem Grund erhalten sollen", darf Geschäftsführer Benjamin "Benni" Trinh-Bomme den Außenbereich seiner Pelican Bar nicht bestuhlen.
Um seine Terrasse und letztlich die Existenz von 24 Mitarbeitenden zu retten, hat das Team rund um den 31-Jährigen eine Petition gestartet. Und die "gesunde Konkurrenz", wie der Pelican-Geschäftsführer andere Gastronomen rund um den kleinen Platz am Brunnenhof beschreibt? Die unterstützen das Vorhaben, freut sich Thrin-Bomme.
Auch die mutmaßliche Mehrheit der Nachbarschaft kann das Verbot nicht nachvollziehen. Trotzdem bleibt die Terrasse, wegen mehrfacher Beschwerden von insgesamt neun Haushalten, geschlossen.
Diese wurden allerdings lediglich durch einen Bericht des Nachtbeauftragten Sascha Bartz dokumentiert.
Neun Stimmen gegen Tausende: Wie fair kann das sein?

Auf Nachfrage, inwiefern eine Gegendarstellung der Anwohner durch den Nachtbeauftragten eingeholt wird, die sich an der Lebendigkeit des Kiezes erfreuen, antwortete Bartz:
"Ergänzend dazu haben wir eine direkte Abfrage an umliegende Haushalte gestartet, um auch Stimmen einzuholen, die sich nicht gestört fühlen. Dabei hat sich lediglich eine Person gemeldet, die ausdrücklich keine Beeinträchtigung wahrnimmt."
TAG24 weiß aus sicherer Quelle, dass nicht alle Anwohner wegen des Sachverhalts abgefragt wurden. Außerdem hat sich TAG24 unter einigen Hausbewohnern umgehört und dabei herausgefunden, dass die Mehrheit von ihnen sich durch die Terrasse des Pelican gar nicht gestört fühlt.
Thrin-Bomme hat inzwischen die Nase voll und das Gefühl: Interesse, einen gemeinsamen Nenner zu finden, gibt es nicht. "Mit der Petition wollen wir Druck auf die Politik ausüben", sagt er. Sie richte sich an Bezirksamtsleiter Ralf Neubauer (SPD) – mit dem Ziel, per Einzelfallprüfung zu klären, ob es überhaupt ein Problem gibt.
Bislang konnte das Pelican-Team knapp 2400 Stimmen sammeln. Es stellt sich also die Frage: Inwiefern rechtfertigen neun Stimmen eine sofortige Schließung, während sich mehrere Tausende für einen Erhalt der Sommerterrasse starkmachen?
Ist die Terrasse der Pelican Bar wirklich allein am Lärmpegel schuld?

Und außerdem: Wer abends einen Blick auf den kleinen Platz am Brunnenhof wirft, muss sich zumindest die Frage stellen: Kann die Pelican Bar alleine wirklich der Grund für den genannten Lärmpegel sein?
Wie überall auf dem Kiez sind auch an dieser belebten Ecke neben Bars diverse Kiosks zu Hause.
Aufgrund ihrer Eintragung als Einzelhandel müssen diese aber weder Sondergenehmigungen noch Vorlagen vorweisen. Tummeln sich also Trinkfreudige bis spät in die Nacht vor den kleinen Supermärkten, kann nichts dagegen unternommen werden. Gastrobetriebe hingegen müssen als Konsequenz - wie im Falle des Pelican - ihren Außenbereich schließen.
Ein Problem, das auch "Kiez-Kümmerin" Julia Staron (54) in den letzten Jahren beobachtet. Wegen der Gewerbefreiheit sei es enorm schwierig, gegen dortige Lärmbelästigung oder ähnliches vorzugehen. Am Ende seien es dann die Gastronomen, die zugrunde gehen, während "ein Vollbesäufnis im öffentlichen Raum" weiterhin erlaubt ist.
Inwiefern also teils anonyme, nicht durch die Polizei bestätigte Beschwerden eine sofortige Unterlassung von Sommerterrassen rechtfertigen, bleibt zumindest derzeit infrage zu stellen. Auch inwieweit der Nachtbeauftragte wirklich in Dialog mit der gesamten Nachbarschaft geht. Offenkundig wurde in dieser Hinsicht kein Kontakt zu den Befürwortern der Terrasse gesucht und wenn, deren Stimmen anders gewichtet.
Titelfoto: Bildmontage: Alice Nägle/TAG24