"Ruhe bringt ein absolutes Minimum an Gewalt": Neue Tagesaufenthaltsstätte für Obdachlose eröffnet
Hamburg – Auf gut 1000 Quadratmetern eines ehemaligen Fitnessstudios haben Obdachlose in Hamburg ab dem morgigen Freitag auch tagsüber die Chance, zur Ruhe zu kommen, zu schlafen und eine warme Mahlzeit zu bekommen. Die neue Tagesaufenthaltsstätte in der Spaldingstraße 77a ist Teil des Winternotprogramms. Das städtische Sozialunternehmen "Fördern & Wohnen" (F&W) hat die Räume im Auftrag der Stadt hergerichtet und am Donnerstag vorgestellt.
"Unser Ansatz ist hier, dass sich unsere Gäste wohlfühlen und ankommen sollen. Sie sollen hier nicht tot-beraten werden, sondern im Fokus steht ein guter Aufenthalt", sagte Bereichsleiterin Ina Ratzlaff von "F&W".
Die Räume bieten zwei große Gemeinschaftsräume mit vielen Sitzmöglichkeiten, Sanitätsräume für Männer und Frauen, einen Ruheraum für Männer und einen Schutzraum für Frauen und Diverse. Bei Bedarf liegen auch Matratzen aus, für diejenigen, die tagsüber schlafen wollen.
"Platz bringt Ruhe und Ruhe bringt ein absolutes Minimum an Gewalt", erklärte Ratzlaff über das ausgedehnte Raumkonzept. Für die Sicherheit aller Beteiligten sorgt ein Sicherheitsdienst vor Ort und eine Schleuse vorm Betreten des Hauses.
"Wir brauchen Fläche. Wenn wir jetzt zum Beispiel eine ehemalige Bürofläche haben, dann ist das zu verschachtelt. Wir müssen den Überblick behalten, damit keine Nischenbildung entsteht und wir für alle, die das Angebot nutzen, einen sicheren Raum anbieten können", so Ratzlaff gegenüber TAG24.
Gegenstände, mit denen Gewalt ausgeübt werden kann, und Alkohol sind beispielsweise verboten.
Bezirksamts-Leiter Ralf Neubauer: "Der Bedarf besteht weiterhin"
"Wir hatten bereits während der Corona-Pandemie eine Tagesaufenthaltsstätte in der Markthalle mit einer Kapazität von bis zu 200 Personen. Die war durchaus auch sehr stark frequentiert und genutzt, und wir haben, nachdem wir sie nicht weiter nutzen konnten, schon gemerkt, dass es den Bedarf weiter gibt", sagte der Leiter des Bezirksamts Mitte, Ralf Neubauer (SPD, 41), vor Ort gegenüber TAG24.
Es sei relativ schwierig gewesen, im städtischen Bereich eine Immobilie zu finden. Der zentrale Standort nahe des Hamburger Hauptbahnhofes ist laut Ratzlaff aber unabdingbar: "Weil hier auch einfach die meisten Übernachtungsstätten liegen und natürlich auch viele Beratungsangebote. Und die Anbindung mit Bus und Bahn sehr gut ist", erklärte die Bereichsleiterin.
"Die Überlegung dahinter ist, dass die Menschen, die sich im Moment viel im öffentlichen Raum aufhalten, einen Anlaufpunkt haben. Es gibt natürlich schon Tagesaufenthaltsstätte, aber nicht in dieser Kapazität. Insoweit glauben wir, dass es einmal gut für die Betroffenen ist und auch zur Beruhigung der Situation am Hauptbahnhof führt", ergänzte Neubauer, der noch einmal betonte, dass sich die Stadt um weitere Angebote auch abseits des Winternotprogramms bemühe.
Über das neue Angebot informiert werden die Obdachlosen über die Beratungs- und Übernachtungsstellen, via Flyer und auf der Website der Straßenhilfe e. V.
Die Tagesaufenthaltsstätte wird bis zum Ende des Winternotprogramms am 31. März täglich von 9.30 bis 16.30 Uhr geöffnet sein, auch am Wochenende. Ab 12 Uhr werden tagtäglich warme Mahlzeiten ausgegeben.
Titelfoto: Madita Eggers/TAG24